Der Mittelerde-Erfinder wäre 125 "Tolkien ist ein Monster geworden"
03.01.2017, 07:22 Uhr
Vor 125 Jahren geboren: Tolkien, der Erfinder von Mittelerde, Autor von "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe".
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Früh wurde seine Liebe zu Sprachen geweckt. Sie bildeten die Grundlage der Fantasy-Welt von J.R.R. Tolkien, der vor 125 Jahren geboren wurde. Heute kennt fast jeder seine Bücher - und die Verfilmungen. Ausgerechnet seine Familie hadert mit dem Ruhm.
Alles begann, als der Philologie-Professor John Ronald Reuel Tolkien in Oxford eines Tages Prüfungsunterlagen korrigierte und auf der langweiligsten Arbeit notierte: "In einer Höhle in der Erde, da lebte ein Hobbit ..."
Der Hobbit Bilbo Beutlin bestand im gleichnamigen Buch dramatische Abenteuer mit Trollen und einem Drachen, ehe er den Schatz des Zwergenkönigs befreien konnte. "Wenn Sie nicht wollen, dass man sich über Sie lustig macht", riet Tolkien Journalisten, "sagen Sie, dass Sie für Kinder schreiben".
Vor 125 Jahren, am 3. Januar 1892, wurde Tolkien geboren. Seine Eltern lebten damals in Südafrika. Als Tolkiens Vater starb, kehrte seine Mutter mit ihren beiden Söhnen nach England zurück. Ein Glücksfall: Die Landschaft rund um Birmingham prägte seine Vision von der mythischen Welt Mittelerde.
Seine Mutter brachte Tolkien Latein, Französisch und Deutsch bei - der Beginn einer lebenslangen Begeisterung für Sprachen. Er war ein Sprachgenie, lernte Babylonisch, Finnisch, Altnordisch und rekonstruierte ausgestorbene Dialekte wie mittelalterliches Walisisch. Mit 12 verlor er jedoch seine Mutter. So war es vielleicht kein Wunder, dass er schon als Jugendlicher anfing, Elbisch, Zwergisch und die Schwarze Sprache der Orks zu erfinden. In einem seiner Briefe schrieb er: "Die Geschichten wurden eher produziert, um eine Welt für die Sprachen zu schaffen, als umgekehrt. Für mich kommen Namen zuerst, und die Geschichte folgt."
Schreiben in der Badewanne
Tolkien war sanft, blauäugig, leicht pedantisch. Der Naturfreund bevorzugte Tweed, rauchte Pfeife und fuhr ein altes Fahrrad, bis er sich von seinen Buch-Tantiemen ein Auto leisten konnte. Noch während des Ersten Weltkriegs fing er an, "Das Silmarillion" zu schreiben, die Schöpfungsgeschichte von Mittelerde, die allerdings erst einige Jahre nach seinem Tod veröffentlicht werden sollte. Die Totensümpfe, die Frodo Beutlin in "Der Herr der Ringe" auf dem Weg nach Mordor durchquerte, und das Schwarze Tor von Mordor erinnern an Nordfrankreich nach der brutalen Schlacht an der Somme, bekannte Tolkien später. Eine Reise nach Interlaken inspirierte Bilbos Wegs durchs Elbenland.

Tolkien mochte die gemütlichen Hobbits besonders - er selbst rauchte Pfeife, wie viele der kleinen Helden.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
"Der Hobbit" kam 1937 heraus (auf Deutsch aber erst 20 Jahre später). Der Verlag war begeistert und bat ihn, eine Fortsetzung zu schreiben. Tolkien brauchte für den Fantasy-Schinken "Der Herr der Ringe" 14 Jahre, denn eigentlich war das Schreiben nur ein Hobby. Er behauptete daher, er nutze das Buch lediglich als eine Übung in "linguistischer Ästhetik", mit der er seine Theorie über Märchen illustrieren wollte.
Er schrieb überall, auch in der Badewanne, wo er schließlich ein Ende für das berühmte Gedicht "Einen Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden..." fand: "Ich erinnere mich, wie ich den Schwamm aus dem Bad kickte, als ich zur letzten Zeile kam, und alles wusste, und heraussprang." In den 60er Jahren wurde er zum Kultautor - entweder man liebte ihn oder verging vor Langeweile. Die Verfilmungen seiner Bücher ab 2001 machten ihn erneut weltweit bekannt - und wurden zum riesigen Erfolg. Seine Bücher verkauften sich inzwischen mehr als 250 Millionen Mal, in der Forbes-Liste der bestverdienenden toten Autoren steht er an fünfter Stelle.
"Ästhetische und philosophische Wirkung reduziert"
J.R.R. Tolkien starb 1973. Seine Familie konnte sich mit dem Erfolg lange nicht anfreunden: "Tolkien ist ein Monster geworden, das von seiner eigenen Popularität verschlungen wird", urteilte sein Sohn Christopher in der französischen Zeitung "Le Monde" fast 40 Jahre nach dem Tod des Vaters. "Die Kommerzialisierung hat die ästhetische und philosophische Wirkung der Schöpfung auf ein Nichts reduziert."
Umso erstaunlicher, dass seine Familie ihr Einverständnis für einen weiteren Film gegeben hat: Warner Brothers wird Tolkiens Lebensgeschichte unter dem Titel "Middle Earth" verfilmen. Der britische Filmemacher James Strong ("Broadchurch", "Doctor Who") wird Regie führen. Peter Jackson, der schon die Trilogien "Der Herr der Ringe" und "Der Hobbit" erfolgreich inszenierte, wird ebenfalls beteiligt sein.
Im Mai wird zudem ein neues Buch von Tolkien herauskommen, "Beren and Lúthien", die Liebesgeschichte zwischen einem Sterblichen und einer unsterblichen Elfe - hundert Jahre, nachdem sie geschrieben wurde. Beide Namen sind auf dem gemeinsamen Grabstein von Tolkien und seiner Frau Edith eingraviert - sie waren über 50 Jahre miteinander verheiratet. Kurz nach ihrem Tod schrieb J.R.R. Tolkien in einem Brief: "Ich habe Edith niemals Lúthien genannt - aber sie war der Ursprung der Geschichte."
Quelle: ntv.de, Uli Hesse, dpa