Was können wir uns noch leisten? Schichtarbeiter (42): Urlaub fällt die nächsten Jahre flach
11.06.2023, 10:05 Uhr
Urlaub hat sich die Familie schon in den vergangenen Jahren selten geleistet.
(Foto: picture alliance / Stefanie Oberhauser / EXPA / picturedesk.com)
Vor allem Energie und Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. Die Inflation lag im vergangenen Jahr im Schnitt bei 6,9 Prozent. Bei ntv.de verraten regelmäßig Menschen aus allen Gehaltsklassen, was das für ihren Alltag bedeutet - was sie verdienen, wofür sie wie viel Geld ausgeben und was am Monatsende übrig bleibt. Heute:
Name: Christoph
Alter: 42 Jahre
Wohnort: ländliches Rheinland-Pfalz
Ausbildung: Kfz-Mechaniker
Aktuelle Tätigkeit: Produktionsmitarbeiter im Leichtbau, u.a. für Luft- und Raumfahrt, im Schichtdienst in Luxemburg
Arbeitszeit pro Woche: 40 Stunden
Monatliches Bruttogehalt: rund 3200 Euro
Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld: insgesamt ca. 400 netto pro Jahr
Familienstand: Verheiratet, insgesamt vier Kinder - im Haushalt leben meine Frau und unser jüngster, 14-jähriger Sohn; meine Tochter aus einer früheren Beziehung lebt bei ihrer Mutter, die beiden älteren Kinder meiner Frau sind inzwischen außer Haus.
Haushalts-Nettoeinkommen pro Monat: 4800 Euro inklusive des Lohns meiner Frau, die als Filialleiterin eines Spielzeugladens arbeitet, und Kindergeld für unseren jüngsten Sohn - in Luxemburg fallen deutlich weniger Steuern an als in Deutschland, vom Bruttolohn bleibt mir netto deutlich mehr.
Monatliche Kosten für unser Haus, das wir 2016 gekauft haben: 1250 Euro für Kredit und Zinsen plus 110 Euro für Wasser, Müll, Grundsteuer und Schornsteinfeger - 200 Quadratmeter Altbau, anfangs haben wir zu fünft hier gewohnt.
Monatliche Heizkosten: Zuletzt umgerechnet 130 Euro für die Öl-Zentralheizung plus 75 Euro für zwei Holzkamine, mit denen wir Öl sparen - pro Saison verbrauchen wir ca. 1300 Liter Öl und sechs Raummeter Brennholz.
Wie stark diese im Lauf der Energiekrise gestiegen sind: Insgesamt haben sich unsere Heizkosten mehr als verdoppelt - der Ölpreis ist von knapp 42 Cent im August 2020 auf 1,10 Euro pro Liter bei unserem vergangenen Einkauf gestiegen, der Holzpreis von 80 auf heute 150 Euro je Raummeter.
Monatliche Stromkosten: Etwa 170 Euro, da wir Warmwasser über einen Durchlauferhitzer generieren - durch ein Balkonkraftwerk, das wir vor einem Jahr gekauft haben, konnten wir unseren Verbrauch um etwa 600 Kilowattstunden im Jahr senken und sparen dadurch aktuell etwa 200 Euro im Jahr.
Wie stark unsere Stromkosten im Lauf der Energiekrise gestiegen sind: Von 24 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2020 auf heute 31 Cent - bei unserem früheren Verbrauch mit fünf Personen wären die Kosten dadurch um etwa 33 Euro im Monat gestiegen. Da während der Energiekrise zwei Kinder ausgezogen sind, fällt die Erhöhung aber nicht ins Gewicht.
