Politik

Miosga-Talk mit Söder "Das war eine fürchterliche Woche für Deutschland"

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Markus Söder machte in der Sendung von Caren Miosga deutlich: Von den Grünen hält er nicht besonders viel.

Markus Söder machte in der Sendung von Caren Miosga deutlich: Von den Grünen hält er nicht besonders viel.

(Foto: ARD/ Thomas Ernst)

Die politischen Herausforderungen sind immens, doch die Regierung ist zerstritten und auch aus der Union ist wenig Versöhnliches zu hören. Im Gespräch mit Caren Miosga bringt CSU-Chef Markus Söder kaum etwas Positives über die besonders verhasst erscheinenden Grünen über die Lippen. An anderer Stelle menschelt es stark.

Mehrmals muss Caren Miosga nachfragen. "Könnten Sie auch dezidiert mal sagen, ich möchte nicht, dass die Grünen-Veranstaltungen von Randalierern und Protestierern gestört werden?", fragt sie schließlich. Natürlich wolle er das nicht, entgegnet Markus Söder. "Das möchte ich auf keinen Fall." Um unmittelbar danach zu wiederholen, dass sich schließlich die Grünen überlegen müssten, welchen Anteil ihre Politik an den Protesten gegen sie habe.

Es ist Sonntagabend und Caren Miosga hat den CSU-Chef und bayerischen Ministerpräsidenten geladen, um mit ihm vorrangig über eine Partei zu sprechen, auf die er in letzter Zeit gar nicht gut zu sprechen ist. Als es darum geht, dass besonders grüne Politikerinnen und Politiker jüngst Ziele von Angriffen waren, kommt Söder kaum ein empathisches Wort über die Lippen. Was die Moderatorin zu der Bemerkung verleitet, der Bayer werde wohl eher Veganer, als mit den Grünen gemeinsame Sache zu machen.

Er sei einfach sehr enttäuscht von den Grünen, sagt Söder und nennt den Ausstieg aus der Kernenergie und das "unglückliche" Heizungsgesetz als Beispiele. Eine Regierung mit der Partei kann er sich nach eigenem Bekunden nicht vorstellen. Anders als Friedrich Merz, dem Chef der CDU. Dem attestiert Söder kurzerhand eine "spontane Verliebtheit", die er so nicht nachvollziehen könne.

Die verhassten Grünen

Auch die in der Talkrunde anwesende "Zeit"-Journalistin Mariam Lau sieht in den besagten Beispielen Fehler der Grünen. Aber sie hinterfragt sogleich, ob das rechtfertige, dass die Grünen scheinbar keine Veranstaltungen mehr störungsfrei abhalten könnten. Nötigung, egal von wem ausgeübt, gehe nicht. Da müsse der Staat für Schutz sorgen. Dem stimmt auch Söder zu, um sogleich an die Grünen zu appellieren, ihre Politik mehr zu hinterfragen. "Wenn irgendjemand vor Zerknirschung nicht mehr geradeaus laufen kann, sind es ja wohl die Grünen", entfährt es Lau.

Sie wundere sich mitunter über die Wahrnehmung der Partei in der Union, sagt die Journalistin. Sie seien nicht die "arroganten Volkserzieher", sondern zeigten in Wirklichkeit, etwa bei der Bezahlkarte für Asylbewerber oder vor allem bei scharfen Waffen für die Ukraine, Ähnlichkeiten zur Politik der Union. "Die Grünen werden für eine Politik gehasst, die sie sich seit Jahren nicht mehr zu machen trauen."

Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben von Miosga 2800 Übergriffe auf Politikerinnen und Politiker, 1200 davon entfielen auf Mitglieder der Grünen. Politikwissenschaftlerin Julia Reuschenbach, die ebenfalls zu Gast ist, findet es nicht überraschend, dass die Partei derzeit im Fokus steht. Die Themen, die stark polarisierten, seien insbesondere von ihr besetzt: Klimaschutz, Energie, Mobilität, Wohnen, Ernährung und Landwirtschaft. Sogenannte Polarisierungsunternehmer, die auf Hass, Angst und Wut setzen, hätten die Grünen als Feindbild identifiziert. Wenn bürgerliche, konservative Politiker in diesen Kanon einstimmten, werde Gewalt normalisiert und legitimiert. "Man redet so eine Art Notwehrsituation herbei", ergänzt Lau.

Der politische Aschermittwoch

Söder findet diese Analyse nach eigenem Bekunden überzogen und berichtet, dass die Grünen auch mit ihm wiederum nicht zimperlich umgingen. An dieser Stelle blendet Miosga die Aussagen des CSU-Chefs am diesjährigen politischen Aschermittwoch ein. Bei seiner Rede hatte er ins Publikum gefragt, was seinen Hund Molly von Kevin Kühnert und Ricarda Lang unterscheide. Sein Hund habe eine abgeschlossene Ausbildung - als Schutzhund.

"Schon mal überlegt, einen neuen Gagschreiber zu engagieren?", fragt Miosga. Er habe das sehr liebevoll gemeint, schließlich liebe er seinen Hund sehr, sagt Söder ernsthaft. Um dann mit dieser Aussage für Gelächter im Studio zu sorgen: Grünen-Chef Omid Nouripour habe ihn zur gleichen Zeit als Problembär bezeichnet. Das wäre viel schlimmer, denn Bären würden schließlich Menschen umbringen und würden dafür etwa in Italien erschossen.

