"Tatort" mit Janneke und BrixEin Satansbraten

Nach dem Haunted-House-Horror geht es auch im neuen Frankfurter "Tatort" wieder gruselig zu. Diesmal werden Erinnerungen an Damien aus "Das Omen" wach. Dabei ist der kleine Felix auch ohne "666" unterm Scheitel ein furchteinflößender Knirps.
Es ist der siebte gemeinsame Fall von Anna Janneke (Margarita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) und dass es diesmal wesentlich konventioneller zugeht als zuletzt, kann man nicht eben behaupten. Wir erinnern uns: "Fürchte dich" geriet im Vorjahr zur kontrovers diskutierten Zitatschlacht um ein verfluchtes Haus samt Besuch aus der Zwischenwelt, in Stimmen redenden Wiedergängern, furiosen Flashbacks, Effekt-Feuerwerk und einem Dutzend Griffe in den Filmfundus. "Unter Kriegern" nun scheint auf dem Papier zunächst das konventionellere Krimi-Entertainment zu sein.
Im Keller eines Sportleistungszentrums wird die Leiche eines Jungen gefunden. Der kleine Malte wurde in einem mannshohen Rohr eingesperrt und ist dort jämmerlich verdurstet. Mit dem Hausmeister des Vereins präsentiert sich sogleich ein Verdächtiger wie aus dem Bilderbuch: Sven Brunner (Stefan Konarske) ist nicht nur ein Ex-Knacki, der im Psycho-Workshop beim nicht minder merkwürdigen Kristof Waldner (Marek Harloff) versucht, seiner Aggressionen Herr zu werden. Der latent aufbrausende Schrat wurde auch immer wieder mal außerhalb des Zentrums an Maltes Seite gesichtet.
Der Mann an der Spitze des Sportvereins wirkt auf den ersten Blick zwar um einiges aufgeräumter als Brunner, hat aber auch diverse falsch verlötete Schaltstellen im Oberstübchen: Joachim Voss (Golo Euler), drahtig und gut frisiert, regiert sein Umfeld mit fester Hand. Seine Untergebenen faltet er ebenso passioniert zusammen wie Ehefrau Meike (Lina Beckmann), und was das Verhältnis zu Stiefsohn Felix (Juri Winkler) angeht, entpuppt sich das als psychotischer Männerbund zwischen Dominanz und diabolischer Durchtriebenheit.
Zwischen "Wendy " und Wahnsinn
Mit Hermine Huntgeburth (Regie) und Lebensgefährte Volker Einrauch (Buch) sitzt ein eingespieltes Team an den Kreativhebeln. Auch die Zusammenarbeit mit den Soundtrackern Biber Gullatz/Andreas Schäfer und Kameramann Sebastian Edschmid hat bereits eine lange gemeinsame Geschichte. Diesem gut funktionierenden Apparat ist es zu verdanken, dass "Unter Kriegern" jenes Kunststück gelingt, das zuletzt etwa die vieldiskutierten Filme von Giorgios Lanthimos oder Lynne Ramsay auszeichnete. Wie Lanthimos’ "The Killing Of A Sacred Deer" oder die verstörende Amokläufer-Studie "We Need To Talk About Kevin" der Schottin Ramsay wagen auch Huntgeburth/Einrauch ein Experiment: Einen relativ konventionell gelagerten Fall überhöhen sie an surreal angelegten Schauplätzen zu einer gewalttätigen Groteske, bevölkert von einem Personal, das den Zucker schaufelweise an willfährige Affen austeilt und bei der erlösendes Lachen und überbordender Gräuel ganz eng beieinander liegen.
Das Personal hievt diesen theoretischen Kniff gekonnt und voll praller Lust am Spiel auf eine unterhaltsame Real-Ebene: Lina Beckmann glänzt großäugig als heulende Horse-Huggerin zwischen "Wendy" und Wahnsinn, Golo Euler mäandert lustvoll auf den Spuren von J.R. und Gordon Gecko. Juri Winkler, der bereits in den "Rico & Oskar"-Filmen sein Talent unter Beweis stellte, manipuliert den Zuschauer mit seiner Darstellung des durchtriebenen Dreikäsehochs Felix äußerst gekonnt.
Für einen authentischen Fall zu überdreht, für eine Fantasy-Schimäre zu dicht an der Wirklichkeit, ist "Unter Kriegern" vor allem eins - ein ungewöhnliches Sonntagabend-Vergnügen, konsequent in seiner Irritation, manisch überdreht und erstklassig besetzt.