Weitere Fixkosten pro Monat:
- 320 Euro Ratenzahlung für ein Auto plus insgesamt 100 Euro Nutzungskosten für unsere beiden Autos (TÜV, Inspektion, Verschleißteile) - wir sind auf zwei Autos angewiesen, weil ich pendle und meine Frau das Auto beruflich braucht
- Tanken 450 Euro
- Internet, Festnetz und Handys für uns drei etwa 130 Euro (inkl. Handys plus Handyversicherung)
- Rundfunkgebühr 18 Euro
- Streaming 15 Euro
- Versicherungen insgesamt 175 Euro für KFZ, Gebäude, Hausrat und Glas sowie Rechtsschutz
- Tierhaltungskosten für drei Katzen 60 Euro
- 50 Euro Ratenzahlung für Ausgaben nach dem Einzug
- 20 Euro Solarium für meine Frau
Zusätzliche Ausgaben für Kinder: 350 Euro Unterhalt für meine Tochter, 50 Euro Taschengeld für unseren 14-Jährigen plus 49 Euro für sein Deutschlandticket, damit er selbst in die Stadt und zu Freunden fahren kann, 30 Euro Sportverein
Unterm Strich frei verfügbares Haushaltseinkommen für Lebensmittel, Hygiene, Freizeit, Kleidung, Urlaub etc.: ca. 1250 Euro
Wie viel mehr wir heute für Lebensmittel ausgeben als vor einem Jahr: 150 Euro mehr für uns drei, insgesamt rund 550 Euro
Wofür wir am meisten Geld ausgeben: Tanken, Kleidung und Freizeitaktivitäten für unseren Sohn wie Kino, Schwimmbad, Ausflüge, aber auch Hygieneartikel
Besondere Ausgaben: Da wir in einem Altbau leben und keine großen Beträge für Renovierungen auf einmal zur Hand haben, renovieren wir eigentlich ständig Raum für Raum, wie es das Geld gerade zulässt - für umgerechnet etwa 100 Euro pro Monat, als Handwerker mache ich fast alles selbst.
Wie viel wir für Urlaub ausgeben: Nur selten leisten wir uns Urlaub, in den vergangenen sechs Jahren einmal - lieber stecken wir unser Geld in die Hausrenovierung. Im vergangenen Jahr waren wir auf Djerba, für 4000 Euro für zwei Erwachsene und zwei Kinder. Durch die Inflation ist in den nächsten Jahren sicherlich wieder kein Urlaub möglich, inzwischen ist Reisen ja noch teurer.
Die Angaben dieser wichtigsten Einnahmen und Ausgaben beruhen auf Selbstauskünften, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
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An welchen Stellen wir aufgrund der hohen Inflation bereits sparen: Beim Strom: Wir schalten Elektrogeräte wie die Waschmaschine erst dann an, wenn das Balkonkraftwerk voll läuft und wir eine Überproduktion haben, denn wir haben keinen Speicher. Bei Lebensmitteln achten wir schon länger auf Angebote und Aktionen. Im vergangenen Winter haben wir außerdem alle Räume etwas weniger geheizt, um kein Öl nachkaufen zu müssen - da waren Pullover angesagt. Darüber hinaus versuchen wir, nicht unnötig mit dem Auto zu fahren und verbinden Fahrten miteinander, so gut es geht - für den Arbeitsweg nutze ich eine Fahrgemeinschaft.
Wie viel am Monatsende übrig bleibt: Im Schnitt etwa 200 Euro, die wir für Haus, Reparaturen und Urlaub zurücklegen.
Wünsche an die Politik: Am meisten Sorge macht uns momentan eigentlich das Heizungsgesetz, da unsere Öl-Heizung von 1991 ist, sie also nicht mehr ewig funktionieren wird. Fachkräfte haben uns abgeraten, unseren Altbau von außen zu dämmen, weil das unwirtschaftlich wäre. Für eine große Fotovoltaik-Anlage, die einen Teil der Stromkosten einer Wärmepumpe tragen könnte, müsste das Dach neu gedeckt werden, wofür wir nicht genug Geld zur Hand haben. Und selbst wenn wir es hätten, wäre es weder technisch noch finanziell möglich, für eine Fußbodenheizung alle Böden rauszureißen. Ich mache mir Sorgen, wie ich künftig heizen soll. Selbst wenn ich die Öl-Heizung behalten darf, wird es vermutlich irgendwann schwer, eine neue nachzukaufen, wenn sie kaputtgeht.
Des Weiteren sollte die Politik mehr mit dem Bundeskartellamt zusammenarbeiten. Viel zu viele Firmen machen sich die Taschen voll, wo es nicht gerechtfertigt ist: damals mit den Corona-Tests, danach beim Holz oder Benzin. Ich erinnere nur mal an die Spritpreisbremse, als die Konzerne kurz vorher die Preise so erhöhten, dass der Preis trotz der Bremse fast gleich blieb.
Insgesamt fühlen wir uns von der Politik völligst im Stich gelassen. Die Damen und Herren müssen sich über solche Probleme ja keine Gedanken machen, bei ihnen ist genug Geld im Haus.
Quelle: ntv.de, Christina Lohner