Union lehnt ab Gewerkschaften wollen 600 Euro Hartz IV-Satz
25.01.2021, 19:25 Uhr
Tafel der evagelischen Kirche in Mannheim.
(Foto: picture alliance/dpa)
Anfang Januar legt Arbeitsminister Heil einen Gesetzentwurf zu einer Hartz IV-Reform vor, der von der Union abgelehnt wird. Passend dazu verlangt nun ein breites Bündnis aus Verbänden und Gewerkschaften einen höheren Regelsatz von 600 Euro. Begründung: Teure Masken und Desinfektionsmittel.
Ein breites Bündnis aus 36 Gewerkschaften und Verbänden hat in einem gemeinsamen Aufruf die zügige Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze und der Altersgrundsicherung auf mindestens 600 Euro monatlich gefordert. Außerdem verlangten die Unterzeichner der Erklärung zusätzliche Corona-Hilfen für arme Menschen. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählen Sozial- und Wohlfahrtsverbände, aber auch Verbände aus den Bereichen Kultur, Wohnen, Umwelt, Selbsthilfe und Gesundheit. Der Bundesregierung werfen die Unterzeichner einen "armutspolitischen Offenbarungseid" vor. Es sei eine Unterlassung, arme Menschen nicht durch eine auskömmliche Grundsicherung und effektive Corona-Hilfen zu entlasten.
Widerstand gegen höhere Hartz-IV-Sätze kam aus der CDU/CSU. Der arbeits- und sozialpolitische Sprecher der Union im Bundestag, Peter Weiß, wies die Forderungen zurück. Das Arbeitslosengeld sei genau berechnet und kein "Willkürsystem", bei dem man einfach Geld drauflegen könne, sagte der CDU-Politiker dem Deutschlandfunk. Lediglich eine kostenlose Bereitstellung medizinischer Masken für Empfänger staatlicher Grundsicherung schloss er nicht aus.
Mit dem Koalitionspartner nicht abgesprochen
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte vergangene Woche angekündigt, er wolle einen Corona-Zuschlag für Empfänger staatlicher Sozialleistungen auf den Weg bringen. Zudem sollten diese etwa bei der Beschaffung von medizinischen Schutzmasken unterstützt werden. Der SPD-Politiker hatte allerdings eingeräumt, das Vorhaben sei noch nicht mit der Union und in der Bundesregierung abgestimmt. Dies sei weiterhin "Gegenstand von Beratungen", sagte ein Ministeriumssprecher. Doch Heils Ziel bleibe es, Hartz-IV-Empfängern "zügig einen Zuschuss zur Verfügung zu stellen".
Erst Anfang Januar hatte Heil einen Gesetzentwurf für eine Hartz IV-Reform vorgestellt. Die Reform sieht ebenfalls einen erhöhten Satz und eine dauerhafte Aussetzung der Vermögensprüfung vor. Auch hiermit war er beim Koalitionspartner gescheitert.
Die Sozial- und Wohlfahrtsverbände kritisierten, bereits im ersten Lockdown im vergangenen Jahr seien keine zusätzlichen Hilfen zur Verfügung gestellt worden, obwohl der zusätzliche Bedarf durch wegfallende Schulessen, geschlossene Tafeln, steigende Lebenshaltungskosten und insbesondere auch für Desinfektionsmittel und Masken offensichtlich gegeben gewesen sei. In der Erklärung heißt es, "Laptops für das Homeschooling wurden versprochen, auf die die Kinder vielfach noch heute warten. Umso unverständlicher ist dies, als zugleich hohe Milliardenbeträge zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zur Verfügung gestellt wurden."
Erhöhung im Januar "Offenbarungseid"
Es bestehe angesichts der ungewissen Dauer der Pandemie akuter Handlungsbedarf. Der von Heil angekündigte Zuschuss für coronabedingte Zusatz-Belastungen sei ein überfälliges und wichtiges Signal. Dies reiche aber angesichts der bitteren Not der Betroffenen bei Weitem nicht aus. Die zum Januar 2021 vorgenommene Anpassung der Regelsätze habe ebenfalls keinerlei Abhilfe gebracht.
"Getrogen hat die Hoffnung, dass die Ärmsten spätestens mit der für 2021 anstehenden Anpassung der Regelsätze endlich entlastet würden. Im Gegenteil: Entgegen dem Rat und der Expertise aller Fachleute und von Gewerkschaften und Sozialverbänden erfolgte im Januar eine Erhöhung um lediglich 14 Euro auf 446 Euro, was einem armutspolitischen Offenbarungseid gleichkam", heißt es in dem Aufruf weiter. Die Regelsätze müssten auf mindestens 600 Euro angehoben werden; dazu müsse es für die Dauer der Corona-Krise einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro geben.
Quelle: ntv.de, mau/AFP