Foodwatch rügt Danone und Unilever Ärzte sollen Werbung machen
14.06.2012, 10:51 UhrDass die Pharmalobby kräftig um das Wohlwollen der Ärzteschaft buhlt, ist nichts Neues. Doch auch Lebensmittelkonzerne scheinen in die Arztpraxen zu drängen. Die Verbraucherorganisation Foodwatch moniert fragwürdige Kampagnen von Danone und Unilever.

Die wissenschaftlichen Studien, auf die sich die Konzerne berufen, gibt es tatsächlich. Nur mit den Ergebnissen nimmt man es offenbar nicht so genau.
Bei Umfragen zum Berufsimage stehen Ärzte regelmäßig weit oben auf der Vertrauensskala - irgendwo zwischen Feuerwehrleuten und Polizisten. Das macht sie nicht nur für die Pharmaindustrie zu perfekten Werbeträgern: Jahrelang sollen die Lebensmittelkonzerne Danone und Unilever versucht haben, Ärzte für Werbezwecke zu instrumentalisieren. Nach Informationen der Verbraucherorganisation Foodwatch gab es gezielte Marketingkampagnen, um Mediziner dazu zu bewegen, in ihren Praxen bestimmte Produkte zu empfehlen. Dabei hätten die Konzerne wichtige Informationen verschwiegen und irreführende Angaben gemacht.
Erst im April dieses Jahres habe Unilever in Ärzte-Fachblättern einen Offenen Brief veröffentlicht, um in ganzseitigen Anzeigen für seine mit Pflanzensterinen angereicherte, cholesterinsenkende Margarine "Becel pro-activ" zu werben. "Über 45 Humanstudien wurden durchgeführt, um sowohl die Sicherheit als auch die Wirksamkeit von Pflanzensterinen zu belegen", argumentiert darin Unilever-Deutschland-Chef Harry Brouwer. Die wichtigsten europäischen Fachgesellschaften für Kardiologie (ECS) und Atherosklerose (EAS) hätten die entsprechenden Lebensmittel in ihre Empfehlungen zur Behandlung erhöhter Cholesterinwerte aufgenommen.
Dabei habe Unilever aber unterschlagen, dass eben diese Leitlinien den gesundheitlichen Nutzen und die Sicherheit der Produkte anzweifelten, kritisierte Foodwatch. So heiße es darin: "Aktuell gibt es keine Daten, die belegen, dass die Cholesterinsenkung mittels von Pflanzensterinen präventiv gegen koronare Herzkrankheiten wirkt." Es fehle auch an entsprechenden Langzeitstudien. Ein Unilever-Sprecher erklärte dazu, Ärzte und Ernährungsberater sollten die Margarine "als Teil von Diät- und Lifestylemaßnahmen" empfehlen, damit Patienten ihren Cholesterinspiegel senken könnten, "ohne gleich ein Medikament nehmen zu müssen".
Gesponserte Fortbildungen
Auch Danone versucht, seine Joghurt-Produkte der Ärzteschaft schmackhaft zu machen: Bereits 2008 habe der Konzern Gutscheine für den Trinkjoghurt Actimel in Artpraxen ausgelegt, um in vertrauenswürdigem Umfeld für das Produkt zu werben. Auf der Website für Actimel habe der Konzern bis heute einen passwortgeschützten Expertenbereich speziell für "Ärzte und Wissenschaftler", erklärte Foodwatch. Dort dokumentiere Danone Fortbildungen zu Themen wie "Probiotika und Immunsystem", die das Unternehmen gesponsert habe. Außerdem gebe es Zusammenfassungen der Studien, mit denen jahrelang die Gesundheitseffekte von Actimel belegt werden sollten. Danone suggeriere dabei, Actimel sei mehr als ein gewöhnlicher Joghurt und könne unter anderem vor Erkältungen schützen. Durch die Studien werde das aber nicht belegt, moniert Foodwatch. Inzwischen darf Danone auch nicht mehr mit gesundheitsbezogenen Aussagen wie "Actimel aktiviert Abwehrkräfte" werben.
Ein Sprecher von Danone sagte, das Unternehmen stehe weiterhin "zu dem, was wir gesagt haben". Derzeit prüfe Danone allerdings die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) veröffentlichte Liste mit zulässigen Gesundheitsangaben für Lebensmittel. "Wir befinden uns jetzt in einer Übergangsphase und in einem Prozess der Neubewertung", erklärte er. Die EU-Kommission hatte Ende Mai eine Liste mit vorerst 222 Angaben veröffentlicht, mit denen auch über Dezember dieses Jahres hinaus weiter geworben werden darf. Irreführender Werbung mit Angaben wie "Gut fürs Immunsystem" soll damit ein Riegel vorgeschoben werden.
Quelle: ntv.de, ino/AFP