Arbeitsunfall oder nicht? Wenn der Betriebsrat betrunken stürzt
07.07.2014, 15:37 UhrBetriebliche Belange und Geselligkeit müssen sich nicht per se ausschließen, argumentiert ein Betriebsrat, der nach einer feucht-fröhlichen Besprechung auf der Hoteltreppe verunglückt. Die Berufsgenossenschaft sieht das anders. Ein Gericht muss entscheiden.

Bei beruflichen Tagungen ist grundsätzlich eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Belangen nicht möglich.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Stürzt ein Betriebsrat während einer Tagung unter erheblichem Alkoholeinfluss im Anschluss an eine Besprechung, ist dieser Unfall als Arbeitsunfall anzusehen. Dies hat das Sozialgericht (SG) Heilbronn entschieden (Az.: S 6 U 1404/13).
In dem verhandelten Fall nahm der spätere Kläger als Betriebsrat an einer externen, dreitägigen Betriebsräteversammlung teil. Diese dauerte am ersten Abend bis ca. 19.30 Uhr. Mit einem Blutalkoholspiegel von 1,99 Promille stürzte der Mann gegen 1.00 Uhr nachts im Treppenhaus des Tagungshotels. Dort wurde er mit Kopf- und Lungenverletzungen bewusstlos aufgefunden und gegen 4.00 Uhr in die Notaufnahme gebracht.
Anschließend war er längere Zeit krankgeschrieben. Noch heute leidet der Mann unter Schmerzen und Konzentrationsstörungen. Gegenüber seiner Berufsgenossenschaft gab der Betriebsrat an, sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern zu können. Es sei auf der Tagung üblich, auch beim abendlichen geselligen Zusammensein unter Kollegen über betriebliche Belange zu sprechen. Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Demnach habe sich der Mann zum Unfallzeitpunkt in alkoholisiertem Zustand befunden und nicht bewiesen, dass er dabei einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen ist.
Gegen diese Entscheidung klagte der Verunglückte. Mit Erfolg. Das Sozialgericht hat die Berufsgenossenschaft verpflichtet, den Sturz auf der Tagung als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Nach Auffassung des SG hat der Betriebsrat beim geselligen Beisammensein auch über Dienstliches gesprochen. Auch habe sich der Unfall auf dem Rückweg zum Hotelzimmer ereignet. Dieser "Arbeitsweg" sei hier selbst dann unfallversichert, wenn im Hotel nach "Ende des offiziellen Teils" nur private Gespräche geführt würden. Bei beruflichen Tagungen sei grundsätzlich eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Belangen nicht möglich. Der Versicherungsschutz ist auch nicht durch den Alkoholkonsum entfallen.
Die Ermittlungen der Berufsgenossenschaft hätten keinen Anhaltspunkt für konkrete alkoholbedingte Ausfallerscheinungen gezeigt. Demnach sei nicht nachgewiesen, dass der Unfall auf der Hoteltreppe wesentlich auf die Alkoholisierung zurückzuführen ist, befand das Gericht.
Quelle: ntv.de, awi