Unterhaltung

Janneke und Brix ermittelnDer Frankfurter "Tatort" im Schnellcheck

08.04.2018, 21:42 Uhr
imageVon Ingo Scheel
3-Tatort-Unter-Kriegern
Meike (Lina Beckmann) und Joachim Voss (Golo Euler) bei der Ablenkung vom täglichen Wahnsinn. (Foto: HR/Bettina Müller)

Ein Mörder in Kinderschuhen, skrupellose Anzugträger, verwirrte Pferdeflüsterinnen, dazu wird chronisch gebrüllt, geraucht, geschubst: In "Unter Kriegern" bekommen es Janneke und Brix erneut mit einem Mordfall der besonderen Art zu tun.

Das Szenario

Als man Malte Rahamni tot auffindet - der Junge ist in einem Rohr unterhalb seines Sportleistungszentrums verdurstet - fällt der Verdacht schnell auf den unwirsch agierenden Ex-Knacki Sven Brunner (Stefan Konarske), aber so einfach ist der siebente Fall für Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) beileibe nicht. Da ist Joachim Voss (Golo Euler), der selbstherrliche Chef des Sportvereins, nach außen ein Business-Macher aus dem Bilderbuch, während sich daheim seine ungleich ungelenkere Ehefrau Lina mit Süßwaren und Pferdepostern vom täglichen Wahnsinn ablenkt. Ihr Sohn Felix (Juri Winkler) eifert dem Stiefvater in allen Belangen nach: Er malträtiert seine Klassenkameradinnen, setzt Lehrer unter Druck und geht buchstäblich über Leichen.

Die eigentliche Botschaft

Je höher der Durchgeknallt-Faktor, desto geringer die Aussicht auf eine gemeinverträgliche Botschaft, außer dem unbedingten Willen, den Zuschauer jenseits allzu ausgetretener "Tatort"-Pfade zu unterhalten. Dabei ist die mörderische Mär um den fürchterlichen Felix nichts anderes als eine Studie des Bösen, eine überspitzte Horror-Fantasie, in der sich häuslicher Wahn und juveniler Irrsinn ein Stelldichein geben.

Darüber wird in der Mittagspause geredet

Ganz sicher über den kapriziösen Cast, der diesmal für Furore in Frankfurt sorgt: Golo Euler als hyper-dominanter Familienvater, dessen Welt sich in Panikattacken blau, gelb, rot färbt. Lina Beckmann als Schokolade naschendes Pferdefräulein, in dessen Innern speichelnasse Aggression und tumbe Hilflosigkeit einen hoffnungslosen Kampf ausfechten, Marek Harloff als ungelenker Psychologie-Nikotineur und natürlich Juri Winkler, gegen den Damien Thorn, der Satansbengel aus "Das Omen" so harmlos wirkt wie einer von den "Fünf Freunden".

Der Plausibilitätsfaktor

In den einzelnen Mosaiksteinen mag Plausibles stecken: Yuppies (sagt man das noch?) zwischen Psychoterror und Panikattacke, der Pferdehof als Parallel-Realität, hysterische Helikoptereltern und durchtriebene Dreikäsehochs - als Potpourri jedoch taugt "Unter Kriegern" weniger zur realistischen Charakterstudie als vielmehr zum brachialen Entertainment zwischen Wahn und Wirklichkeit.

Die Bewertung

9 von 10 Punkten. Skrupellos dick aufgetragene Geschichte, konsequent in ihrer Überdrehtheit, superb besetzt und irritierend bis zum offenen Ende.

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