Prüfer erhebt schwere Vorwürfe US-Senat: Credit Suisse verschwieg Informationen zu Nazi-Konten
05.01.2025, 08:30 Uhr Artikel anhören
Die Credit Suisse soll nicht vollständig über alle Nazi-Verbindungen der Bank aufgeklärt haben.
(Foto: picture alliance/KEYSTONE)
Im Zweiten Weltkrieg machen viele Nazis gute Geschäfte. Liegen Erträge davon bis heute auf den Konten von Banken wie der Credit Suisse? Ein US-Jurist soll die Vorwürfe aufklären, wird allerdings 2022 von der Bank entlassen. Jetzt stellt der US-Senat fest: Die Bank hat die Aufklärung behindert.
Die Credit Suisse hat einer US-Untersuchung zufolge bei früheren Ermittlungen zu Nazi-Konten Informationen verschwiegen. Zehntausende neu entdeckte historische Dokumente würden beweisen, dass damalige Kontoinhaber der einstigen Schweizer Großbank Nazis waren oder Verbindungen zu diesen hatten, teilte ein Untersuchungskomitee des US-Senats mit. Credit Suisse habe diese Dokumente bei früheren Ermittlungen, die vor allem während der 90er-Jahre stattfanden, nicht preisgegeben, hieß es weiter.
Der Untersuchung des US-Senats zufolge handelt es sich um 3600 Schriftstücke und 40.000 Mikrofilme, die der frühere US-Staatsanwalt Neil Barofsky als Prüfer in einem Bericht zutage gebracht hatte. Barofsky wurde 2022 von der Credit Suisse von seinem Posten als Ombudsmann für das Thema entlassen. Die Bank warf dem Juristen vor, in seinem Bericht bloße Behauptungen über Verbindungen des Geldhauses zu den Nazis aufgestellt zu haben. Der Jurist wiederum warf der Credit Suisse vor, die Aufklärung zu behindern. Nach der Übernahme der Bank durch das Schweizer Konkurrenzhaus UBS wurde er wieder als Ombudsmann eingesetzt.
Das Untersuchungskomitee des US-Senats veröffentlichte nun einen Brief Barofskys, in dem er die Credit Suisse aufruft, alle weiteren Informationen zu Verbindungen zum Hitler-Regime preiszugeben, einschließlich der möglichen Finanzierung von Fluchtsystemen für Nazi-Eliten nach der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg.
In dem Brief schildert er zudem, dass mehrere der Konten in den historischen Dokumenten unter "Amerikanische Schwarze Liste" abgestempelt wurden. Dabei handelt es sich Barofsy zufolge um ein Register, in dem die Alliierten im Zweiten Weltkrieg Personen und Unternehmen aufführten, die Verbindungen zu den Achsenmächten Deutschland, Italien und Japan hatten. "Eines der Dokumente, das diesen Stempel hat, verweist auf eine Einheit, die daran beteiligt war, geplündertes jüdisches Vermögen zu verkaufen", schildert der US-amerikanische Ermittler.
Jahrelange Vorwürfe
UBS, der neue Besitzer der Credit Suisse, erklärte auf Anfrage, dass sich das Geldhaus bemühe, alle historischen Dokumente zu den Geschäften der Bank mit den Nazis im Dritten Reich bereitzustellen. Die Untersuchungen des US-Senatskomitees dauern an. Die UBS hatte die durch Skandale und Finanzierungsprobleme geschwächte Credit Suisse 2023 übernommen.
Credit Suisse hatte 1998 zusammen mit der UBS und weiteren Unternehmen zugestimmt, eine Entschädigungssumme an Holocaust-Opfer in Höhe von 1,25 Milliarden Dollar (damals 2,25 Milliarden Mark) zu zahlen. Es blieben jedoch Vorwürfe bestehen, nicht vollständig über alle Nazi-Verbindungen der Bank aufgeklärt zu haben.
Die Untersuchung des Senats wurde vom Simon-Wiesenthal-Zentrum angestoßen. Die jüdische Menschenrechtsorganisation hatte 2020 den Verdacht geäußert, dass auf den Konten der Credit Suisse bis heute Gelder liegen, die im Zweiten Weltkrieg von jüdischen Opfern geraubt wurden. Das Zentrum stützte seine Vermutung auf eine ihm vorliegende Liste von 12.000 Mitgliedern der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und einer mit den Nazis verbundenen Gewerkschaft in Argentinien, wohin viele Nazis nach der deutschen Niederlage geflüchtet waren. Die Credit Suisse erklärte, man habe die Hinweise untersucht und keine verdächtigen Kundenbeziehungen in den Büchern entdeckt.
Quelle: ntv.de, chr/AFP