Ratgeber

Unfallpolicen im Check Längst nicht alles ist versichert

Eine Unfallversicherung zahlt, wenn man einen Unfall hat? Irrtum. Nur bei bleibenden Schäden sieht man Geld. Und auch dann nur, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Auf welche Punkte sollte man achten?

Die wenigsten Behinderungen sind durch Unfälle verursacht.

Die wenigsten Behinderungen sind durch Unfälle verursacht.

(Foto: imago/Westend61)

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt, wenn man nicht mehr arbeiten kann, die Krankenversicherung, wenn man krank wird und die Unfallversicherung, wenn man einen Unfall hat - stimmt's? Ganz so einfach ist die Sache nicht. Zwar schützt die Unfallversicherung tatsächlich vor den Folgen eines Unfalls. Das heißt aber nicht, dass man Geld bekommt, wenn man sich beispielsweise bei einem Auffahrunfall ein Schleudertrauma zuzieht oder beim Fußballtraining das Kreuzband reißt. Die Stiftung Warentest erklärt im neuen "Finanztest"-Heft, wann die Versicherung zahlt und worauf man beim Abschluss achten sollte.

124 Angebote von Unfallversicherern haben sich die Tester schicken lassen, eine Auswahl aus der laut "Finanztest" "unüberschaubaren Flut von Angeboten" am Markt. Die Bestnote "sehr gut" bekamen nur vier Tarife, 80 weitere schnitten "gut" ab, der Rest "befriedigend". Dass es keine Totalausfälle gab, lag daran, dass von vornherein bestimmte Mindestanforderungen vorgegeben waren.

Grundsätzlich gehört der Unfallschutz nicht zu den wichtigsten Policen im Versicherungsordner. Für Unfälle im Zusammenhang mit der Arbeit ist man über die gesetzliche Unfallversicherung ohnehin schon abgesichert. Und auch wenn die meisten Unfälle in der Freizeit passieren, wird die Gefahr bisweilen überschätzt. Nur zwei Prozent aller Schwerbehinderungen in Deutschland wurden durch einen Unfall verursacht, der Großteil geht auf Krankheiten zurück. Für vorübergehende Unfallfolgen zahlt die Versicherung ohnehin nicht. Ein gebrochenes Bein heilt irgendwann wieder zusammen, hier sieht man also kein Geld.

Nicht jeder Unfall gilt

Gesichtsprothesen. Die Gliedertaxe entscheidet darüber, wieviel Geld es bei der Funktionsunfähigkeit einzelner Körperteile oder Sinne gibt.

Gesichtsprothesen. Die Gliedertaxe entscheidet darüber, wieviel Geld es bei der Funktionsunfähigkeit einzelner Körperteile oder Sinne gibt.

(Foto: imago/Sven Ellger)

Doch auch bei bleibenden Schäden gibt es keineswegs immer Vesicherungsschutz. Die erste Frage, die Versicherungen stellen, ist die, ob überhaupt die Definition eines Unfalls erfüllt ist. Ein Unfall liegt laut den Musterbedingungen des GDV dann vor, "wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis (Unfal­ler­eignis) unfreiwil­lig eine Gesund­heits­schädigung erleidet". Dabei kommt es auf jedes einzelne Wort an. Erfrierungen beispielsweise gehen schleichend und nicht plötzlich vonstatten, müssen als Folge Gliedmaßen amputiert werden, gilt das nicht als Unfall. Auch wenn jemand auf ebener Fläche über seine eigenen Füße fällt, zählt das nicht. Es fehlt die Einwirkung von außen. Plausibel ist, dass Versicherungen nicht für Verletzungen zahlen, die man selbst herbeigeführt hat, etwa durch einen gescheiterten Suizidversuch. Interessant ist aber auch der letzte Punkt: Die Einwirkung auf den Körper. Ein Herzinfarkt aufgrund eines Schocks beispielsweise zählt nicht als Unfall, weil das Ereignis die Psyche und nicht den Körper betroffen hat.

