Urlaubssperre, Anrufe, Zwangsurlaub Was müssen Arbeitnehmer mitmachen?
06.08.2015, 10:15 UhrEinfach spontan ein paar Tage freinehmen und verreisen? Für viele Arbeitnehmer nicht drin, schließlich gibt es Urlaubspläne und Absprachen und an die muss man sich halten. Aber was darf die Firma in Sachen Urlaub eigentlich vorschreiben?

Egal, ob aus Acapulco oder aus Warnemünde: Die Firma darf einen Mitarbeiter nur im äußersten Notfall zurückbeordern.
(Foto: imago/BildFunkMV)
Mindestens 24 Werktage im Jahr darf und soll jeder Vollbeschäftigte Urlaub machen, das ist festgelegt im Bundesurlaubsgesetz. Die meisten Deutschen kommen auf mehr, im Durchschnitt haben sie 30 Tage frei. Ob man in dieser Zeit lieber am Strand schmort oder auf dem heimischen Balkon, ob man faul ist oder aktiv, das bleibt jedem selbst überlassen. Auf jeden Fall soll der Urlaub der Erholung dienen. Deshalb gibt es auch gewissen Regeln
Wer darf wann?
Theoretisch kann sich der Arbeitnehmer auch aussuchen, wann er seinen Urlaub nimmt. In der Praxis ist das natürlich nicht so einfach. Fast in jeder Firma gibt es Zeiten, in denen bestimmte Mitarbeiter besonders gebraucht werden und in denen Urlaub folglich nicht infrage kommt. Dazu kommen die Bedürfnisse der Kollegen. Brückentage will am liebsten jeder nutzen, zwischen Weihnachten und Neujahr möchte meist auch keiner arbeiten und Mitarbeiter mit Kindern wollen grundsätzlich in den Schulferien weg. Allen Ansprüchen gerecht zu werden, ist kaum möglich, also muss man sich arrangieren. Bei Interessenkonflikten sind im Zweifel soziale Kriterien entscheidend, den Sommerferien-Urlaub wird also normalerweise der Kollege mit Kindern bekommen – aber auch nicht in jedem Fall. Wer immer bevorzugt wird, muss gelegentlich auch mal zurückstecken.
Darf der Arbeitgeber eine Urlaubssperre verhängen?
Die halbe Belegschaft liegt krank darnieder, aber das Projekt muss fertig werden. Weil die gesunden Kollegen nicht auch noch fehlen dürfen, verhängt der Arbeitgeber eine monatelange Urlaubssperre. Sofern es wirklich nicht anders geht und das Wohl und Wehe der Firma davon abhängen, ist das auch legitim. Wenn es einen Betriebsrat gibt, muss der aber zustimmen. In vielen Unternehmen sind bestimmte Sperrzeiten auch schon von vornherein vorgesehen. In Wirtschaftsprüferkanzleien etwa ist Urlaub zur Zeit der Jahresabschlusserstellung normalerweise tabu, Beschäftigte im Einzelhandel bekommen in der Vorweihnachtszeit selten frei. Solche Sperren müssen aber gut begründet und auch im Rahmen sein. Wenn der Arbeitgeber die Urlaubsfenster von vornherein auf ein paar Wochen limitiert oder spontan den Rest des Jahres für urlaubsfrei erklärt, kann man eine Klage prüfen.
Darf der Arbeitgeber den genehmigten Urlaub widerrufen?
Nein. Ist der Urlaub erstmal abgesegnet, dann ist er auch verbindlich. Klauseln im Arbeitsvertrag, in denen sich der Arbeitgeber den Widerruf vorbehält, sind ungültig. Nur in unvorhersehbaren Notfällen könnte ein Widerruf in Frage kommen, wenn sich der Betrieb ohne den betreffenden Mitarbeiter nicht aufrechterhalten lässt. Falls man den Urlaub schon gebucht hat, muss die Firma die Unkosten aber erstatten.
Muss man im Urlaub erreichbar sein?
Die Antwort ist eindeutig: nein. Im Urlaub sollen sich die Mitarbeiter erholen – ob sie dabei am Strand liegen oder lieber über Alpenpässe kraxeln, bleibt ihnen überlassen. Auf jeden Fall sollen sie dabei nicht von Anrufen aus dem heimatlichen Büro gestört werden. Der Arbeitgeber kann deshalb auch nicht verlangen, dass man sein Handy einschaltet oder E-Mails liest. Im Ausnahmefall kann es natürlich trotzdem sein, dass man im Urlaub kontaktiert wird, zum Beispiel wenn die Kollegen zu Hause ohne eine wichtige Information nicht weiterkommen. Eine detaillierte Übergabe im Verfeld hilft da weiter.
Klauseln und Abmachungen, wonach Arbeitnehmer im Urlaub erreichbar sein sollen, sind unwirksam. Wer sich trotzdem darauf einlässt und im Urlaub womöglich noch Dinge für die Firma erledigt, kann Ausgleich verlangen.
Kann der Arbeitgeber verlangen, dass man den Urlaub abbricht?
Auch hier ein klares Nein. Niemand muss seinen Urlaub abbrechen, weil zu Hause Not am Mann ist. Weder eine dünne Personaldecke noch ein wichtiger Auftrag können das rechtfertigen. Denkbar wäre ein Rückruf allenfalls in existensbedrohenden Situationen, etwa nach einem Hochwasser oder einem Brand in der Firma. In solchen Fällen müsste der Arbeitgeber aber für die Reisekosten des Mitarbeiters und seiner Familie aufkommen.
Darf die Firma Urlaub anordnen?
Egal, ob Arztpraxis oder Unternehmensberatung: Viele Firmen machen für ein paar Tage im Jahr dicht, beispielsweise zwischen Weihnachten und Neujahr. Bei solchen Betriebsferien haben Mitarbeiter normalerweise wenig mitzureden, sie müssen ein paar Urlaubstage opfern, ob es zu ihren persönlichen Plänen passt oder nicht. Allerdings müssen auch bei Betriebsferien die Bedürfnisse der Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Es gibt zwar keine festgelegte Grenze, wie viele Urlaubstage für Betriebsferien draufgehen dürfen, aber der ganze Urlaub darf es nicht sein.
Darf man im Urlaub arbeiten?
Eigentlich nicht, zumindest nicht gegen Geld. Schließlich sollen Mitarbeiter erholt und voller Tatendrang aus dem Urlaub wiederkommen, deshalb dürfen sie per Gesetz auch keine "dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit" leisten. Nun gibt es durchaus Arbeiten, die gar nicht als so anstrengend empfunden werden oder eben als willkommene Abwechslung. Wer als Erntehelfer durch Australien tourt oder Kinder im Ferienlager betreut, statt im Büro zu sitzen, kann das durchaus als gesunden Ausgleich betrachten. Hier ist der Einzelfall entscheidend. Ehrenamtliche Arbeiten kann die Firma auf jeden Fall nicht verbieten.
Quelle: ntv.de, ino