Zu einer halbherzigen Entschuldigung sieht sich Söder schließlich bemüßigt, als die Moderatorin auf seinen Vergleich von Umweltministerin Steffi Lemke mit Margot Honecker zu sprechen kommt. "Im Nachhinein habe ich gemerkt, dass sie das anscheinend verletzt hat, dann tut mir das leid." Ob er auch falsch findet, was er da von sich gegeben hat, bleibt sein Geheimnis.

Das blockierte Gesetz

Der politische Aschermittwoch sei indes nicht das Problem, "sondern dass wir ständig politischen Aschermittwoch haben", sagt Wissenschaftlerin Reuschenbach. Ständig würde es zu ideologischen, wechselseitigen Grabenkämpfen und Schuldzuweisungen kommen. Das Vertrauen der Menschen in die Problemlösungsfähigkeit der Politik nehme immer weiter ab.

Dass die Union das Wachstumschancengesetz der Ampel wegen des Agrardiesels blockiert, stößt bei den Frauen in der Runde auf wenig Verständnis. Doch Söder bleibt dabei, spricht von einer "einzigen Enttäuschung" und sieht die Regierung in der Bringschuld. Es brauche grundlegende Veränderungen zugunsten der schwächelnden Wirtschaft. Je nachdem, welche Vorschläge die Koalition zur Landwirtschaft künftig unterbreite, sei eine Zustimmung zu dem Gesetz aber noch möglich.

"Ich glaube, es muss vor allen Dingen jetzt mal ums Tun gehen. Also darum, dass man wirklich den Eindruck hat, es gibt ein Ziel und es gibt die Verlässlichkeit (…), dass Probleme, die da sind, auch gelöst werden", sagt Julia Reuschenbach. Das betreffe alle politischen Akteure. Für die Wählerinnen und Wähler müsse ersichtlich sein, dass Kompromisse und wochenlange Verhandlungen auch zu etwas führen.

Das zerdepperte Porzellan

Wie geht Politik in ernsten Zeiten, Herr Söder? Diese Frage steht über der Sendung. In der ersten Hälfte des Talks hat der bayerische Regierungschef die Möglichkeit, im Zwiegespräch mit Moderatorin Miosga diese Frage, wenn auch indirekt, zu beantworten. Zeigt er gegenüber den Grünen im Verlauf der Sendung wenig Menschlichkeit, menschelt es anderer Stelle. Es sei notwendig, "in diesen schweren und zum Teil tristen Zeiten" Optimismus zu haben - mit Schwung und einem "kleinen Schuss Humor".

Das versucht Söder auch in den sozialen Netzwerken. Dort kann man beobachten, wie er allerhand Fleischgerichte genießt und sich auf einer Schwedenreise zu den Klängen von ABBA bewegt. Zuletzt ist er auch mit schwarzer Sonnenbrille in einem Flieger der Luftwaffe zu sehen. Miosga nimmt das zum Anlass, ihn über den Taurus-Abhörskandal zu befragen. "Das war, unter uns gesagt, eine fürchterliche Woche für Deutschland", sagt Söder. Am Montag sei der Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland (Stichwort Bodentruppen in der Ukraine) auf offener Bühne ausgetragen worden. Dann das geleakte Telefonat. Es sei eine Menge "Freundschaftsporzellan zerdeppert" worden.

Kurz darauf nimmt er aber immerhin den Kanzler in Schutz. Hat Olaf Scholz falsche Informationen zum Taurus in die Öffentlichkeit getragen? "Ich habe ihn nicht kennengelernt als Lügner, wenn man das so sagen darf. Oder als Hasardeur." Dessen Ukraine-Strategie sei ihm aber nicht klar. Söder bezeichnet es als "empörend", dass Deutschland in der Situation, in der sich die Ukraine derzeit befinde, Taurus nicht liefere. Der Krieg drohe, verloren zu gehen.

Würde er als Kanzler anders entscheiden? Vermutlich schon, Söder berichtet nämlich, dass er keinen Zweifel daran hat, dass die Ukraine sich an die Vorgaben der Waffenlieferanten halte und er einen Angriff auf Moskau mit einem aus der Ukraine abgefeuerten Taurus für eine unbegründete Angst hält.

Die fehlenden Eltern

Wird er denn nun selbst Kanzler oder lässt er Friedrich Merz den Vortritt? So richtig überzeugend ist seine Ablehnung des Spitzenamtes nicht. Doch zeigt sich Söder glaubhaft abgeneigt von einer Wiederholung des Machtkampfes, den er 2021 mit Armin Laschet austrug - und verlor. Was habe er daraus gelernt, will Miosga wissen. "Dass die CDU einfach keinen Bayern als Bundeskanzler will", sagt er unverblümt.

Er hätte in der damaligen Situation sicher auch einen Rat seiner Eltern gut gebrauchen können, doch diese starben, als der CSU-Politiker noch jung war (mit 27 Jahren verlor er seine Mutter, mit 35 seinen Vater). Das habe ihn ziemlich getroffen, sagt Söder. Er habe den Verlust lange nicht verarbeiten können. Vor allem während der Corona-Pandemie habe er vermisst, die beiden um eine Einschätzung fragen zu können.

Die einzige Person, mit der er sich damals eng beraten habe: "Das war Angela Merkel." Meist am Abend, wenn er allein im Büro saß und Frust-SMS über die schlimme Situation herausschickte, seien von der damaligen Kanzlerin Nachrichten in "Konfuzius"-Manier gekommen. Unter dem Motto: Bleib ruhig, das Leben bietet noch Hoffnung. Das sieht Söder heute vermutlich ganz genau so.

Quelle: ntv.de

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