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Auftakt zu den US-Vorwahlen Der Iowa Caucus ist auch nicht mehr, was er mal war

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Ein Caucus hat immer etwas von einem lokalen Happening. Hier eine Versammlung von Demokraten vor vier Jahren in Des Moines, Iowa. Der Biden-Anhänger vorn war in diesem Stimmbezirk damals unterhalb
der Zählbarkeitsschwelle - im Laufe des Abends wechselte er deshalb zu einem anderen Kandidaten. Die Gruppe hinten unterstützte Senator Bernie Sanders.

Ein Caucus hat immer etwas von einem lokalen Happening. Hier eine Versammlung von Demokraten vor vier Jahren in Des Moines, Iowa. Der Biden-Anhänger vorn war in diesem Stimmbezirk damals unterhalb der Zählbarkeitsschwelle - im Laufe des Abends wechselte er deshalb zu einem anderen Kandidaten. Die Gruppe hinten unterstützte Senator Bernie Sanders.

(Foto: imago images/ZUMA Press)

An diesem Montag versammeln sich Wähler in Iowa in Turnhallen, Gemeindezentren und Wohnzimmern, um zu entscheiden, wer im November für ihre Partei bei der Präsidentschaftswahl antritt. Das ist seit 1972 so, in diesem Jahr aber etwas anders.

Alle vier Jahre blickt die Welt auf einen US-Bundesstaat, in dem nur drei Millionen Menschen leben und der vor allem ländlich geprägt ist: Iowa. Traditionell ist der Staat im Herzen des "Maisgürtels" der USA erster Ausrichter der Vorwahlen, in denen Republikaner und Demokraten ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen bestimmen.

In diesem Jahr gilt das nur eingeschränkt: Schon im vergangenen Oktober haben die Demokraten Iowa den seit 1972 bestehenden "First in the Nation"-Status aberkannt. Ihre Vorwahl in dem Bundesstaat läuft zwar bereits, aber die Ergebnisse veröffentlichen die Demokraten erst am 5. März, dem diesjährigen "Super Tuesday" - so werden in den Vorwahlen in den USA jene Dienstage genannt, an denen in mehreren Bundesstaaten gewählt wird.

Auch mit Blick auf die Organisationsform hat die Vorwahl in Iowa an Bedeutung eingebüßt. Seit den 1970er-Jahren wählen Republikaner und Demokraten ihre jeweiligen Präsidentschaftsbewerber hier nicht mit einer einfachen Stimmabgabe, sondern auf zahlreichen kleinen Versammlungen, sogenannten Caucuses. Die Teilnehmer treffen sich in den mehr als 1600 Wahlbezirken des Bundesstaats - in Bibliotheken, Turnhallen, Gemeindezentren oder auch mal in einem privaten Wohnzimmer. Dort erklären die Wahlberechtigten, welchen Bewerber sie unterstützen. Nach einer ersten Runde haben die Anwesenden die Möglichkeit, sich neu zu gruppieren, wenn sie sehen, dass ihr Favorit kaum Stimmen erhalten hat.

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Die Demokraten machen alles anders

In diesem Jahr haben die Demokraten das Caucus-System in Iowa komplett verwässert. Es wird zwar weiterhin Versammlungen geben, aber nur, um andere Parteigeschäfte zu erledigen, die mit der Auswahl eines Präsidentschaftskandidaten nichts zu tun haben.

Die demokratische Vorwahl in Iowa läuft schon seit dem 12. Januar als Briefwahl, was den demokratischen Wählern angesichts der aktuell klirrenden Kälte in Iowa vermutlich entgegenkommt. Ursprünglich wollte die Führung der Demokraten South Carolina zum ersten Vorwahltermin machen. Gescheitert ist das Vorhaben nicht am Widerstand aus Iowa, sondern an New Hampshire: Der Bundesstaat an der Ostküste hat gesetzlich festgelegt, dass hier die erste landesweite Vorwahl nach dem Modell der Primaries stattfinden muss - also als normale Wahl mit einfacher Stimmabgabe.

Caucus hier, Primary dort - das klingt kompliziert und ist es auch. Wie fast alles rund um die Präsidentschaftswahlen in den USA variiert die Organisation der Vorwahlen von Bundesstaat zu Bundesstaat. Vereinzelt gibt es welche, in denen Republikaner und Demokraten unterschiedliche Systeme anwenden: In Utah etwa veranstalten die Demokraten eine Primary, die Republikaner dagegen Caucuses. In manchen Bundesstaaten basieren die Vorwahlen (wie in New Hampshire) auf gesetzlichen Regelungen, in anderen sind allein die Parteien zuständig.

