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EZB will keine Zinspause Lagarde sieht hohe Tarifabschlüsse als Risiko

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"Es wird keine Pause geben": EZB-Präsidentin Lagarde begründet den jüngsten Zinsschritt mit der hartnäckigen Inflation im Euroraum.

"Es wird keine Pause geben": EZB-Präsidentin Lagarde begründet den jüngsten Zinsschritt mit der hartnäckigen Inflation im Euroraum.

(Foto: picture alliance / Flashpic)

Bei ihrem siebten Zinsschritt in Folge erhöht die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. EZB-Chefin Lagarde betont, im Kampf gegen die Inflation werde man vorerst "keine Pause" einlegen. Aktuell hohe Tarifabschlüsse seien ein Risiko für eine Lohn-Preis-Spirale.

Der jüngste Zinsbeschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) beruht laut Präsidentin Christine Lagarde auf einer großen Übereinstimmung der Währungshüter. Es sei letztlich ein "Balanceakt" gelungen, der auf "fast einmütiger Zustimmung" basiere, sagte die Französin nach dem Zinsentscheid. Alle hätten darin übereingestimmt, dass eine Anhebung nötig sei und eine Pause nicht infrage komme. Niemand sei daher für unveränderte Zinsen gewesen. Einige hätten jedoch einen stärkeren Schritt in Höhe von einem halben Prozentpunkt für angebracht gehalten, räumte Lagarde ein.

Letztlich habe es eine sehr starke Übereinstimmung auf der Sitzung für einen kleineren Zinsschritt von einem Viertel Prozentpunkt gegeben: "Wir haben noch mehr Boden gut zu machen", fügte Lagarde mit Blick auf den Kampf gegen die ausufernde Inflation hinzu. Nach Monaten mit nachlassendem Preisauftrieb verstärkte sich die Inflation im Euro-Raum im April wieder leicht. Die Verbraucherpreise legten binnen Jahresfrist um 7,0 Prozent zu. Damit liegt die Teuerung immer noch mehr als dreimal so hoch wie die Zielmarke von zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank (EZB) als Optimalwert anstrebt. Noch im März war die Inflation auf 6,9 Prozent gesunken, nach 8,5 Prozent im Februar. Die Kernrate, in der die schwankungsanfälligen Energie- und Lebensmittelpreise sowie Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, ging im April nur leicht zurück auf 5,6 Prozent nach 5,7 Prozent im März.

Die hartnäckig hohe Kernrate treibt viele Währungshüter um. Denn dies könnte signalisieren, dass der Preisschub im Euroraum womöglich langsamer abnimmt als bislang gedacht. Die EZB signalisierte nun, dass sie noch mehr tun muss, um die Inflation zu dämpfen. "Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die Leitzinsen auf ein ausreichend restriktives Niveau gebracht werden, um eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2-Prozent-Ziel zu erreichen", heißt es in der Erklärung der EZB. Dieses Niveau werde so lange aufrechterhalten, wie erforderlich.

"Lohnabschlüsse tragen zum Preisauftrieb bei"

Lagarde nannte die aktuellen Lohnabschlüsse im Euroraum als Begründung für die hartnäckig hohe Inflation. "Die jüngsten Tarifabschlüsse haben die Inflationsrisiken erhöht", erläuterte Lagarde in Frankfurt. Dies gelte besonders dann, wenn auch die Gewinnspannen der Unternehmen hoch blieben. Die kräftigeren Lohnabschlüsse dürften in diesem Jahr stärker zum Preisauftrieb beitragen, fügte die Währungshüterin hinzu.

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In Deutschland, der größten Volkswirtschaft im Euroraum, hatten sich die Tarifparteien für die etwa 2,5 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes unlängst auf einen Abschluss geeinigt. Laut dem Bundesvorsitzenden des Beamtenbundes DBB, Ulrich Silberbach, liegen allein die Tabellenerhöhungen prozentual je nach Entgeltgruppen zwischen acht und 16 Prozent. Aus Sicht mancher Volkswirte ist damit die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale größer geworden, auch wenn ein großer Teil des Abschlusses aus gestaffelten Einmalzahlungen besteht.

Falls sich Preise und Löhne immer weiter gegenseitig hochschaukeln sollten, würde es für die EZB noch schwerer werden, die hohe Inflation im Euro-Raum zurückzudrängen. "Der Lohndruck hat zuletzt trotz der schwächeren Konjunktur weiter zugenommen", sagte der Chefvolkswirt der DZ Bank, Michael Holstein. "Tarifparteien, Unternehmen und Konsumenten müssen sich auf eine Rückkehr zur Preisstabilität verlassen können, sonst werden weitere Preissteigerungen in den Wirtschaftsplänen für die Zukunft zementiert werden und sich verfestigen", sagte der Chefökonom des Finanzdienstleisters HQ Trust, Michael Heise.

Quelle: ntv.de, mau/rts

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