Politik

"Russland kann nicht gewinnen" Hardliner Girkin geht mit dem Kreml hart ins Gericht

Girkin ist ehemaliger militärischer Führer der separatistischen "Volksrepublik Donezk".

Girkin ist ehemaliger militärischer Führer der separatistischen "Volksrepublik Donezk".

(Foto: picture alliance / dpa)

Igor Girkin war einst ein mächtiger Separatisten-Führer im Donbas. Heute sorgt der 52-Jährige vor allem mit scharfer Kritik der russischen Armeeführung für Schlagzeilen. In einem aktuellen Interview sagt Girkin, Russland könne den Krieg gar nicht gewinnen - und nennt indirekt einen Schuldigen.

Der russische Militärblogger Igor Girkin ist als einer der größten Kritiker der russischen Armeeführung bekannt. Immer wieder wirft der ehemalige "Verteidigungsminister" der selbsternannten "Volksrepublik Donezk" dem Kreml eine zu schwache Haltung im Krieg gegen die Ukraine vor. In einem Interview hat der Hardliner nun die Meinung geäußert, Russland könne "in seiner jetzigen Form" den Krieg gar nicht gewinnen. Schuld daran sei die "jetzige Führung", erklärte Girkin, ohne konkreter zu werden.

Girkin, der in der Öffentlichkeit auch unter dem Pseudonym Strelkow auftritt, sagte in einem Gespräch mit einem nationalistischen Youtube-Kanal, er gehe davon aus, dass in Russland eine weitere Mobilisierungswelle ansteht. "Einfach, weil die Kämpfe weiter gehen und Verluste größer werden", so der ehemalige Oberst des Militärgeheimdienstes GRU. "Neue Menschen werden gebraucht."

Gleichzeitig sagte er, eine weitere Mobilisierungswelle könne die Situation für Russland nur verschlimmern. "In der heutigen Lage ist es unmöglich, eine normale Mobilmachung durchzuführen. Menschen, die mehrmals bewiesen haben, dass sie nur stehlen und ihre Vorgesetzten belügen können, werden das auch weiter tun", erklärte er mit Blick auf Korruption und schlechte Versorgung der Rekruten in Russland. Nach der im September vergangenen Jahres von Kremlchef Wladimir Putin ausgerufenen "Teil-Mobilmachung" häuften sich Berichte über zahlreiche Pannen und Fehler. So wurden mehrfach Fälle dokumentiert, in denen Männer etwa trotz gesundheitlicher Beschwerden eingezogen wurden. Zudem berichteten zahlreiche Rekruten von fehlender Ausrüstung. Hunderttausende Menschen flohen ins Ausland.

"Im Moment verlieren wir diesen Krieg"

Mit Blick auf mögliche Friedensverhandlungen mit der Ukraine erklärte der einstige Donezker Separatisten-Führer im Interview: "Es wird kein neues Minsker Abkommen geben, solange wir diesen Krieg verlieren. Und im Moment verlieren wir diesen Krieg. Leider muss das gesagt werden." Das Minsker Abkommen war 2015 unter deutsch-französischer Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine in der belarussischen Hauptstadt geschlossen worden. Ziel war, den bereits damals unter russischem Einfluss stehenden Osten der Ukraine zu befrieden. Die meisten Verpflichtungen wurden nie umgesetzt.

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In den ersten Monaten des großangelegten Kriegs "hatten wir gute Chancen, zu gewinnen", sagte Girkin weiter. "Aber jetzt verlieren wir, wir ziehen uns zurück." Die aktuelle russische Offensive im Donbas sieht Girkin als nicht erfolgsversprechend. Vor wenigen Wochen hatten die Russen die strategisch wichtige Stadt Soledar erobert. Doch selbst wenn man auch die heftig umkämpften Städte Bachmut und Siwersk einnehmen würde - "alles das ist gar nichts im Vergleich zur Aufgabe von Cherson", beklagt Girkin. Cherson war die einzige ukrainische Gebietshauptstadt, die Russland seit Beginn der Invasion im Februar vergangenen Jahres erobern konnte. Im November wurde sie durch die ukrainischen Streitkräfte befreit.

Girkin kommt im Interview zu dem Schluss, dass "Russland in seiner jetzigen Form nicht gewinnen kann". "Ohne Maßnahmen zu ergreifen, kann Russland nicht gewinnen. Es kann nur die Kampfhandlungen auf unbestimmte Zeit verlängern", erklärte der 52-Jährige. Welche Maßnahmen seiner Meinung nach ergriffen werden sollten, erklärte er zwar nicht, nannte aber indirekt den Schuldigen für die militärischen Misserfolge: "Unter jetziger Führung kann Russland nicht gewinnen".

Quelle: ntv.de, uzh

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