Vom Wohnwagen bis zur Studentenbude Zweitwohnungssteuer trifft auch Geringverdiener
19.09.2013, 15:26 UhrSchon in den 70er haben die ersten Kommunen in Deutschland eine Zweitwohnungssteuer eingeführt. In den letzten Jahren sind mehr und mehr Städte und Gemeinden dem Beispiel gefolgt. War die Steuer einst für Eigentümer von Ferienhäusern gedacht, wird inzwischen fast jeder zur Kasse gebeten.

Wer aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung unterhält, kann die Steuer als Werbungskosten abziehen.
(Foto: dpa-tmn)
Ob Ferienhaus, Pendlerwohnung oder Studentenbude - wer einen zweiten Wohnsitz angemeldet hat, muss damit rechnen, dafür zur Kasse gebeten zu werden. Das gilt auch, wenn sich der Nebenwohnsitz am selben Ort befindet wie die Hauptwohnung. Mittlerweile erheben mehr als 400 Städte und Gemeinden eine Zweitwohnungssteuer. Sie dürfen per Satzung beschließen, wie hoch diese ist und ab wann sie fällig wird. Die Folge: Wer seinen Nebenwohnsitz pflichtgemäß dem Einwohnermeldeamt mitteilt, erhält meist umgehend einen Steuerbescheid.
Erfunden wurde die Zweitwohnungssteuer 1972 in der Bodensee-Gemeinde Überlingen. "Die Steuer sollte einen Ausgleich dafür schaffen, dass auswärtige Eigentümer von Ferienwohnungen unsere Infrastruktur in Anspruch nahmen, aber nicht zu deren Finanzierung beitrugen", erklärt Stadtkämmerer Peter Obser aus Überlingen. Bis heute ein beliebtes Argument der Kommunen: Während die Teilzeitbürger Straßen, Bäder und Theater nutzten, überließen sie deren Finanzierung den Einheimischen. Kritiker wenden jedoch ein, dass auch für Zweitwohnungen die Grundsteuer sowie kommunale Abgaben fällig werden.
Jede Kommune hat eigene Regeln
Unterschiedlich geregelt ist, was unter den Begriff Zweitwohnung fällt. Gemeinden wie Dresden verstehen darunter eine abgeschlossene Wohneinheit mit Küche oder Kochnische und Bad/WC im Sinne der Landesbauordnung. Andere, wie etwa Dortmund, betrachten als Wohnung bereits jeden umschlossenen Raum, der zum Schlafen benutzt wird. Das kann dann auch ein Wohnwagen sein.
Meistens wird die Zweitwohnungssteuer anhand der Jahreskaltmiete bemessen, seltener anhand von Jahresrohmiete oder Wohnfläche. Für Steuerzahler ist die erste Variante von Vorteil. Die Jahresrohmiete ist nämlich höher als die Kaltmiete, weil sie verbrauchsunabhängige Nebenkosten berücksichtigt. Bewohnt der Eigentümer Haus oder Wohnung selbst, wird die Steuer anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete ermittelt. Der Steuersatz reicht von 5 Prozent in Städten wie Berlin über 16 Prozent in Erfurt bis zu 20 Prozent im Ostseebad Kühlungsborn.
Es gibt Ausnahmen
Von der Steuer befreit sind grundsätzlich Menschen, die ein Zimmer in einem Altenheim, Pflegeheim oder einer vergleichbaren Gemeinschaftsunterkunft bewohnen. In Bayern entfällt sie obendrein für Geringverdiener mit Jahreseinkünften bis 25.000 Euro (Ehepaare und Lebenspartner: 33.000 Euro). Schließlich drücken die Städte Hannover und Pirna bei Studenten ohne Einkommen ein Auge zu. Die anderen Orte sind nicht so großzügig, hier müssen Studenten auch zahlen, wenn sie sonst zu Hause bei den Eltern wohnen und keinen Cent verdienen.
Befreit sind dagegen Berufspendler, die am Arbeitsort eine zweite Wohnung unterhalten - allerdings nur, wenn sie verheiratet sind. Von ihnen zu verlangen, den bisherigen Hauptwohnsitz aufzugeben, verstieße laut Bundesverfassungsgericht gegen den Schutz von Ehe und Familie (Az.: 1 BvR 1232/00).
"Für Alleinstehende gilt das Urteil jedoch nicht", betont Hans-Ulrich Liebern vom Bund der Steuerzahler. "Immerhin dürfen sie die gezahlte Steuer beim Finanzamt als Werbungskosten geltend machen." Es gibt aber auch einen einfachen Trick, die Steuer zu umgehen: Erhebt der bisherige Hauptwohnsitz die Steuer nicht, kann man Haupt- und Nebenwohnsitz kurzerhand tauschen.
Quelle: ntv.de, dpa