Privatinsolvenz soll schneller gehen In drei Jahren schuldenfrei
18.07.2012, 13:03 Uhr
Wenn Schlecker oder Teldafax in die Pleite rauschen, kommt der Konkursverwalter. Private Schuldner können sich an Schuldenberater wie Peter Zwegat wenden.
Wer hoffnungslos überschuldet ist, muss es nicht sein Leben lang bleiben: Seit 1999 können auch Verbraucher Insolvenz anmelden. Sechs Jahre lang dauert das Verfahren, danach werden die restlichen Schulden gestrichen. Nach dem Willen der Bundesregierung könnte es aber bald schon früher so weit sein.
Verbraucher und insolvente Existenzgründer sollen künftig bereits nach drei statt nach sechs Jahren aus ihren Schulden herauskommen können. Die Bundesregierung will das gesetzliche Verfahren zur sogenannten Restschuld-Befreiung reformieren. Der Gesetzentwurf solle Menschen, "die in eine finanzielle Notsituation geraten sind, schneller als bisher eine zweite Chance eröffnen", erklärte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP).
Die Verkürzung der Restschuld-Befreiung auf drei Jahre soll möglich sein, wenn es dem Schuldner gelingt, innerhalb dieser Frist mindestens ein Viertel der Gläubigerforderungen sowie die Verfahrenskosten zu zahlen. Eine vorzeitige Restschuld-Befreiung nach fünf Jahren ist laut Gesetzentwurf möglich, wenn Schuldner zumindest die Verfahrenskosten begleichen können. Ansonsten bleibt es beim derzeitigen Verfahren mit einer Dauer von sechs Jahren. Die Beschleunigung sei auch im Interesse der Gläubiger, erklärte die Ministerin. Schuldner erhielten einen gezielten Anreiz, möglichst viel zu bezahlen.
Mit dem Gesetz will die Regierung zudem die Arbeit von Beratungsstellen für Schuldner erleichtern: Wenn ein außergerichtlicher Einigungsversuch offensichtlich aussichtslos ist, muss er künftig auch nicht mehr unternommen werden. Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften sollen in der Insolvenz ähnlich wie Mieter geschützt werden. Denn aus Sicht der Betroffenen mache es oft keinen Unterschied, ob sie in einer Miet- oder Genossenschaftswohnung wohnen.
Die Latte hängt hoch
Verbraucherschützer halten den Gesetzentwurf für unzureichend. "Wir müssen natürlich zu einer Verkürzung der Laufzeit kommen", sagte Jana Brockfeld, vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Die meisten Betroffenen könnten aber nicht die Vorgaben dafür erfüllen wie das Bezahlen der Verfahrenskosten und von mindestens 25 Prozent der Forderungen. "So richtig ausgewogen ist der Entwurf daher nicht", sagte sie. Damit könne man nicht von einer deutlichen Verbesserung für die Verbraucher sprechen.
Die Privatinsolvenz ist seit 1999 möglich. Wer aus der Schuldenfalle herauskommen möchte, kann dies mit Hilfe einer Schuldnerberatung, eines Anwalts oder Steuerberaters bei Gericht beantragen. Das Verfahren ermöglicht die Restschuld-Befreiung. Dafür müssen Verbraucher bislang noch sechs Jahre lang so viele Schulden wie möglich abstottern. Danach werden ihre restlichen Schulden gestrichen.
Nach Angaben Leutheusser-Schnarrenbergers gab es im vergangenen Jahr in Deutschland mehr als 100.000 Verbraucherinsolvenzen und knapp über 20.000 Insolvenzverfahren ehemals Selbständiger. Verbraucher gerieten meist unverschuldet in die Situation der Zahlungsunfähigkeit, erklärte die Ministerin: etwa durch Scheidung, Krankheit oder den Verlust des Arbeitsplatzes.
Quelle: ntv.de, AFP/rts