Politik

Der Kriegstag im Überblick Kiew startet Gegenoffensive auf Cherson - Russland und Ukraine beraten über Getreidelieferungen

Ein zerstörtes Gebäude in der Stadt Nowa Kachowka. Das ukrainische Militär holt im Süden des Landes zum Gegenschlag aus.

Ein zerstörtes Gebäude in der Stadt Nowa Kachowka. Das ukrainische Militär holt im Süden des Landes zum Gegenschlag aus.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Die Ukraine will das besetzte Cherson im Süden des Landes wieder unter Kontrolle bringen und trifft nach eigenen Angaben bei einem Raketenangriff ein Munitionsdepot. Obwohl sich die russischen Truppen tendenziell auf den Osten konzentrieren, berichtet auch die südukrainische Stadt Mykolaiw von Angriffen. Unterdessen gibt es Hoffnung im Streit über die Getreidelieferungen. Vertreter aus Moskau und Kiew werden in Istanbul zu einem Beratungsgespräch erwartet. Der 138. Kriegstag im Überblick.

Ukraine startet Gegenoffensive in Cherson

Die Ukraine hat im Süden des Landes eine Gegenoffensive gestartet, um von Russland erobertes Gebiet wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Nach ukrainischen Angaben wurden Ziele mit Langstreckenraketen beschossen, dabei wurde demnach in dem Ort Nowa Kachowka bei Cherson ein Munitionsdepot getroffen. 52 Russen seien getötet worden. Nach Angaben der von Russland in der Region installierten Verwaltung wurden bei dem ukrainischen Beschuss mindestens sieben Menschen getötet. Weitere rund 60 wurden verletzt, zitierte die russische Nachrichtenagentur Tass den Verwaltungschef Wladimir Leontjew. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht. Leontjew sagte weiter, es sei ein Lagerhaus getroffen worden, in dem sich Salpeter befunden habe. Das Nitrat kann sowohl als Dünger wie auch für die Herstellung von Sprengstoff eingesetzt werden. Bei dem Angriff seien Raketen des mobilen US-Raketensystem HIMARS verwendet worden. Dazu nahm die Ukraine konkret zunächst nicht Stellung.

Russen agieren auch im Süden: Erneuter Angriff auf Mykolaiw

Die russischen Streitkräfte haben ihre Angriffe auf den Osten des Landes konzentriert. Nach der Einnahme der Region Luhansk steht nun Donezk im Visier Russlands, bei einem Erfolg dort wäre der gesamte Donbass eingenommen. Der Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, sagte, es gebe einen beträchtlichen Aufmarsch russischer Truppen in der Region, vor allem im Gebiet von Bachmut und Siewersk sowie Slowjansk und Kramatorsk. An der gesamten Frontlinie hielt der Beschuss an. Russische Truppen versuchten nach wie vor den Durchbruch, aber würden zurückgedrängt, sagte Kyrylenko. Laut Agentur Tass haben russische Streitkräfte Siewersk bereits eingekesselt. Auch die südukrainische Stadt Mykolaiw wurde heute wieder von russischen Truppen angegriffen. Dabei wurden nach Angaben des Gouverneurs der gleichnamigen Region mindestens zwölf Menschen verletzt. Geschosse von Mehrfachraketenwerfern seien in zwei medizinische Einrichtungen und in Wohngebäude eingeschlagen, teilte Gouverneur Witali Kim auf Telegram mit.

Russland und Ukraine beraten in Istanbul über Getreidelieferungen

Im Streit um von Russland blockierte Getreideexporte aus der Ukraine gibt es derweil Hoffnung auf eine Lösung. Delegationen aus Russland und der Ukraine beraten am Mittwoch in der Türkei über eine Wiederaufnahme der Getreidelieferungen über das Schwarze Meer. An dem Treffen in Istanbul werden nach Angaben Ankaras auch Vertreter der UNO und der Türkei beteiligt sein. Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen.

Liefert der Iran Drohnen an Russland?

Nach Angaben der USA will der Iran Russland im Krieg unterstützen. "Unsere Informationen zeigen, dass die iranische Regierung sich darauf vorbereitet, schnell mehrere Hundert unbemannte Luftfahrzeuge bereitzustellen, darunter auch solche, die Waffen transportieren können", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan. Der Iran werde auch Russen ausbilden, diese umgangssprachlich oft als Drohnen beschriebenen Luftfahrzeuge einzusetzen, sagte Sullivan weiter. Es sei unklar, ob bereits solche Waffen geliefert worden seien. Der Iran dementierte Sullivans Aussagen. Man sei für eine diplomatische und gegen eine militärische Lösung des Konflikts.

