Dürr bei Maischberger "Inhalte der AfD nicht gut für Deutschland"
22.06.2023, 03:33 Uhr Artikel anhören
Man könne die AfD entzaubern, indem man ganz genau hinschaue, erklärt FDP-Fraktionschef Christian Dürr.
(Foto: WDR/Oliver Ziebe)
Die AfD ist in einem Stimmungshoch und will vor den Bundestagswahlen 2025 einen Kanzlerkandidaten küren. In der ARD-Talkshow "Maischberger" stellt FDP-Fraktionschef Dürr sein AfD-Pendant Chrupalla. Der Liberale wirft der AfD vor, immer wieder Demokratie und Parlamentarismus verächtlich zu machen.
"Ich will nicht, dass wir mit Olaf Scholz einschlafen und dann mit der AfD aufwachen", sagt Publizist Wolfram Weimer zu Beginn der Sendung "Maischberger" am Mittwochabend in der ARD. Weimer, der auch für ntv.de schreibt, kritisiert besonders beim Heizungsgesetz die "Bräsigkeit" der Ampelkoalition, der er eine Mitschuld am Erstarken der AfD gibt. Die sehen verschiedene Meinungsinstitute derzeit bei bis zu 20 Prozent Wählerzustimmung. RTL-Moderatorin Pinar Atalay sieht die Schuld dafür bei Regierung und Opposition: "Die CDU ist auf einer Sinnsuche, und die Ampel zofft sich", fasst sie das Auftreten der beiden Lager zusammen.
In der Sendung kommen je ein Protagonist der Ampelkoalition und der AfD zu Wort: FDP-Fraktionschef Christian Dürr und der AfD-Vorsitzende und -Fraktionschef Tino Chrupalla. Man könne die AfD entzaubern, indem man ganz genau hinschaue, erklärt Dürr. "Die AfD macht immer wieder den Versuch, in jeder Sitzungswoche des Bundestages die Demokratie und den Parlamentarismus lächerlich zu machen", klagt der FDP-Politiker - und nennt ein Beispiel: Bei der Diskussion über das Heizungsgesetz im Bundestag habe die AfD in der vergangenen Woche einen Antrag gestellt, aber später selbst dagegen gestimmt.
"Lasst uns über die Inhalte reden", fordert Dürr. Auch die Demokraten seien unterschiedlicher Meinung, aber "die Inhalte der AfD sind nicht gut für Deutschland". Das gelte auch für die Diskussion um das Heizungsgesetz. Es mache Sinn, in der Wortwahl etwas herunterzudimmen. "Aber über den besten Weg zu streiten, ist der Job von Demokraten und unsere Aufgabe im Parlament." Der FDP sei es gelungen, ein technologieoffenes Gesetz auf den Weg zu bringen.
Chrupalla will wieder Öl und Gas aus Russland
Für Chrupalla ist das Heizungsgesetz nutzlos. Auch seine Partei sei für Technologieoffenheit. Dies meint bei der AfD jedoch Öl- und Gaslieferungen aus Russland. Chrupalla: "Öl und Gas wird teuer gemacht, damit die Bevölkerung zum Heizungsumstieg gezwungen wird. Noch vor drei Jahren haben wir den Einbau von Gasheizungen gefördert. Jetzt werden die Bürger gezwungen, ihre Gasheizungen wieder rauszureißen und durch Wärmepumpen zu ersetzen, die technisch nicht in der Lage sind, eine Altbauwohnung überhaupt zu beheizen." Und weiter: "Das ist grüne Ideologie, und die FDP als Mittelstands- und Handwerkerpartei macht da mit. Und deswegen stehen sie in den Umfragen auch dort, wo sie stehen."
Auf den Hinweis Dürrs, dass in Zukunft auch der Einbau von wasserstofffähigen Gasheizungen möglich sein soll, kontert Chrupalla: "Wir reden über Heizungen, die ausgetauscht werden sollen und die es vielleicht mal geben kann. Was ist das für eine Politik? Das kann man doch keinem anbieten." In der Tat halten viele Experten wenig vom Heizen mit Wasserstoff in Privathaushalten. Wasserstoff sei eher für den Einsatz in der Industrie sinnvoll, heißt es.
Die Forderung Chrupallas, wieder mit russischem Gas zu heizen, weist Dürr scharf zurück. Man dürfe sich nicht wieder von Russland abhängig machen, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine führt und dessen Soldaten Menschen ermorden. Doch die eigentlich interessante Frage stellt die Moderatorin: Wie will die AfD überhaupt an russisches Gas herankommen? "Der Weg zu russischem Gas wäre, den Wirtschaftskrieg zu beenden, den Habeck initiiert hat." Konkret fordert Chrupalla, dass die Sanktionspolitik gegen Russland beendet wird, die ohnehin nur 30 von 195 Ländern weltweit mittrügen.
Chrupalla relativiert Kotré-Auftritt
"Der AfD geht es darum, als Vorbote Putins im Bundestag zu agieren", wirft Dürr Chrupalla vor, der das zurückweist. Doch das ist nicht so einfach. So bezeichnete der AfD-Abgeordnete Steffen Kotré kurz nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs die Ukraine als "Aufmarschgebiet der USA, um Russland zu destabilisieren", und behauptete, in der Ukraine gebe es "Biowaffenlabore, die gegen Russland gerichtet sind". Der gleiche Kotré ließ sich in diesem Jahr in eine Talkshow im russischen Fernsehen einladen, deren Moderator die Bombardierung Dresdens und Berlins forderte.
Chrupalla rechtfertigt das Verhalten gegenüber Moderatorin Sandra Maischberger und nennt die Sendung "eine Talkshow, genau wie Ihre". Maischberger fühlt sich zu Recht angegriffen und weist die Bemerkung sehr scharf zurück. Dürr springt ihr bei: "Da wird in einer Sendung die Sicherheit Deutschlands bedroht und infrage gestellt, und Sie verteidigen die Auftritte ihres Kollegen in dieser Sendung. Ich kann nicht erkennen, dass das im Interesse der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen ist."
Und dann geht es doch noch einmal um den Krieg in der Ukraine. Während Dürr die Waffenlieferungen des Westens in das angegriffene Land verteidigt, verlangt Chrupalla ein Ende des Krieges, besser heute als morgen. Dazu seien sofortige Friedensverhandlungen zwischen den USA, der Ukraine und Russland nötig, möglicherweise unter Vermittlung Chinas. "Denn ich sehe in keinster Weise, dass die Waffenlieferungen aus dem Westen der Ukraine in irgendeiner Weise geholfen haben", sagt Chrupalla - und fordert Friedensverhandlungen, bei denen auch die Interessen Russlands berücksichtigt werden.
Diese "Interessen" hat Russlands Präsident Wladimir Putin klar formuliert, am 20. Februar 2022. Die Ukraine habe nie eine echte Staatlichkeit gehabt und sei ein Fehlkonstrukt des kommunistischen Führers Lenin gewesen. Vier Tage später versuchte die russische Armee, die Ukraine zu besetzen - und mit dem "Fehlkonstrukt" Schluss zu machen.
Quelle: ntv.de