Durchfall als Raser-Ausrede Das geht in die Hose
19.03.2014, 13:39 UhrEs gibt Situationen, in denen Tempolimits keine Rolle spielen. Wenn der Freundin auf dem Beifahrersitz die Fruchtblase platzt, beispielsweise. Dann kommen Autofahrer unter Umständen um eine Strafe herum. Ist auch starker Stuhldrang eine solche Notsituation?

Der Mann litt schon länger unter Durchfall. Darauf hätte er sich einstellen müssen, bevor er ins Auto stieg, so das Gericht.
(Foto: picture alliance / dpa)
Temposünder sind bekanntlich um Ausreden nicht verlegen, wenn es darum geht, ein Fahrverbot zu vermeiden. Hoffnung darf man sich aber nur im absoluten Ausnah mefall einer "notstandsähnlichen Situation" machen. Bei Ärzten auf dem Weg zu einem Notfalleinsatz drücken die Gerichte regelmäßig ein Auge zu. Auch eine rasante Fahrt zum Kreißsaal kann so zu rechtfertigen sein. Starker Stuhldrang hingegen ist keine legitime Entschuldigung für Tempoverstöße. Zumindest nicht in dem Fall, den das Amtsgericht Lüdinghausen kürzlich entschieden hat (Az. 19 OWi-89 Js 155/14-21/14).
Ein Mann, der sein Geld als LKW-Fahrer verdient, war in seinem Auto mit 132 km/h auf einer Landstraße geblitzt worden. Erlaubt waren an der Stelle nur 70 km/h. Das Tempolimit habe er jedoch gar nicht wahrgenommen, argumentierte der Beklagte. Er habe schon vor Erreichen des Begrenzungsschildes einen schmerzhaften Druck im Darm verspürt und sei deshalb vom Verkehrsgeschehen abgelenkt gewesen. Kurz nachdem die 70er-Zone aufgehoben war, habe er ein Maisfeld angesteuert, um sich dort zu erleichtern.
Das Gericht konnte die Situation zwar nachvollziehen, verurteilte den Mann aber trotzdem zu 315 Euro Bußgeld und einem Monat Fahrverbot fürs Auto. Der Temposünder hatte nämlich eingeräumt, er leide schon seit geraumer Zeit unter Darmproblemen. Zudem war der Stuhldrang nicht plötzlich aufgetaucht, sondern schon vor Beginn der Tempobegrenzung akut.
Besser Umwege fahren
"Vor diesem Hintergrund hätte der Betroffene erwägen müssen, ob er überhaupt in der Lage war, die Fahrt anzutreten", fand das Gericht. Gegebenenfalls hätte er Umwege fahren müssen, um es jederzeit zu ermöglichen, einem plötzlichen Stuhldrang nachzukommen. Und selbst auf der gefahrenen Strecke hätte es der Darmgeplagte nicht so weit kommen lassen müssen. Schließlich habe er schon vorher anhalten oder umdrehen können, heißt es in dem Urteil.
In anderen Fällen waren Autofahrer mit der Durchfall-Ausrede erfolgreicher: So hat das Oberlandesgericht Zweibrücken bereits 1996 entschieden, dass ein plötzlicher, "unabweisbarer" Stuhldrang einen Tempoverstoß rechtfertigen könne. 14 Jahre später kam das OLG Düsseldorf zu einem ähnlichen Schluss. Anders als im Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen kam das dringende Bedürfnis hier aber ohne Vorankündigung.
Quelle: ntv.de, ino