Ratgeber

Zu schnell beim Überholen Raser haftet nicht automatisch

Ein Motorrad überholt ein Auto und hat dabei mehr als die erlaubten 50 km/h auf dem Tacho. Auf der Gegenspur kracht es dann. Ein klarer Fall, der Raser ist Schuld, sollte man meinen. Stimmt aber nicht immer.

Auch ohne Verkehrsschild kann Überholen verboten sein. Und zwar immer dann, wenn der übrige Verkehr dadurch gefährdet wäre.

Auch ohne Verkehrsschild kann Überholen verboten sein. Und zwar immer dann, wenn der übrige Verkehr dadurch gefährdet wäre.

Wer beim Überholen gegen das Tempolimit verstößt, ist nicht automatisch mit schuld, wenn es zu einem Unfall kommt. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und einem rasanten Motorradfahrer Recht gegeben. Ausschlaggebend ist demnach, ob es auch zu dem Unfall gekommen wäre, wenn der Überholende nicht zu schnell gewesen wäre (Az.: 9 U 149/13).

Der Kläger war innerorts mit seinem Motorrad unterwegs und wollte auf der Höhe eines Supermarktparkplatzes ein anderes Fahrzeug überholen, das mit 50 km/h unterwegs war. Die linke Spur war zunächst frei. Doch dann bog ein Renault vom links gelegenen Parkplatz nach rechts ab. Der Motorradfahrer konnte einen Zusammenstoß nicht mehr abwenden und wurde dabei verletzt. Seine Honda endete mit einem Totalschaden.

Den wollte der Mann vom Renault-Fahrer ersetzt haben, außerdem forderte er ein Schmerzensgeld. Doch das wollte der Autofahrer nicht ohne weiteres bezahlen. Zwar sei er für den Unfall mitverantwortlich. Allerdings habe sich auch der Motorradfahrer schuldig gemacht, weil er bei seinem Überholmanöver die Höchstgeschwindigkeit überschritten habe. Das sah auch das Gericht in der ersten Instanz so.

Kein faktisches Überholverbot

Das Oberlandesgericht stützte sich hingegen auf das Sachverständigengutachten. Demnach sei allein der Renault-Fahrer schuld am Unfall. Er hätte auf den fließenden Verkehr achten müssen, bevor er den Parkplatz verließ. Doch das habe er offenbar nicht getan, denn schon nach sechs Metern sei sein Fahrzeug mit dem Motorrad kollidiert. Den Motorradfahrer treffe dagegen keine Schuld. Als er zum Überholen ansetzte, habe er nicht erkennen können, dass der Wagen aus der Ausfahrt kam.

Man könne dem Motorradfahrer auch nicht anlasten, dass er zum Überholen die zulässigen 50 km/h überschritten habe. Das sei zwar laut Straßenverkehrsordnung ein Geschwindigkeitsverstoß. Dieser führe aber nicht automatisch zu einem faktischen Überholverbot, stellte das Gericht fest. Selbst ein gesetzliches Überholverbot solle nur den Gegenverkehr oder den nachfolgenden Verkehr schützen, aber nicht Fahrzeuge, die von einem Parkplatz auf die Straße einfahren, so das OLG. Das gleiche gelte für ein sogenanntes "faktisches" Überholverbot, also wenn Überholen nur mit Geschwindigkeitsüberschreitungen möglich sei. Hätte der rasende Motorradfahrer also ein entgegenkommendes Fahrzeug übersehen, wäre er schuld gewesen. Im vorliegenden Fall sei der Unfall aber auch durch korrekte Fahrweise nicht zu vermeiden gewesen.

Quelle: ntv.de, ino

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