Exporteinnahmen sind gesunken Ökonom: "Russland geht schon das Geld aus"
02.04.2024, 16:09 Uhr Artikel anhören
Der liquide Teil des russischen Nationalen Wohlfahrtsfonds beträgt nach Angaben des Ökonomen Igor Lipsiz noch knapp fünf Billionen Rubel.
(Foto: picture alliance / pressefoto_korb)
Russlands Wirtschaft leidet unter den Sanktionen - wenn auch nicht so stark, wie vom Westen erhofft. Ukrainische Angriffe auf Ölraffinerien setzen ihr zusätzlich zu. Wie Kremlchef Putin ab kommendem Jahr den Ukraine-Krieg finanzieren wolle, sei unklar, sagt der russische Ökonom Igor Lipsiz.
Russland könnte bald Schwierigkeiten haben, seinen Krieg weiter zu finanzieren. Der liquide Teil des Nationalen Wohlfahrtsfonds betrage jetzt noch knapp fünf Billionen Rubel, sagte der russische Wirtschaftsprofessor Igor Lipsiz, der zu den Gründern der Moskauer Higher School of Economics gehörte, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das sei etwas mehr als das Haushaltsdefizit, das in diesem Jahr drei Billionen Rubel umfassen soll.
Nach Auffassung des Ökonomen gelingt es Russland nicht, den Fonds aufzufüllen, da die Exporteinnahmen unter anderem wegen der Sanktionen und ukrainischen Drohnenangriffe auf Ölraffinerien sinken. Die Ukraine hatte Russlands Energieinfrastruktur in den vergangenen Wochen verstärkt angegriffen, um die russische Kriegslogistik zu schwächen.
Nach Einschätzung des Leiters der Gunvor Group, einem Handelsunternehmen für Rohstoffe, Torbjorn Tornquist, gegenüber dem Nachrichtenportal Bloomberg kosteten diese Drohnenangriffe die russische Wirtschaft in den vergangenen Wochen rund 600.000 Barrel raffiniertes Öl täglich. Die US-Denkfabrik Institute for the Study of War schrieb kürzlich unter Berufung auf Insider, dass Russland aufgrund der Attacken sogar zunehmend auf Benzinimporte aus Belarus angewiesen sei.
"Die Leute hungern dann eben"
"Tatsächlich geht dem Land schon das Geld aus", so Lipsiz. "Mir und auch anderen Ökonomen scheint, dass Russland in diesem Jahr den Krieg noch finanzieren kann. Aber danach ist unklar, wo das Geld herkommen soll." Lipsiz erwartet auch bei einer wirtschaftlichen Verschlechterung in Russland keine Massenproteste. Auch wenn Nahrungsmittel wie in der Sowjetunion wieder nur mit Marken gekauft werden könnten, werde das Volk es aushalten. "Die Leute hungern dann eben, Rentner nehmen nur noch billige Medikamente und sterben einfach."
Auf der Suche nach Einnahmequellen gerät auch die russische Elite ins Visier von Kremlchef Wladimir Putin. So sind seit Beginn des Ukraine-Krieges zunehmend Unternehmen enteignet worden. In seiner Rede zur Lage der Nation ruft Putin die Teilnehmer der militärischen Spezialoperation, wie der Krieg in Russland lange Zeit nur genannt wurde, zur neuen Elite aus, die künftig an der Spitze der Konzerne stehen sollen. Diese Aussage sei aber nur eine "Nebelkerze", sagt Lipsiz. In Wirklichkeit gehe das Vermögen der enteigneten Unternehmen an die Leute, die Putins Macht sichern. Der Ökonom rechnet auch mit keinerlei Widerstand der betroffenen Oligarchen. "Sie werden weinen, aber alles abgeben, und noch glücklich sein, wenn sie nicht ins Gefängnis kommen", meint er.
Quelle: ntv.de, lar