"Zuckerguss auf dem Kuchen"

Schon die Teilnahme ist unterschiedlich geregelt: In einigen Bundesstaaten sind die Primaries "offen", sodass jeder teilnehmen kann. In anderen sind die Primaries "geschlossen" - nur als Demokraten oder Republikaner registrierte Wähler dürfen teilnehmen. Und schließlich gibt es Unterschiede bei der Verteilung der Delegierten. Einige Bundesstaaten, darunter Iowa, vergeben die Delegierten proportional. In anderen gilt das "the winner takes it all"-Prinzip, dort erhält nur der Erstplatzierte Delegierte für den Nominierungsparteitag. Und für all diese Unterschiede gibt es auch noch Mischformen.

Am Montag werden in Iowa Temperaturen von minus 21 Grad Celsius erwartet. Vor allem die republikanischen Wahlkämpfer befürchten, dass das Wetter Folgen für die Wahlversammlungen haben wird. Einige Kundgebungen mussten schon abgesagt werden.

Am Montag werden in Iowa Temperaturen von minus 21 Grad Celsius erwartet. Vor allem die republikanischen Wahlkämpfer befürchten, dass das Wetter Folgen für die Wahlversammlungen haben wird. Einige Kundgebungen mussten schon abgesagt werden.

(Foto: AP)

Egal ob Caucus oder Primary, bei allen Vorwahlen werden nicht die Bewerber gewählt, sondern Delegierte, die dann im Sommer zu den Nominierungsparteitagen geschickt werden. Der Parteitag der Republikaner findet im Juli statt, das Treffen der Demokraten im August. In der Praxis sind diese Parteitage nur "der Zuckerguss auf dem Kuchen", wie der Politologe Sandy Maisel in einem Buch über das Wahlsystem der USA schreibt. Denn die Präsidentschaftskandidaten werden auf den Parteitagen zwar offiziell bestimmt. Aber zu diesem Zeitpunkt ist das Ergebnis nur noch eine Formsache, die unterlegenen Bewerber sind dann längst ausgestiegen. 2016 beispielsweise galt ein Sieg von Donald Trump schon Ende März als wahrscheinlich, im Mai hatte er die Nominierung sicher. Nur selten dauert die Entscheidung länger: Bei den Vorwahlen der Demokraten 2008 gestand Hillary Clinton ihre Niederlage gegen Barack Obama erst im Juni ein.

Montana und New Jersey spielen keine Rolle

Weil der Bundesstaat so klein ist, werden aus Iowa nur 40 (bei den Republikanern) beziehungsweise 46 (bei den Demokraten) Delegierte zu den jeweiligen Parteitagen entsandt. Zahlenmäßig spielt Iowa damit keine Rolle - die Bedeutung des Bundesstaats liegt darin, ganz vorn dabei zu sein. Denn je früher, desto mehr Aufmerksamkeit. Die Vorwahlen am 4. Juni in Montana, New Jersey, New Mexico und South Dakota werden mit großer Sicherheit keinerlei Einfluss mehr auf die Nominierung haben. Die Ergebnisse beachten wird auch kaum jemand.

In diesem Jahr ist in Iowa und allen anderen Bundesstaaten voraussichtlich nur das Ergebnis der Republikaner interessant. Denn formal finden bei den Demokraten zwar Vorwahlen statt und es gibt auch zwei Gegenkandidaten zu US-Präsident Joe Biden. Diese sind allerdings chancenlos: Seit Vorwahlen in der heutigen Form stattfinden, ist in den USA noch nie ein Amtsinhaber von seiner Partei nicht aufgestellt worden.

Prognosewert von Iowa hält sich in Grenzen

Allzu viel Aufschluss für das republikanische Nominierungsverfahren sollte man sich aus Iowa indessen nicht erwarten. Der Staat ist nicht nur ländlicher, älter, religiöser und weißer als die USA insgesamt, seine Wähler entscheiden sich auch häufig für Kandidaten, die später erfolglos sind. Vor vier Jahren beispielsweise holte Biden in Iowa nur sechs der damals 41 Delegierten. Vier Jahre zuvor kam Trump nur auf den zweiten Platz. Beide wurden trotzdem Präsidentschaftskandidat und Präsident.

Dieses Mal sehen die Umfragen Trump in Iowa klar vorn, gefolgt von Nikki Haley und Ron DeSantis. Ihr Abstand zum Ex-Präsidenten ist zwar groß, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass etwa Haley in Iowa ein Ergebnis einfährt, das ihr ein bisschen Rückenwind für New Hampshire verleiht. Dort sieht es in den Umfragen für sie weitaus besser aus.

Sicher ist: Vor allem für Republikaner eignet Iowa sich kaum, um Prognosen abzugeben. Bislang ist George W. Bush der einzige ihrer Bewerber, der den Iowa Caucus gewann und danach Präsident wurde.

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Quelle: ntv.de

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