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Antideutsche Rhetorik im Sejm Polen plant Volksabstimmung zu Asylkompromiss

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Der EU-Kompromiss sieht ein Zwangsgeld für Länder vor, die keine Migranten aufnehmen. Dies lehnt Polen kategorisch ab.

Der EU-Kompromiss sieht ein Zwangsgeld für Länder vor, die keine Migranten aufnehmen. Dies lehnt Polen kategorisch ab.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Die EU beschließt einen Asylkompromiss - und Warschau kocht vor Wut. Die Entscheidung sei ein "Diktat" des Bündnisses, wettert Regierungschef Morawiecki. Keiner werde die Polen Solidarität lehren, "schon gar nicht die Deutschen". Nun sollen die Bürger über den Beschluss entscheiden.

Mit antideutscher Rhetorik macht die polnische Regierung gegen die EU-Einigung zur künftigen Asylpolitik mobil und strebt eine Volksabstimmung darüber an. Bei der EU-Entscheidung handele es sich um "ein Diktat, das darauf abzielt, Europa kulturell zu verändern", sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki vor Abgeordneten des Parlaments in Warschau. "Es ist der Sejm, nicht der Bundestag, und wir haben jedes Recht und die Pflicht, im Sinne der Interessen Polens zu stimmen."

Die Polen wüssten sehr genau, was Mitgefühl und Solidarität seien, sagte Morawiecki weiter. "Keiner wird uns Solidarität lehren, und schon gar nicht die Deutschen." Der Chef der PiS-Regierungspartei, Jaroslaw Kaczynski, kündigte ein Referendum zum Thema an.

Die EU-Innenminister hatten sich in der vergangenen Woche auf einen Asylkompromiss geeinigt, der unter anderem vorsieht, dass EU-Länder, die keine Migranten aufnehmen wollen, ein Zwangsgeld in Höhe von 20.000 Euro für jeden Migranten in einen von Brüssel verwalteten Fonds zahlen müssen. Polen und Ungarn lehnen dies kategorisch ab. Polen hat zwar viele ukrainische Flüchtlinge seit Beginn des russischen Angriffskriegs aufgenommen. Die Behörden wehren sich aber seit langem gegen die Umsiedelung von Flüchtlingen, die in Griechenland oder Italien angekommen sind, nach Polen. Polen wählt in diesem Jahr ein neues Parlament. Derzeit führt die PiS in den Umfragen vor der liberalen Opposition.

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"Wir werden nicht zustimmen, ebenso wenig wie die polnische Nation, und das muss Gegenstand eines Referendums sein", sagte PiS-Parteichef Kaczynski. "Die polnische Bevölkerung muss ihre Stimme in dieser Angelegenheit erheben", fuhr er während der Parlamentsdebatte über die EU-Einigung fort.

Gemäß dem von den EU-Staaten beschlossenen Asylkompromiss sollen Migranten mit geringen Aufnahmechancen - etwa aus der Türkei, Pakistan oder Albanien - künftig Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen durchlaufen. Bei einem negativen Bescheid könnten sie von dort direkt abgeschoben werden, damit sie gar nicht erst in die EU kommen. Ungarn und Polen stimmten als einzige Länder gegen den Kompromiss, weil sie sich nach eigenen Angaben "bestraft" fühlen. Sie wollen das Thema beim EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel zur Sprache bringen.

Quelle: ntv.de, spl/AFP

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