Unterhaltung

Verbuddeltes Violinkonzert Ist Erland Cooper genial oder verrückt?

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Ließ die Natur an seinem Werk mitschreiben: Erland Cooper.

Ließ die Natur an seinem Werk mitschreiben: Erland Cooper.

(Foto: Samuel Davies)

Ist das Kunst oder kann das weg? Klar ist jedenfalls, dass der Schotte Erland Cooper für einiges Aufsehen sorgt, als er das Mastertape eines Violinkonzerts erst einmal irgendwo im Nirgendwo vergräbt. Drei Jahre später wird es gefunden - und nun im Einklang mit der Natur veröffentlicht.

Erland Copper ist musikalisch kein ganz unbeschriebenes Blatt. So war der 1984 geborene Schotte bereits Teil von Rock-Formationen wie Erland and the Carnival oder The Magnetic North, ehe er sich ab 2018 als Solokünstler auf experimentelleres Terrain zwischen Klassik und elektronischen Sound-Spielereien wagte. Mittlerweile gilt er in Großbritannien als Hoffnungsträger einer neuen Komponisten-Generation.

Dafür spricht auch, dass ihm sein altehrwürdiges Plattenlabel Decca Records eine auf den ersten Blick ziemlich verrückte Eskapade durchgehen ließ. Rund drei Jahre ist es her, dass Cooper sein erstes rein klassisches Werk für Solovioline und Streichensemble vollendete. Doch anstatt es zu veröffentlichen, kam er auf eine Idee zwischen Genie und Wahnsinn. Cooper löschte sämtliche digitalen Aufzeichnungen seiner Komposition. Übrig blieben nur ein analoges Magnetband mit der Musik und die zugehörigen Notenblätter. Beides vergrub der Komponist irgendwo im Nirgendwo in der Nähe seines Elternhaus auf den Orkney-Inseln vor der Nordküste Schottlands. Zudem vertraute er Kopien der Partitur drei Verwaltern an, darunter kein Geringerer als der Britpop-Vordenker Paul Weller.

Die "Times" brachte das Geschehen ziemlich treffend auf den Punkt: "In einem Akt, der entweder bewundernswert oder verrückt ist, hat Decca Records Cooper für ein Album unter Vertrag genommen, auf dessen Veröffentlichung es drei Jahre warten muss." Für das Label selbst erklärte wiederum Co-Präsident Tom Lewis, weshalb man sich darauf eingelassen hat: "Ich glaube, die Musikindustrie schreit lauter denn je nach echten Originalen." Genau das sei Cooper für ihn. Gleichwohl räumte Lewis ein: "Das Risiko bestand darin, für eine Aufnahme zu bezahlen, die digital gelöscht wurde, die auf Band war und von dem, was auch immer im Boden ist, aufgefressen wurde."

"Eine Meditation über Zeit, Geduld, Wert und Kunst"

Und was sollte das Ganze überhaupt? Cooper erklärte den Sinn und Zweck seiner Aktion so: "Ich schreibe Musik, die von der Natur inspiriert ist. Insbesondere die Vögel am Himmel und der Boden und die Landschaft der Orkney-Inseln. Die Idee hinter diesem Projekt ist also, dass ich meinen Prozess eigentlich nur mit der Natur teile. Es ist eine Meditation über Zeit, Geduld, Wert und Kunst selbst."

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So hatte die Natur drei Jahre Zeit, an dem Magnetband zu nagen, auf dass es nicht zerstört werde, sondern zu etwas Neuem heranwachse. Dass es irgendwann wieder ausgegraben werden sollte, stand schließlich ebenfalls von Anfang an fest. So hatte Cooper regelmäßig Hinweise auf den Verbleib der Aufnahme veröffentlicht und damit eine regelrechte Goldgräberstimmung ausgelöst. Diejenigen, die das "Mysterium, das Musikfans quälte", wie der "Daily Telegraph" schrieb, schließlich entschlüsselten, waren zwei Orkney-Bewohner. Sie hatten einen ganzen Urlaub auf die Suche nach dem Tape verwendet - und wurden schließlich fündig.

Nachdem das Band getrocknet war, wurde offenbar, dass die Musik darauf tatsächlich erhalten geblieben ist, vom Erdboden jedoch verändert und "mitkomponiert" wurde. Erst jetzt ist es für Cooper auch an der Zeit, das Ergebnis mit der Öffentlichkeit zu teilen - auf dem Album "Carve the Runes Then Be Content With Silence", das nun erschienen ist. Während sich manch einer die berühmt-berüchtigte Frage "Ist das Kunst oder kann das weg?" stellen dürfte, jubelt in Großbritannien so mancher Kultur-Connaisseur vor Begeisterung. Dabei soll auch die Natur für ihre Mitarbeit an Coopers Werk entlohnt werden - einen Teil der Einnahmen an seinem Werk spendet er der Klimaschutz-Organisation EarthPercent. Über den künstlerischen Wert des Ganzen darf nun das Publikum entscheiden.

Quelle: ntv.de, vpr

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