Ratgeber

Sechs Prozent der Flüge sind zu spät So können sich Passagiere wehren

Warten am Flughafen nervt, doch wer wirklich lange ausharren muss, wird entschädigt.

Warten am Flughafen nervt, doch wer wirklich lange ausharren muss, wird entschädigt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Flug verspätet, gestrichen oder überbucht? In Deutschland keine Seltenheit. Reisende, denen das passiert, haben Rechte. Aber die sind manchmal gar nicht so leicht gegen die Fluggesellschaften durchzusetzen.

Jeden Tag kommen in Deutschland rund 550.000 Passagiere an Deutschen Flughäfen an oder fliegen ab. 33.000 von ihnen haben dabei laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen Verspätungen von über einer halben Stunde, 1500 müssen sogar länger als drei Stunden warten. Oft steht den Reisenden dann eine Entschädigung zu. Vorausgesetzt sie verlassen die Europäische Union oder kommen mit einer Airline an, die in der EU, Island, Norwegen oder der Schweiz registriert ist. Wer kostenlos oder zu einem reduzierten, für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Tarif reist, kann vom Fluggastrecht allerdings keinen Gebrauch machen.

Geht der Flug erst 30 Minuten später als vorgesehen, ist das für den Fluggast zwar ärgerlich, er muss es aber hinnehmen. Einzige Ausnahme: Er verpasst dadurch einen Anschlussflieger. Entschädigt wird, wer mindestens zwei Stunden warten muss. Die Ansprüche sind entsprechend der Flugstrecke gestaffelt. Es gilt: Wer weiter fliegt, muss längeres Ausharren in Kauf nehmen. Ist der Zielort mehr als 1500 Kilometer entfernt, müssen Passagiere sich wenigstens drei Stunden gedulden, wer weiter als 3500 Kilometer fliegt, für den sind es sogar vier Stunden. Es wird allerdings nicht die tatsächliche Flugstrecke berücksichtigt, die Entfernung wird stattdessen mit der sogenannten Großkreismethode ermittelt. Im Internet gibt es dafür einfache Rechner.

Anders ans Ziel oder Geld zurück

Hat der Passagier rechtzeitig eingecheckt und greifen die Fluggastrechte, muss die ausführende Fluggesellschaft bei verspäteten Flügen für Mahlzeiten, Getränke und Kommunikationsmöglichkeiten, wie etwa zwei kostenlose Telefonate, aufkommen - notfalls auch für eine Hotelunterkunft und die Beförderung dorthin. Das gilt unabhängig davon, mit welcher Airline der Beförderungsvertrag ursprünglich geschlossen wurde.

Wird einem Reisenden hingegen die Beförderung verweigert, sein Flug weniger als 14 Tage vor Abflug annulliert oder ist er überbucht, hat er zwei Möglichkeiten: Er kann von der Fluggesellschaft eine vergleichbare alternative Beförderung an den Zielort verlangen oder sich den Flugschein sowie gegebenenfalls die Kosten für den Rücktransport an den ursprünglichen Ausgangsort erstatten lassen. Anspruch auf Erstattung hat auch, wer von einer mehr als fünfstündigen Verspätung betroffen ist.

Wer sich für eine Erstattung entscheidet, sollte wissen, dass die Airline dann nicht länger verpflichtet ist, die Person weiterzubefördern oder anderweitig zu unterstützen. Das Unternehmen muss seine Gäste dafür allerdings über ihre Rechte aufklären. Ansprüche aus dem Fluggastrecht verjähren nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nach drei Jahren.

Rat von Dritten einholen

Die Durchsetzung der Ansprüche ist aber gar nicht so einfach. Oft flüchten sich die Airlines in den Hinweis auf außergewöhnliche Umstände wie Streiks, das Wetter oder politische Unruhen, weil dann keine Zahlungen fällig werden. Es gibt gesetzliche Regelungslücken. Deswegen wird eine Fluggesellschaft in der Regel nicht sofort, sondern erst bei drohender Gerichtsverhandlung auf eine Forderung eingehen. Ein generelle gerichtliche Entscheidung wollen die Airlines dann nämlich doch vermeiden - sie könnte zu ihren Ungunsten ausfallen.

Manchmal hilft deswegen nur der Weg zum Anwalt. Seit ein paar Jahren gibt es mit einigen Start-Up-Unternehmen eine Alternative. Euclaim, Fairplane oder Flightright heißen die Portale. Sie sind auf die Entschädigungszahlungen spezialisiert und setzen sie für ihre Kunden durch. Statt Anwaltsgebühren fällt hier eine Provision an. Falls die Unternehmen den Anspruch eintreiben, verlangen sie rund 30 Prozent.

Der Bundestag hat allerdings beschlossen, dass eine sogenannte Schlichtungsstelle eingerichtet werden soll. Für Fluggäste soll sie ab dem 1. November eine kostenlose Anlaufstelle im Streit um Entschädigungen sein. Sie erhalten das Recht auf eine schnelle, kostenlose und effektive Schlichtung im Luftverkehr, so der Plan der Regierung. Außerdem könnten damit Gerichtsverfahren verhindert werden.

Quelle: ntv.de, mit AFP

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