Wirtschaft

Schocktherapie der EZB   War es das jetzt mit den Zinserhöhungen?

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(Foto: AP)

Die EZB schraubt die Zinsen weiter in die Höhe. Das drückt zwar die Inflation, macht aber zugleich eine Rezession wahrscheinlicher. Die Notenbank steckt in der Zwickmühle.

Das Tempo ist sportlich: Zum zehnten Mal in Folge erhöht die Europäische Zentralbank die Leitzinsen und schraubt den wichtigsten Satz auf nunmehr 4,5 Prozent nach oben. Im vergangenen Sommer hatte er noch bei 0 (!) Prozent gelegen. Da stellt sich die Frage: Und nun?

Es ist zumindest sehr wahrscheinlich, dass die EZB eine Pause einlegen wird und die Zinsen erst einmal nicht weiter erhöhen wird. Dafür sprechen zwei Gründe: Zum einen geht die Inflation zurück - genau das bezweckt die Zentralbank ja mit den Zinserhöhungen. Zum anderen schwächelt die Konjunktur in der Eurozone, das ist ein Kollateralschaden strafferer Geldpolitik. Der Mechanismus: Werden Kredite teurer, dann bremst das sowohl Konsum als auch Investitionen und damit die Nachfrage. Das dämpft tendenziell die Preise.

Die EZB steckt also in der Zwickmühle. Die Inflation in der Eurozone hat sich zwar von den zweistelligen Rekordständen entfernt, liegt aber immer noch weit über dem 2-Prozent-Ziel, bei dem die Notenbank Preisstabilität erreicht sieht. Im August lag das allgemeine Preisniveau 5,3 Prozent höher als vor einem Jahr. Derweil ist im zweiten Quartal die Wirtschaft im Währungsraum nur minimal um 0,1 Prozent gewachsen.

Die EZB senkte nun ihre Wachstumsprognose und erwartet für das Gesamtjahr einen Anstieg von insgesamt 0,7 Prozent. Zugleich korrigierte sie auch die Erwartungen für das nächste und übernächste Jahr. Einer der Hauptgründe: "Die zunehmenden Auswirkungen der geldpolitischen Straffung auf die Binnennachfrage."

Gipfel erreicht?

Verkompliziert wird die Lage, weil Zinserhöhungen erst mit einer Verzögerung ihre volle Wirkung entfalten. Als Faustregel gilt eine Dauer zwischen 12 und 18 Monaten. Ein weiteres Dilemma: Die EZB will mit Zinserhöhungen Entschlossenheit demonstrieren, die Inflation konsequent zu bekämpfen. Angesichts der immer weiter steigenden Inflation waren daran die Zweifel gewachsen - für eine Notenbank ist ein Verlust von Glaubwürdigkeit katastrophal. EZB-Chefin Christine Lagarde versicherte deshalb nach dem Beginn der Zinswende immer wieder: "Wir bleiben auf Kurs."

Die jüngste Zinserhöhung zeigt, dass in der Führungsriege der EZB die Befürchtung zwar weiterhin groß ist, zu früh im Kampf gegen die Inflation nachzulassen. Das steigende Rezessionsrisiko in der Eurozone nimmt sie in Kauf. Zugleich sind in der EZB aber auch die Zweifel gewachsen, ob sie nicht vielleicht doch über das Ziel hinausschießt. Lagarde sagte, die Entscheidung für höhere Zinsen sei im Rat nicht einstimmig gefallen. Es habe aber eine "solide Mehrheit" gegeben. Einige Zentralbanker hätten sich dafür ausgesprochen, das bisherige Zinsniveau beizubehalten.

Deshalb spricht viel dafür, dass der Zinsgipfel erreicht ist. In der EZB-Mitteilung heißt es: "Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass die EZB-Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das - wenn es lange genug aufrechterhalten wird - einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird."

Übersetzt heißt das: "Zinspause - wenn sie die Lage nicht ändert."

Quelle: ntv.de

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