Foodwatch rügt Danone und UnileverÄrzte sollen Werbung machen
Dass die Pharmalobby kräftig um das Wohlwollen der Ärzteschaft buhlt, ist nichts Neues. Doch auch Lebensmittelkonzerne scheinen in die Arztpraxen zu drängen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch moniert fragwürdige Kampagnen von Danone und Unilever.
Bei Umfragen
zum Berufsimage stehen Ärzte regelmäßig weit oben auf der Vertrauensskala - irgendwo
zwischen Feuerwehrleuten und Polizisten. Das macht sie nicht nur für die
Pharmaindustrie zu perfekten Werbeträgern: Jahrelang sollen die
Lebensmittelkonzerne Danone und Unilever versucht haben, Ärzte für Werbezwecke
zu instrumentalisieren. Nach Informationen der Verbraucherorganisation
Foodwatch gab es gezielte Marketingkampagnen, um Mediziner dazu zu bewegen, in
ihren Praxen bestimmte Produkte zu empfehlen. Dabei hätten die Konzerne
wichtige Informationen verschwiegen und irreführende Angaben gemacht.
Erst im
April dieses Jahres habe Unilever in Ärzte-Fachblättern einen Offenen Brief
veröffentlicht, um in ganzseitigen Anzeigen für seine mit Pflanzensterinen angereicherte,
cholesterinsenkende Margarine "Becel pro-activ" zu werben. "Über
45 Humanstudien wurden durchgeführt, um sowohl die Sicherheit als auch die
Wirksamkeit von Pflanzensterinen zu belegen", argumentiert darin
Unilever-Deutschland-Chef Harry Brouwer. Die wichtigsten europäischen
Fachgesellschaften für Kardiologie (ECS) und Atherosklerose (EAS) hätten die
entsprechenden Lebensmittel in ihre Empfehlungen zur Behandlung erhöhter
Cholesterinwerte aufgenommen.
Dabei habe
Unilever aber unterschlagen, dass eben diese Leitlinien den gesundheitlichen
Nutzen und die Sicherheit der Produkte anzweifelten, kritisierte Foodwatch. So
heiße es darin: "Aktuell gibt es keine Daten, die belegen, dass die
Cholesterinsenkung mittels von Pflanzensterinen präventiv gegen koronare
Herzkrankheiten wirkt." Es fehle auch an entsprechenden Langzeitstudien.
Ein Unilever-Sprecher erklärte dazu, Ärzte und Ernährungsberater sollten die
Margarine "als Teil von Diät- und Lifestylemaßnahmen" empfehlen,
damit Patienten ihren Cholesterinspiegel senken könnten, "ohne gleich ein
Medikament nehmen zu müssen".
Gesponserte Fortbildungen
Auch Danone
versucht, seine Joghurt-Produkte der Ärzteschaft schmackhaft zu machen: Bereits
2008 habe der Konzern Gutscheine für den Trinkjoghurt Actimel in Artpraxen
ausgelegt, um in vertrauenswürdigem Umfeld für das Produkt zu werben. Auf der
Website für Actimel habe der Konzern bis heute einen passwortgeschützten
Expertenbereich speziell für "Ärzte und Wissenschaftler", erklärte
Foodwatch. Dort dokumentiere Danone Fortbildungen zu Themen wie
"Probiotika und Immunsystem", die das Unternehmen gesponsert habe.
Außerdem gebe es Zusammenfassungen der Studien, mit denen jahrelang die
Gesundheitseffekte von Actimel belegt werden sollten. Danone suggeriere dabei,
Actimel sei mehr als ein gewöhnlicher Joghurt und könne unter anderem vor
Erkältungen schützen. Durch die Studien werde das aber nicht belegt, moniert
Foodwatch. Inzwischen darf Danone auch nicht mehr mit gesundheitsbezogenen
Aussagen wie "Actimel aktiviert Abwehrkräfte" werben.
Ein Sprecher
von Danone sagte, das Unternehmen stehe weiterhin "zu dem, was wir gesagt
haben". Derzeit prüfe Danone allerdings die von der Europäischen Behörde
für Lebensmittelsicherheit (EFSA) veröffentlichte Liste mit zulässigen Gesundheitsangaben
für Lebensmittel. "Wir befinden uns jetzt in einer Übergangsphase und in
einem Prozess der Neubewertung", erklärte er. Die EU-Kommission hatte Ende
Mai eine Liste mit vorerst 222 Angaben veröffentlicht, mit denen auch über
Dezember dieses Jahres hinaus weiter geworben werden darf. Irreführender
Werbung mit Angaben wie "Gut fürs Immunsystem" soll damit ein Riegel
vorgeschoben werden.