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AfD plant Kanzlerkandidatur Zwischen Lachnummer und Meilenstein

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Die Frage, wer Kanzlerkandidat der AfD wird, dürfte faktisch von ihm entschieden werden: Björn Höcke, Rechtsextremist, Thüringer AfD-Vorsitzender und als Chef des offiziell aufgelösten völkischen "Flügels" der AfD das eigentliche Machtzentrum der Partei.

Die Frage, wer Kanzlerkandidat der AfD wird, dürfte faktisch von ihm entschieden werden: Björn Höcke, Rechtsextremist, Thüringer AfD-Vorsitzender und als Chef des offiziell aufgelösten völkischen "Flügels" der AfD das eigentliche Machtzentrum der Partei.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die Ausrufung eines Kanzlerkandidaten durch AfD-Chefin Weidel dürfte eine Taktik sein, um im Wahlkampf in die TV-Runden zu kommen. Aber der Schritt rückt auch die Dimension der Herausforderung ins Rampenlicht. Noch geht es nicht um alles - doch der Punkt kommt näher.

Die AfD will einen Kanzlerkandidaten aufstellen. Bei der nächsten Bundestagswahl soll ein Mann oder eine Frau für die Rechtsaußenpartei ins Rennen ums wichtigste Amt im Staat gehen.

Wie bitte? Die AfD? In Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet, in Teilen nachgewiesen rechtsextrem?

Es könnte eine große Lachnummer werden. Wer prominente AfD-Politiker bei TV-Runden oder bei Interviews beobachtet, sieht sie häufig faktenfrei stammeln, sich in Verschwörungstheorien ergehen, böse hetzen - und die AfD will jetzt eine dieser Figuren, vielleicht gar ihren Lord Voldemort, Herrn Höcke, gegen Olaf Scholz oder Friedrich Merz aufstellen. Im Ernst?

Es könnte auch eine große PR-Nummer sein. Den Anspruch auf das Kanzleramt so prominent ins öffentliche Schaufenster zu stellen, sorgt für Aufmerksamkeit. Schließlich entsteht deswegen ja auch dieser Text. Die AfD bringt sich mit etwas anderem ins Gespräch als mit ihren nachgewiesenen Skandalen, ihren individuellen Anstandslosigkeiten oder ihrem Rechtsextremismus und ihrer verräterischen Nähe zu Putins verbrecherischem Kriegsregime.

Einen Kanzlerkandidaten auszurufen könnte also reine Taktik sein, die allerdings umso weniger verfängt, je eher sie durchschaut wird. Aber es geht um mehr, und darum bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

Bei knapp 20 Prozent in den Umfragen liegt die AfD gleichauf mit der Kanzlerpartei SPD. Aus dieser Position heraus einen Kanzlerkandidaten anzukündigen, ist - ob man will oder nicht - ein Meilenstein. Er markiert einen Anspruch und ein Selbstverständnis. Er rückt die Dimension der Herausforderung ins Rampenlicht. Beides weist weit über eine reine Protestpartei hinaus, auf die die AfD zu Recht reduziert wird, weil es zum Beispiel kein Mittel gegen den Klimawandel ist, ihn einfach zu leugnen (wie es die AfD weitgehend tut).

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Das scheint ihre Wähler und Anhänger nicht abzuschrecken. Und es scheint die anderen Parteien gegenwärtig zu überfordern, darauf eine wirksame Antwort zu finden: Die Regierung schafft es nicht, weil ihre handwerklichen Unzulänglichkeiten flächendeckende Verunsicherung und Angst gestiftet haben. Und CDU/CSU schaffen es nicht, weil sie die passende Sprache nicht finden, die gerade auch in den Bundesländern der ehemaligen DDR verfängt.

Man muss es nicht dramatisieren: Es geht noch nicht um alles. Aber man muss sich auch nichts vormachen. Das Land ist einen weiteren Schritt jenem Punkt nähergekommen, an dem es um alles geht: Eine in Teilen ausgewiesen rechtsextreme Kraft greift nach der Macht.

Quelle: ntv.de

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