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Postversand, Tempo 30, Cannabis Das hat der Bundesrat beschlossen - und abgelehnt

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Über den Bundesrat wirken die Länder an der deutschen Gesetzgebung mit.

Über den Bundesrat wirken die Länder an der deutschen Gesetzgebung mit.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der Bundesrat winkt kurz vor dem Wochenende mehrere Gesetzesvorhaben von Bundesregierung und Bundestag durch. Das Bafög steigt, die Cannabis-Grenzwerte im Straßenverkehr auch. Zudem wird die Deutsche Post entlastet. Kommunen erhalten mehr Macht bei der Einrichtung von Tempo-30-Zonen. Beim neuen Düngegesetz bleiben die Länder dagegen hart, sie verweigern ihre Zustimmung. Bei der Organspende wagen sie einen neuen Anlauf für die Widerspruchslösung.

Bundesrat billigt Bafög-Reform

Der Bundesrat hat die Bafög-Reform gebilligt. Junge Menschen aus einkommensschwachen Familien erhalten damit künftig eine staatliche Studienstarthilfe in Höhe von 1000 Euro. Dieser soll einmalig an Studierende unter 25 Jahren aus Haushalten mit Bürgergeld gehen und etwa den Kauf eines Laptops ermöglichen.

Zudem steigen die Bafög-Sätze. Der monatliche Grundbedarf wird von 452 auf 475 Euro erhöht, der Höchstsatz von 934 auf 992 Euro. Weitere Erhöhungen sieht die Reform beim Wohnkostenzuschuss und den Elternfreibeträgen vor. Der Wohnkostenzuschuss soll um 20 Euro auf 380 Euro steigen, der Elternfreibetrag um 0,25 Punkte auf 5,25 Prozent. Erleichterungen gibt es auch beim Wechsel der Studienfachrichtung.

Reform des Postgesetzes beschlossen

Auch die Reform des veralteten Postgesetzes ist beschlossene Sache. Der Bundesrat stimmte für die erste umfassende Novelle des Gesetzes seit 1997. Damals waren Briefe viel wichtiger als im heutigen Digitalzeitalter, in dem die Menschen in der Alltagskommunikation auf Mails und Chats setzen.

Dieser veränderten Nachfrage passt sich das Gesetz an. Es sieht vor, dass die Deutsche Post künftig deutlich weniger Zeitdruck hat für die Beförderung von Briefen. Bislang müssen 80 Prozent der heute eingeworfenen Sendungen am nächsten Werktag beim Empfänger sein, diese Vorgabe fällt weg. Stattdessen greift erst am dritten Werktag nach Einwurf ein Pflichtwert, dann müssen 95 Prozent angekommen sein und am vierten Werktag 99 Prozent. Der Bundestag hatte der Reform bereits im Juni zugestimmt.

Neue Cannabis-Grenzwerte

Im Straßenverkehr gilt künftig ein neuer Cannabis-Grenzwert: Der Bundesrat billigte, dass 3,5 Nanogramm des berauschenden Wirkstoffs THC pro Milliliter im Blutserum erlaubt sind. Bislang ist das Führen eines Kraftfahrzeugs unter Drogeneinfluss generell verboten. Gerichte hatten aber zuletzt eine Schwelle von einem Nanogramm THC pro Milliliter Blut festgelegt.

Bei erstmaliger Überschreitung des neuen Grenzwerts droht eine Strafzahlung von 500 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot. Zudem gilt ein Alkoholverbot für Cannabis-Konsumenten.

Mehr Spielraum für Tempo-30-Zonen und Busspuren

Busspuren, Fahrradwege und Tempo-30-Zonen sollen künftig vor Ort leichter eingerichtet werden können. Der Bundesrat stimmte einer Verordnung der Bundesregierung zu, die Städten und Gemeinden mehr Spielräume dafür gibt. Auch Bewohnerparkzonen sollen nicht erst als Reaktion auf einen erheblichen "Parkdruck" in einem Viertel entstehen können. Zum Schutz vor Auffahrunfällen soll es für Lastwagen künftig verboten sein, bei Geschwindigkeiten von mehr als 30 Kilometern pro Stunde Notbremsassistenten abzuschalten.

Die Neuregelungen sollen nach Plänen des Bundesverkehrsministeriums den Rahmen für Entscheidungen vor Ort erweitern, für die bestimmte Voraussetzungen bestehen. Verbessert werden soll damit auch das Miteinander von Autos, Bussen und Bahnen, Radlern und Fußgängern.

Düngemittelgesetz scheitert

Das neue Düngegesetz ist dagegen vorerst am Widerstand der Länder gescheitert. Der Bundesrat verweigerte der Gesetzesänderung die Zustimmung. Mehrere Länderchefs hatten zuvor bekräftigt, durch die neuen Regeln entstehe unnötige Bürokratie, die der Umwelt nicht helfe.

Mit den neuen Düngeregeln soll EU-Recht umgesetzt werden, es geht um mehr Transparenz bei der Düngepraxis und letztlich eine Senkung der zu hohen Nitratwerte im Grundwasser. Besonders in Gegenden mit viel Tierhaltung oder viel Gemüseanbau ist das Grundwasser häufig stark belastet. In diesen sogenannten "Roten Gebieten" müssen alle landwirtschaftlichen Betriebe zusätzlich bestimmte Bedingungen einhalten und weniger düngen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir kritisierte die Ablehnung. Dadurch "bleibt der Weg zu mehr Verursachergerechtigkeit weiter verbaut", erklärte er. "Das kann man machen, aber dann sollte man auch ehrlich sein und der Landwirtschaft sagen, dass man kein Verursacherprinzip will." Wie es weitergeht, ist unklar.

Neue Organspenden-Initiative

Neuer Anlauf für mehr Organspenden: Eine Mehrheit der Länder hat beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Einführung der sogenannten Widerspruchslösung beim Bundestag einzubringen. Die Widerspruchslösung sei aufgrund geringer Transplantationszahlen "zwingend erforderlich", sagte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha von den Grünen. Diese sei "keine Zwangsverpflichtung - jede und jeder ist frei zu sagen, ich spende meine Organe nicht".

Das Recht des Einzelnen, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden, bleibt in dem Ländervorschlag ausdrücklich unangetastet. Die Widerspruchslösung sähe aber vor, dass grundsätzlich jeder Mensch als Organspender gilt, wenn er nicht zu Lebzeiten einen Widerspruch geäußert hat. Der Widerspruch kann im Organspende-Register, einem Organspendeausweis, einer Patientenverfügung oder auf andere Art und Weise festgehalten werden.

Die Länder begründeten ihre Initiative mit der geringen Zahl an Organspenderinnen und -spendern: Diese stagniere seit über zehn Jahren auf niedrigem Niveau, heißt es in dem Entwurf. Im vergangenen Jahr hätten 8385 Betroffene auf ein Organ gewartet, gespendet worden seien jedoch nur 2877 Organe von 965 Menschen. Der Bundestag hatte bereits 2020 über eine Widerspruchslösung abgestimmt, damals gab es keine Mehrheit dafür.

Quelle: ntv.de, chr/dpa/AFP

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