Gas, Waffen, Autos gegen Zölle Um Trump zu besänftigen, will die EU mehr teures US-Gas kaufen


Kann sich auf Zugeständnisse der EU freuen: US-Präsident Donald Trump.
(Foto: IMAGO/MediaPunch)
Neben möglichen Vergeltungszöllen bereitet sich die EU auch auf einen Deal mit dem neuen US-Präsidenten vor. Damit Trump keinen neuen Handelsstreit vom Zaun bricht, wollen die Europäer unter anderem mehr Flüssiggas aus den USA kaufen. Den Hebel dafür liefert Russland.
Die EU will einen neuen Handelskrieg mit US-Präsident Donald Trump durch ein Versprechen verhindern: mehr Flüssiggas, Waffen und Autos aus den USA zu importieren. Das berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf EU-Kreise. Die EU-Kommission glaubt demnach an einen Deal mit Trump.
Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte den USA bereits in Aussicht gestellt, mehr Gas von dort zu importieren. Vorschreiben lässt sich das allerdings nicht, schließlich kaufen nicht die Staaten Energieträger ein, sondern private Unternehmen - und die entscheiden selbst. Doch würde eine wichtige Quelle für Flüssiggas (LNG) versiegen, bräuchten diese Kunden eine neue. Der Plan der europäischen "Trump Taskforce" lautet dem Bericht zufolge: Der russische Gas-Hahn soll weiter zugedreht werden, damit sich die Käufer in den USA bedienen.
Die EU hat wegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zwar ihren Anteil von russischem Pipeline-Gas massiv reduziert. Im Gegenzug sind jedoch die Flüssiggas-Importe aus Russland gestiegen. Zwar sind die USA inzwischen Europas Hauptlieferant für LNG. Allerdings stammt ein beachtlicher Teil immer noch aus Russland. Im vergangenen Dezember betrug dieser nach Angaben der Brüsseler Denkfabrik Bruegel sogar mehr als ein Fünftel aller Flüssiggas-Importe in die EU.
Die Zeit drängt
Ändern ließe sich das durch neue Sanktionen, LNG steht bisher nicht auf der Liste der EU. Dafür wirbt etwa der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange. "Das hätte den Charme, dass Trump sieht, dass es Sinn macht, wenn die EU und die USA gemeinsam gegen Russland vorgehen", sagte er der Zeitung. Dem Bericht zufolge ist damit zu rechnen, dass die EU-Kommission nächste Woche einen entsprechenden Vorschlag macht. Bedenken haben demnach Griechenland und Italien, auch aus Ungarn könnte Widerstand kommen.
Europa bleibt jedoch nicht viel Zeit. Ab April könnten auf Trumps Drohungen mit Zöllen gegen Einfuhren aus der EU Taten folgen. Bis dahin lässt der neue US-Präsident entsprechende Maßnahmen prüfen. Umsetzen könnte er diese auch schon vorher.
Davon abhalten sollen ihn neben dem Gas-Versprechen weitere Zugeständnisse der EU, die gegenüber Trump auf Zuckerbrot und Peitsche setzt. Zum Zuckerbrot soll auch eine Steigerung von Waffen-Importen zählen. "Man könnte darüber reden, ob Europa mehr US-Militärflugzeuge kauft", sagte etwa Lange dem "Handelsblatt".
Auto-Zollsatz könnte psychologisch wirken
Trump stört sich zudem daran, dass die Europäer lieber eigene als amerikanische Autos fahren - der Marktanteil von US-Herstellern in der EU ist verschwindend gering. Die EU-Kommission erwägt deshalb dem Bericht zufolge, ihren Zollsatz auf Autos von 10 auf 2,5 Prozent zu senken. "Fast ein Drittel des EU-Handelsbilanzüberschusses mit den USA kommt von Autos, weil die Amerikaner teure Mercedes und Porsche kaufen", erklärte Lange. "Der Effekt wäre ökonomisch überschaubar, aber psychologisch vielleicht wichtig."
Neben diesem Zuckerbrot hat die EU auch schon die "Peitsche" in der Schublade. Falls Trump trotzdem Einfuhrzölle auf europäische Produkte verhängt, wollen die Europäer mit eigenen Zöllen antworten. "Im besten Fall hält die Drohung mit entschiedenen Vergeltungsmaßnahmen der EU gegen US-Exporte Trump von den Zöllen gegen EU-Produkte ab", hatte Jürgen Matthes, der am arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) den Bereich Internationale Wirtschaftspolitik leitet, auf ntv.de-Anfrage erklärt. "Aber auch das Angebot, mehr LNG und Waffen in den USA zu kaufen, gehört als Zuckerbrot dazu" - vorausgesetzt, die USA verzichten auf Zölle gegenüber der EU.
Manche Ökonomen fürchten jedoch, dass es der EU an Einigkeit gegenüber Trump fehlen wird. Diese Zerstrittenheit könnte Trump "für eine Teile-und-herrsche-Strategie nutzen, indem er EU-Mitglieder untereinander ausspielt", warnte etwa Rolf Langhammer, der am Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel zu internationalem Handel forscht, gegenüber ntv.de. Schon in seiner ersten Amtszeit sei er so verfahren.
Für die deutsche Wirtschaft, die inzwischen seit Jahren in der Stagnation steckt, ist das ein zusätzlicher Risikofaktor. Sabine Stephan, Leiterin des Referats Außenhandel und Handelspolitik im Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, mahnte bei ntv.de: Gelinge es Europa nicht, mit einer Stimme zu sprechen, "wird es schwierig für die deutsche Wirtschaft, eine Rezession zu vermeiden". Es wäre das dritte Rezessionsjahr in Folge.
Quelle: ntv.de