"Wenn Sie Patrioten sind" Kiew ruft Bürger von Bachmut zur Flucht auf
17.02.2023, 16:55 Uhr
Zwei ukrainische Soldaten in Bachmut: Kiew vermutet noch 6000 Zivilisten in der schwer getroffenen Stadt.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Nach monatelangem Dauerbeschuss der Stadt Bachmut ruft die Ukraine ihre Bürger zur Flucht auf. Allerdings werden Sympathisanten mit den russischen Angreifern davon ausgeschlossen. Noch 6000 Zivilisten sollen in den Ruinen hausen.
Die Regierung in Kiew hat angesichts der schweren Kämpfe in der ostukrainischen Stadt Bachmut alle dort noch ausharrenden Zivilisten zur Flucht aufgerufen. "Wenn Sie zurechnungsfähige, gesetzestreue und patriotische Bürger sind, sollten Sie sofort die Stadt verlassen", appellierte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschukin an die vermutlich nur noch wenige Tausend Verbliebenen. Die russische Armee und Söldner der Wagner-Miliz rennen seit Monaten unter schweren Verlusten gegen die ukrainischen Verteidiger der fast völlig zerstörten Stadt an.
Die Stadt mit einst 70.000 Einwohnern im Gebiet Donezk steht praktisch unter Dauerbeschuss der Russen. Erst am Donnerstag waren dabei nach Angaben der Regierung fünf Zivilisten getötet und neun verletzt worden. Nach Wereschtschuks Angaben sind noch gut 6000 Zivilisten in der Stadt. Immer wieder wird spekuliert, ein geordneter Rückzug der Ukrainer könne bevorstehen. Viele ältere Menschen harren aber in Bachmut aus, weil ihre Unterkunft ihr einziger Besitz ist und sie ihren Geburtsort nicht verlassen wollen. Manche sympathisieren auch mit Russland.
Kurz vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz bekräftigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, er werde auf keinen Fall mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin verhandeln. "Mit Putin? Nein. Es gibt kein Vertrauen", sagte er dem britischen Sender BBC. Zugleich erneuerte er seine Forderung nach mehr westlichen Waffen. "Waffen sind die einzige Sprache, die Russland versteht", sagte er. Bei der Sicherheitskonferenz, zu der er per Video zugeschaltet war, mahnte er bei der Waffenhilfe zur Eile. Putin dürfe keine Chance bekommen, sich Zeit zu kaufen für seine Aggression. Selenskyj verglich sein Land mit dem biblischen David, der sich gegen einen russischen Goliath wehren müsse. "Goliath hat schon angefangen zu verlieren. Goliath wird auf jeden Fall dieses Jahr fallen", sagte er.
Stoltenberg: Sieg der Ukraine möglich
Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält einen Sieg der Ukraine im Krieg gegen Russland weiter für möglich. "Ja, das ist der Grund, warum wir sie unterstützen", sagte er bei der Münchner Sicherheitskonferenz auf eine entsprechende Frage. Der Krieg werde möglicherweise am Verhandlungstisch enden, aber man wisse, dass das Geschehen am Verhandlungstisch vollkommen von der Stärke auf dem Schlachtfeld abhängig sei. Stoltenberg forderte weitere Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine.
Bundeskanzler Olaf Scholz rief westliche Verbündete auf, sich den deutschen Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine anzuschließen. "Dazu gehört, dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies nun auch wirklich tun", mahnte Scholz bei der Sicherheitskonferenz. Deutschland liefert 14 Leopard 2A6 und sucht in einem unerwartet schleppenden Prozess weiter nach Partnern, um ein ukrainisches Bataillon mit 31 Leopard-Panzern auszurüsten. Polen ist Hauptlieferant für ein weiteres Bataillon mit dem älteren Modell Leopard 2A4.
Quelle: ntv.de, mau/dpa