Kritik am RWE-Kohlekompromiss Neubauer fordert Moratorium für Lützerath
16.10.2022, 15:09 Uhr
Neubauer kritisiert den Kohlekompromiss mit RWE.
(Foto: IMAGO/Political-Moments)
Die Grünen diskutieren auf ihrem Parteitag heftig um die Klimapolitik der Bundesregierung, der sie angehören. Scharf fällt die Kritik von "Fridays for Future"-Aktivistin Neubauer aus, vor allem an der Einigung mit dem Konzern RWE. Sie fordert von der Partei, die Abbaggerung von Lützerath zu stoppen.
Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat die Grünen in einer Rede auf dem Bonner Parteitag aufgefordert, den Kohlekompromiss mit dem Energiekonzern RWE zu korrigieren. Solange "fossile Konzerne die Regeln für die Energiewende machen, wird es keine Energiewende geben", sagte sie. Wenn RWE die ermöglichte Auslastung aller Kraftwerke nutze, werde durch den auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg "keine einzige Tonne CO2 eingespart", so Neubauer.
"Seit wann argumentieren die Grünen mit gefakten Zahlen von RWE", fragte die Klimaschutzaktivistin und fügte hinzu: "Solange die Kohlekonzerne die Regeln machen, gibt es keine Klimagerechtigkeit." Die in der Vereinbarung mit RWE vorgesehene Abbaggerung des Ortes Lützerath sei "realer Bruch des Pariser Klimaabkommens", sagte Neubauer weiter.
RWE hatte sich Anfang Oktober mit den von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien im Bund sowie Nordrhein-Westfalen auf ein Ende der Braunkohleverstromung bis 2030 statt 2038 geeinigt. Um kurzfristig die Energieversorgung sicherzustellen, sollen aber zwei RWE-Kraftwerke, die eigentlich zum Jahresende hätten abgeschaltet werden sollen, bis Ende März 2024 am Netz bleiben. Dafür wird der Vereinbarung zufolge auch die Kohle unter der Siedlung Lützerath im Vorfeld des Tagebaus Garzweiler benötigt.
Neubauer forderte dagegen ein Moratorium für Lützerath. "In Lützerath manifestiert sich das große Ganze", sagte die Klimaaktivistin von "Fridays for Future". Der Grünen-Parteitag müsse "das Korrektiv sein" und die Entscheidung ändern. Es liege an den Grünen, in der Ampelkoalition "die ökologischen Grenzen zu ziehen und zu verteidigen", mahnte sie.
Neubauer forderte von den Grünen auch mehr Einsatz für den Klimaschutz innerhalb der Bundesregierung. "Ihr regiert unter den härtesten nur vorstellbaren Bedingungen", gestand sie zu. Die Grünen ließen sich aber auf zu viele unzulässige Kompromisse ein und ignorierten dabei die Realität der Klimakatastrophe. "Stürme und Dürren in nicht gekanntem Ausmaß, das ist die Realität." Neubauer ist selbst Grünen-Mitglied.
Kritik an Infrastruktur für fossile Energien
Die Aktivistin räumte ein, dass der Ausstieg aus Erdgas-, Öl- und Kohle-Energie seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein anderer sein müsse als zuvor. Sie verstehe aber nicht, dass nun neue Infrastruktur zur Nutzung fossiler Energien entstehen solle, die es auf die Dauer nicht brauche, und dass Verträge unterschrieben würden, die im Widerspruch zum Pariser Klimaabkommen stünden. "Da werden klimafeindliche Entscheidungen so plausibel verteidigt - wenn man still ist, hört man irgendwo ein Ökosystem weinen."
Die Ablehnung von klimapolitischen Forderungen als unrealistisch wies Neubauer zurück. "Wenn hier irgendwas unrealistisch ist, dann, dass wir in irgendeiner Form von stabiler Demokratie, Ökonomie oder europäischer Friedensordnung leben, wenn uns die Lebensgrundlagen bei 2, 3, 4 Grad um die Ohren fliegen", sagte sie mit Blick auf die zunehmende Erwärmung der Temperaturen auf der Erde. "Liebe Grüne, egal wie hart unsere Kritik ist und wie laut unser Protest, wir entlassen euch nicht aus der Verantwortung", sagte Neubauer. "Wir setzen auf euch."
Auf dem Parteitag stand am Nachmittag ein Antrag des Bundesvorstands zur Klimapolitik zur Abstimmung an. Die Grüne Jugend reichte dazu einen Änderungsantrag ein, in dem ein "Räumungsmoratorium" für Lützerath gefordert wird. Es dürften "kurzfristig rund um Lützerath keine Fakten der Zerstörung geschaffen werden", heißt es in dem Text.
Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa