Wirtschaft

Superreiche wollen an ihr Geld Russische Oligarchen klagen gegen Sanktionen

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Der russische Bankier Petr Aven (l.) und Oligarch Roman Abramowitsch wehren sich juristisch gegen die Sanktionen in Großbritannien.

Der russische Bankier Petr Aven (l.) und Oligarch Roman Abramowitsch wehren sich juristisch gegen die Sanktionen in Großbritannien.

(Foto: picture alliance / Sergei Savostyanov/TASS/dpa)

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine friert der Westen das Vermögen von mehreren Oligarchen ein. Während einige von ihnen die Sanktionen heimlich umgehen, nutzen andere ihren Reichtum, um juristisch gegen die Sanktionen vorzugehen.

Oligarchen mit mutmaßlichen Verbindungen zum Kreml mussten nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine mit ansehen, wie der Westen ihre Konten einfror und Eigentum in Beschlag nahm. Großbritannien allein ließ Vermögenswerte in Höhe von umgerechnet knapp 21 Milliarden Euro einziehen, in der EU froren Behörden 17 Milliarden Euro ein.

Gegen diese Sanktionen wehren sich die Oligarchen - oder sie umgehen sie. Die meisten versuchen, unter dem Radar der Behörden zu bleiben, nicht aufzufallen. Andere beschreiten den teuren Rechtsweg gegen westliche Regierungen, wiederum andere suchen in Ländern ohne Sanktionen Unterschlupf.

Der russische Bankier Petr Aven etwa bat die britische Regierung jüngst, einen Teil seines Vermögens freizugeben. Seine Familie brauche zum Bestreiten ihres Alltags umgerechnet rund 68.000 Euro - monatlich. Er selbst unterhalte "keine finanziellen oder politischen Beziehungen" zum Kreml. Aven, der mit seinen Oligarchen-Kollegen Michail Fridman und German Khan einst das Private-Equity Unternehmen Letterone gründete, lebt mittlerweile in Lettland.

Er und viele weitere sanktionierte Geschäftsleute nutzen ihren Reichtum jetzt, um sich juristisch gegen die Sanktionen in Großbritannien und der EU zu wehren. Unter den Klagenden finden sich neben Aven und Fridman auch Roman Abramowitsch oder Alischer Usmanov.

Dubai ist das neue "Klein-Moskau"

Vor Gericht zieht auch Aluminium-Milliardär Oleg Deripaska, allerdings gegen die US-Regierung in Washington. Sein Vermögen hat sich laut dem Magazin "Forbes" im ersten Jahr des Krieges halbiert, beläuft sich demnach jetzt auf umgerechnet 1,6 Milliarden Euro. Eng wurde es für ihn aber auch in seiner Heimat Russland: Dort haben die Behörden Berichten zufolge ein Hotel gestürmt, das ihm gehört. Er hatte den Krieg in der Ukraine demnach als solchen bezeichnet - was in Russland unter Strafe steht.

Auch der bekannte Oligarch Roman Abramowitsch musste im vergangenen Jahr Federn lassen, obwohl er zunächst Friedensgespräche zwischen Kiew und Moskau arrangieren wollte und seine guten Beziehungen zum Westen anpries: Sein Vermögen halbierte sich laut "Forbes" ebenfalls, auf nun rund 6,6 Milliarden Euro. Dem Milliardär hatte zudem fast 20 Jahre lang der Londoner Fußballklub FC Chelsea gehört, der von einer Investorengruppe des US-Geschäftsmanns Todd Boehly übernommen wurde.

Abramowitsch wurde zuletzt mehrmals in Israel gesehen, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt. Die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei sind ebenfalls jüngere Reiseziele des Superreichen. Beide Staaten sanktionieren die russische Wirtschaftselite nicht - und entwickeln so Anziehungskraft: Ein Bezirk in Dubai wird mittlerweile "Klein-Moskau" genannt.

Doch trotz der Schwierigkeiten verfügen die Oligarchen nach wie vor über große Geldsummen. "Es ist schwer zu sagen, wie stark das Vermögen der Oligarchen gelitten hat, weil wir nicht wissen, wie viel sie je besessen haben", sagt Jodi Vittori. Er ist Professor für staatliche Korruption und illegale Finanzierung an der Georgetown Universität in den USA.

Oligarchen stellen immer noch Bedrohung für Ukraine dar

Die Beschlagnahmung von Oligarchen-Eigentum ist außerdem keine einfache Aufgabe für Behörden: Konstrukte über Steueroasen, anonyme Fonds, Briefkastenfirmen oder Verwandte verschleiern die wahren Besitzverhältnisse von Vermögenswerten allzu oft. Einem Bericht der Antikorruptionsorganisation Transparency International UK zufolge ist bei 52.000 Immobilien in London nicht bekannt, welchen Investoren sie genau gehören. Es gebe nach wie vor "zu viele Wege" für Oligarchen, Sanktionen "zu umgehen", lautet das Fazit des Politik-Chefs der Organisation, Duncan Hames. "Wir vermuten, dass sie gerade die Füße stillhalten und auf bessere Tage warten."

Zwar haben die Oligarchen laut Vittori keinen direkten Einfluss auf Entscheidungen im Kreml. Trotzdem spielen sie für Moskau eine Rolle, weil sie wichtige Hilfe leisten. Dazu gehört zum Beispiel das Bereitstellen von Söldnern, wie es etwa der Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin mit seiner berüchtigten Wagner-Gruppe tut. "Die Bedeutung von Oligarchen ergibt sich nicht einfach nur aus Einfluss, sondern ihrer Möglichkeit, bestimmte Dinge für das Regime zu tun: Also Söldner bereitzustellen, wichtige Rohstoffe für die Kriegswirtschaft zu beschaffen oder Geld für das Regime oder Putin selbst zu waschen", sagt Vittori. "Sanktionen sind also weiterhin wichtig."

Quelle: ntv.de, vmi/AFP

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