Bergbauschäden Wer die Zeche zahlen muss
29.11.2007, 07:58 UhrAuf den ersten Blick ist das Haus von Familie Schraven aus Bottrop-Kirchhellen ein schmuckes Einfamilien-Heim. Doch im Keller bröckelt der Putz. Zentimeterdicke Risse durchziehen die Wände. Der Bergbau hat dafür gesorgt, dass das Haus an zwei Seiten dramatisch abgesackt ist. Die Eigentümer sind beunruhigt. "Wenn man nachguckt und sieht, dass die Risse schon wieder breiter geworden sind, fühlt man sich ziemlich hilflos", sagt Gisela Schraven.
Der Schaden geht in die Hunderttausende. Eine Stahlbetonplatte soll das Haus in Zukunft im Fundament stabilisieren. Das Geld dafür bekommen Schravens vom Betreiber der benachbarten Zeche, der Deutschen Steinkohle (DSK). Man einigte sich schnell, weil die Schuldfrage klar war und Schravens zügig reagiert haben.
Schäden schnell melden
Schnelles Handeln ist wichtig, weiß Gutachter Günter Heinz. "Wenn der Schaden aufgetreten ist, sollten sich Eigentümer sofort an den Bergbau wenden. Der Eigentümer ist beweispflichtig. Er muss der DSK aufzeigen, dass es sich bei seinem Schaden um Bergschaden handelt." Die Verjährungsfrist liegt bei drei Jahren. Wenn der Bergbau nachweisen kann, dass der Schaden länger als drei Jahre bekannt ist, kann er sich auf die Einrede der Verjährung berufen.
Die Deutsche Steinkohle erhält jedes Jahr gut 40.000 Meldungen über Bergschäden, die meisten aus Nordrhein-Westafeln. In rund 80 % der Fälle liegen die Schäden nach Angaben der DSK unter 5000 Euro. So wie bei Jörg Eickhoff aus Dinslaken. Im Keller seines hundert Jahre alten Hauses haben sich im Laufe der letzten 20 Jahre zahlreiche Risse gebildet. Schuld sind die Flöze, in denen Kohle abgebaut wird. "Immer wenn sich die Auswirkungen wieder beruhigt hatten, wurde wieder abgebaut. So waren permanent Einwirkungen an Gebäuden und Oberflächen zu erkennen."
Geduldsprobe für Hausbesitzer
Auch wenn eine Zeche schon mehrere Jahre geschlossen ist, kann es noch zu Rissen und Schieflagen kommen, weiß der Sachverständige Rüdiger Kapust von der Deutschen Steinkohle. Nachdem Hausbesitzer Eickhoff die DSK informiert hatte, fand der Gutachter im Keller das typische Schadensbild: "Es geht fast immer im Keller los, nicht im ersten Obergeschoss. Wenn nur oben etwas kaputt ist, liegen die Ursachen zu 90 Prozent woanders." Symptomatisch ist auch die Horizontal-Verschiebung, bei der das Gebäude horizontal gezogen oder in eine Richtung gepresst wird."
Die DSK hat inzwischen eine Firma beauftragt, die die Risse beseitigt. Nicht immer ist die Sache so eindeutig wie im Fall von Jörg Eickhoff. Kommt es zum Streit, müssen oft aufwendige Gutachten erstellt werden. Dabei kann es sich für Hauseigentümer lohnen, nicht nur hartnäckig zu verhandeln, sondern manchmal auch geduldig zu sein. Gerade dann, wenn der Bergbau noch aktiv ist und Risse immer wieder auftauchen. Schließlich wollen die wenigsten Hausbesitzer alle zwei Monate die Handwerker im Haus haben.
Im Haus Schravens haben die Handwerker mindestens ein Jahr lang zu tun. In dieser Zeit zieht das Ehepaar in eine Ersatzwohnung. Spätestens zur goldenen Hochzeit in zwei Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, hofft Gisela Schraven. 2018 soll der Bergbau in Deutschland auslaufen. Die Schäden werden noch länger zu besichtigen sein. Über zweieinhalb Milliarden Euro hat die DSK bis heute für die Regulierung zurückgestellt.
Quelle: ntv.de