Politik

"Da muss durchgegriffen werden" Regierung will Telegram regulieren

Telegram hat seinen Sitz in Dubai und ist daher schwer zu sanktionieren.

Telegram hat seinen Sitz in Dubai und ist daher schwer zu sanktionieren.

(Foto: picture alliance / NurPhoto)

Corona-Leugner, Gewaltaufrufe und andere strafbare Inhalte: Auf Telegram tummeln sich verfassungsschutzrelevante Themen und Personen. Weil das Unternehmen nicht eingreift, brauchen sie kaum Konsequenzen zu fürchten. Das will das Justizministerium ändern. Allerdings sind nicht alle Parteien dafür.

Das Bundesjustizministerium sieht in dem Messengerdienst Telegram ein soziales Netzwerk, das auch als solches reguliert werden soll, wie eine Sprecherin bestätigte. "Telegram wird in allen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachteten Phänomenbereichen verstärkt genutzt", hieß es. "Insbesondere Anhänger der verfassungsschutzrelevanten Corona-Leugner-Szene nutzen die Plattform zur Verbreitung der eigenen Agenda sowie zur Mobilisierung für Demonstrationen und Veranstaltungen." Die Bundesregierung prüfe daher, wie sie der Verbreitung von Hass und Hetze über Telegram begegnen kann. Es werde "ein europaweit einheitlicher Rechtsrahmen" angestrebt, sagte die Sprecherin.

Telegram erlaubt neben individueller Kommunikation auch Gruppendiskussionen von mehreren Tausend Nutzern. Telegram ermögliche zudem "das unkomplizierte Teilen von auch strafrechtlich relevanten Videos, Bildern sowie Audiodateien, greift kaum administrativ in Inhalte ein und bietet dadurch die Möglichkeit, beeinflussend auf andere Personen einzuwirken", heißt es seitens des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Thüringens Innenminister Georg Maier sieht eine steigende Gewaltbereitschaft bei den Protesten gegen die staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen. Auch deshalb ist er für Einschränkungen bei Telegram. "Telegram ist schon lange kein reiner Messengerdienst mehr, das ist eine soziale Plattform geworden. Dort wird geworben für Demonstrationen, dort wird auch zu Gewalt aufgerufen, dort werden Adressen veröffentlicht von Politikerinnen und Politikern. Also, hier muss durchgegriffen werden."

Letzter Weg führt zu Apple und Google

Als soziales Netzwerk ist Telegram wie Twitter und Facebook durch das Netzwerkdurchsuchungsgesetz grundsätzlich verpflichtet, strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Allerdings deutete das Justizministerium an, dass es schwierig ist, ein Unternehmen zu sanktionieren, das seinen Sitz in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat.

Das Bundesamt für Justiz habe gegen Telegram bereits zwei Bußgeldverfahren eröffnet, weil es keinen klaren Meldeweg und keinen Verantwortlichen in Deutschland benenne. Das Unternehmen hat bislang allerdings nicht reagiert und bleibt damit der Linie treu, die sein Gründer und Geschäftsführer Pavel Durov seit Jahren verfolgt. In letzter Konsequenz bliebe damit theoretisch nur ein drastisches Mittel übrig: Apple und Google zu überzeugen, die Telegram-App nicht mehr zum Download anzubieten. Wer sie schon installiert hat, könnte darüber aber weiter kommunizieren.

Martina Renner von der Linkspartei, mit der Maier in Thüringen gemeinsam regiert, ist grundsätzlich dagegen, dass der Staat in die Kommunikationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger eingreift. "Verbote und Regulierung können die notwendige politische Auseinandersetzung nicht ersetzen", sagte sie.

Die AfD, deren Mitglieder und Anhänger Telegram fleißig nutzen, ist strikt gegen jede Regulierung. "Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gehört abgeschafft", sagt Joana Cotar, Digitalisierungsexpertin der AfD-Bundestagsfraktion. Es sei richtig, dass sich Telegram dem entziehe.

Quelle: ntv.de, spl/dpa/rts

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