Wann die Versicherung nicht zahlt

Die zweite Hürde sind Versicherungsausschlüsse. Bei Unfällen aufgrund von Bewusststeinsstörungen zahlen Versicherungen normalerweise nicht. Solche Bewusststeinsstörungen können durch Alkohol oder Medikamente herbeigeführt werden, aber auch durch einen Schlaganfall, Ohnmacht, Herzinfarkt, epileptische Anfälle oder Übermüdung. Gute Tarife sind etwas großzügiger und schließen beispielsweise Unfälle als Folge eines Schlaganfalls nicht aus.

Auch Infektionen, die bleibende Schäden hinterlassen, zählen laut den GDV-Bedingungen nicht als Unfälle – obwohl Krankheitserreger von außen in den Körper gelangen. Zum Teil sind aber Behinderungen infolge von Zeckenbissen versichert.

Psychische Folgen von Unfällen sind grundsätzlich nicht versichert, allenfalls dann, wenn die psychische Erkrankung konkret durch den körperlichen Schaden verursacht wird, etwa bei einem Schädel-Hirn-Trauma. Wer aber beispielsweise wegen eines Unfalls depressiv wird, sieht kein Geld. 

Auf diese Punkte sollte man achten:

Wer eine Unfallversicherung abschließen möchte, sollte nicht die erstbeste Police nehmen, sondern die Angebote genau prüfen. Wichtig sind unter anderem die folgenden Punkte:

Gültigkeit: Unfälle können sich überall und jederzeit ereignen. Policen, die nur bestimmte Aktivitäten abdecken, sind deshalb unsinnig. Das gilt zum Beispiel für Policen, die sich nur auf Verkehrsunfälle beschränken.

Invaliditätsgrad: Die Unfallversicherung zahlt grundsätzlich nur, wenn man dauerhaft invalide ist. Bei guten Versicherungen reicht schon ein Invaliditätsgrad von einem Prozent, damit man etwas Geld sieht. Tarife, die erst ab 20 oder 50 Prozent Invalidität leisten, meidet man besser.

Versicherungssumme und Progression: Die Versicherungssumme ist bei der Unfallversicherung nicht der Satz, der maximal ausgezahlt wird, sondern eine sogenannte Grundsumme. Bei Schwerbehinderung gibt es aber ein Vielfaches dieses Betrages. Wie viel genau, das hängt von der Progression ab. Empfehlenswert ist ein Progressionssatz von mindestens 225 Prozent. Bei einer Versicherungssumme von 100.000 Euro gäbe es wenn man Vollinvalide wird 225.000 Euro. "Finanztip" empfiehlt potentiellen Kunden, nachzufragen, wie die Leistungen bei den unterschiedlichen Invaliditätsgraden ausfallen.

Todesfallsumme: Auch wenn man bei einem Unfall stirbt, gibt es Geld von der Versicherung. Die Todesfallleistung gibt es meistens auch als Vorschuss, wenn der Grad der Invalidität noch nicht endgültig geklärt ist.

Versicherungsbedingungen: Viele Policen orientieren sich an den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Schlechter sollten die Konditionen nicht ausfallen, gute Verträge erkennt man unter anderem daran, dass sie verbesserte Gliedertaxen haben. Die Gliedertaxe legt fest, was die Funktionsfähigkeit einzelner Körperteile und Sinne "wert" ist. Ein amputierter Daumen beispielsweise bedeutet standardmäßig einen Invaliditätsgrad von 20 Prozent. Gute Versicherungen setzen mehr an.   

Ob eine Behinderung dauerhaft bleibt oder kuriert werden kann, stellt sich manchmal erst nach vielen Monaten der Reha heraus. Normalerweise zahlt die Versicherung nur, wenn die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall festgestellt wird und der Versicherte in dieser Zeit seinen Anspruch geltend macht. Gute Tarife räumen etwas längere Fristen ein.

Preis: Sehr gute Policen gibt es nicht zum Discountpreis, er muss aber auch nicht extrateuer sein. Der Musterkunde der Stiftung Warentest zahlte für sehr guten Schutz zwischen 150 und 270 Euro im Jahr. Es gibt aber auch zahlreiche Tarife, die weniger leisten, aber mehr kosten.

Quelle: ntv.de, ino

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