Slowenien erwartet baldigen Waffen-Ringtausch mit Deutschland

Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob erwartet bis Ende des Sommers eine Einigung mit Deutschland über einen Waffen-Ringtausch. Danach soll das Land unter anderem T72-Panzer an die Ukraine abgeben und als Ersatz dann von Deutschland Militärgerät erhalten. Laut Golob sind Waffen aus russischer Produktion, die in osteuropäischen Ländern noch vorhanden sind, für die ukrainischen Soldaten leichter einsetzbar. Zuvor hatte er gesagt, dass Slowenien schon Waffen an die Ukraine geliefert habe. "Allerdings wird es bald keine Waffen aus russischer Produktion mehr geben", sagte er zu den Beständen in den NATO-Ländern. Golob wies den Vorwurf einer Zeitverzögerung durch den Ringtausch zurück. Die größte Verzögerung gebe es auch bei den slowenischen Waffen dadurch, dass das ausrangierte Militärmaterial zunächst wieder funktionstüchtig gemacht werden müsse.

USA unterstützen Ukraine mit weiteren 1,7 Milliarden Dollar

Die USA haben der von Russland angegriffenen Ukraine weitere 1,7 Milliarden US-Dollar (1,69 Milliarden Euro) als Zuschuss für den Staatshaushalt zur Verfügung gestellt. Bezahlt werden sollen damit etwa Gehälter von Gesundheitspersonal, wie die US-Behörde für internationale Entwicklung mitteilte. Das Geld solle sicherstellen, dass die Regierung in Kiew ihre Arbeit fortsetzen und grundlegende Dienstleistungen wie die Gesundheitsversorgung gewährleisten könne. Die Behörde hat nach eigenen Angaben bereits insgesamt vier Milliarden Dollar als Zuschuss gegeben.

EU friert 14 Milliarden Euro von Oligarchen & Co. ein

Die EU hat nach eigenen Angaben bisher russisches Vermögen im Volumen von fast 14 Milliarden Euro eingefroren. Es handele sich um Werte von Oligarchen, anderen Personen sowie Unternehmen, Gesellschaften oder Organisationen, erklärt EU-Justizkommissar Didier Reynders. "Das ist ziemlich viel." Mit mehr als zwölf Milliarden Euro sei der überwiegende Teil der genau 13,8 Milliarden aber von nur fünf der 27 EU-Staaten festgesetzt worden. "Wir müssen also die anderen überzeugen, dasselbe zu tun", sagt Reynders vor einem Treffen der EU-Justizminister in Prag. Um welche fünf Länder es sich handelt, sagte er nicht.

Russische Notenbank sieht Hinweise auf wirtschaftliche Stabilisierung

Was bringen die Sanktionen? Das ist eine häufig gestellte Frage. Die Zentralbank Russlands sieht Hinweise auf eine Stabilisierung der Wirtschaft nach dem Einbruch in Folge von westlichen Sanktionen. Die Krise aufgrund des Krieges in der Ukraine entwickle sich weniger schlimm als ursprünglich befürchtet, sagte Kirill Tremasow, Direktor für Geldpolitik der russischen Notenbank. Der Experte sprach im Vorfeld einer Sitzung am 22. Juli, auf der die Bank ihren Leitzins von 9,5 Prozent voraussichtlich weiter senken wird, um die Wirtschaft mit günstigeren Krediten zu unterstützen. Ein Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin hatte im Mai prognostiziert, dass das Bruttoinlandsprodukt des Landes 2022 um maximal fünf Prozent schrumpfen dürfte. Einige Wochen zuvor hatte das russische Wirtschaftsministerium noch einen Rückgang von mehr als zwölf Prozent vorhergesagt - den stärksten seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991.

Deutschland und Österreich wollen bei akutem Gasmangel helfen

In Deutschland wird weiter über die Energiesicherheit diskutiert, die durch fehlende Gaslieferungen aus Russland ins Wanken geraten ist. Die Ampel-Koalition streitet dabei zunehmend über längere Laufzeiten der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke im Land. Derweil kündigt sich ein nachbarschaftliches Bündnis bei akutem Gasmangel zwischen Deutschland und Österreich an. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung der jeweiligen Klimaschutzminister, Robert Habeck und Leonore Gewessler, hervor. "Das beinhaltet auch die Sicherstellung von Durchleitungsrechten im Fall einer Gasmangellage, sofern dem technische oder sicherheitstechnische Gründe nicht entgegenstehen."

Faeser will Deutschland besser vor Cyberattacken schützen

Der Ukraine-Krieg erhöht die Gefahr von Hackerangriffen: Dafür will Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Sicherheitsbehörden besser rüsten für die Abwehr von Angriffen aus dem Netz. Sie stellte dafür heute ihr Programm vor - zu dem auch geplante Grundgesetzänderungen gehören. Sie sollen die Kompetenzen der Bundesbehörden erweitern und die Zusammenarbeit mit den Ländern verbessern. "Die Zeitenwende, die wir angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erleben, erfordert eine strategische Neuaufstellung und deutliche Investitionen in unsere Cybersicherheit", sagte die Ministerin. So solle das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu einer Zentralstelle zwischen Bund und Ländern ausgebaut werden.

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Quelle: ntv.de, ysc/dpa/rts/AFP

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