Mögliche Beziehungen zu Russland SPD bestätigt Verfassungsschutz-Abfragen zu Schönbohm
11.09.2023, 11:31 Uhr Artikel anhören
Eine Satiresendung von Jan Böhmermann führte zu Arne Schönbohms Abberufung durch Bundesinnenministerin Faeser.
(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)
Im vergangenen Oktober entlässt Bundesinnenministerin Faeser den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Dafür erntet sie Kritik, nicht zuletzt, weil sie den Verfassungsschutz für Recherchen eingespannt haben soll. Das gesteht ein Parteisprecher nun auch ein.
Im Zuge der Abberufung des Behördenleiters Arne Schönbohm durch Bundesinnenministerin Faeser hat es nach Auskunft der SPD Abfragen beim Verfassungsschutz gegeben. "Es ist absolut deutlich erklärt worden, dass es natürlich eine Erkenntnisabfrage gab, und das ist direkt im Oktober gemacht worden, nachdem die Bitte um eine Disziplinar-Vorprüfung (von Schönbohm gegen sich selbst) eingeleitet worden ist", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann im Deutschlandfunk.
Das sei durchaus üblich. "Man trägt alle belastenden und entlastenden Punkte zusammen und entscheidet dann, ob man ein Verfahren einleitet. Bei Sicherheitsüberprüfungen wird das übrigens auch bei allen weiteren Beamten und einer entsprechenden Sicherheitsstufe ebenfalls regelmäßig gemacht." Im Fall Schönbohm fiel die Entscheidung letzten Endes jedoch gegen ein Disziplinarverfahren.
Das Bundesinnenministerium hat die umstrittene Abberufung des Behördenleiters Arne Schönbohm im Herbst des vergangenen Jahres mit Vorwürfen eines Fehlverhaltens in mehreren Fällen begründet. Darunter waren "Vorkommnisse in Zusammenhang mit der fachlichen sowie der personellen Führung des Amtes, die auch das Vertrauen von Frau Ministerin in Ihre Amtsführung irreparabel gestört haben".
Nähe zu Verein mit Kontakten zu russischen Geheimdiensten
Das Schreiben an den damaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nahm zunächst explizit Bezug auf Vorwürfe, die nach der Ausstrahlung der ZDF-Sendung "Magazin Royale" im Oktober 2022 verbreitet wurden. In der Satiresendung von Jan Böhmermann wurde eine Nähe Schönbohms zu einem Verein thematisiert, der wegen angeblicher Kontakte zu russischen Geheimdiensten in die Kritik geraten war.
Über das Schreiben vom 18. Oktober 2022 hat zuerst der "Focus" berichtet. Das Ministerium verweist darin "auf Vorwürfe hinsichtlich zu enger Kontakte zu russischen Kreisen und Firmen", die in der Fernsehsendung und im Nachgang in diversen Medienberichten laut wurden.
"Unabhängig davon, wie stichhaltig diese sind und ob diese sich im Ergebnis als zutreffend erweisen werden, ist in der öffentlichen Meinung ein Vertrauensverlust eingetreten, der eine weitere Amtsführung unmöglich macht und die Aufgabenerfüllung des BSI in den Augen der Öffentlichkeit erheblich beeinträchtigt", heißt es weiter.
Das BMI nannte sechs weitere Punkte, bei denen "Unzulänglichkeiten" das Vertrauen "irreparabel erschüttert" hätten - darunter "mangelnde politische Sensibilität", "ausufernde Pressearbeit" und "unzureichende Kooperation mit der Fachaufsicht". Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte am Sonntag auf Anfrage, das Ministerium habe die Entscheidung für einen Wechsel an der Spitze des BSI durchgängig mit fehlendem Vertrauen in die Amtsführung des damaligen Präsidenten begründet. Er verwies auf frühere Erklärungen.
Faeser erschien nicht zu den Sondersitzungen des Innenausschusses
Hartmann relativierte Faesers Nichterscheinen im Innenausschuss des Bundestags zu den Sondersitzungen am vergangenen Dienstag und Donnerstag, die von der Union beantragt worden waren. "Frau Faeser erscheint im nächsten ordentlichen Ausschuss des Innenausschusses des Deutschen Bundestags." Er habe keinen Zweifel, dass "diese Fragen in dieser Form auch beantwortet werden", sagte er.
"Sie hat in der Situation auch dreimal schon an Innenausschuss-Sitzungen teilgenommen, nachdem Herr Schönbohm abberufen worden ist. Und die Union hat jedes Mal darauf verzichtet, Fragen zu diesem Fall zu stellen. Dann kann ich doch nur identifizieren, dass sie wenige Wochen vor dem hessischen Landtagswahlkampf plötzlich das Thema hochzieht", sagte Hartmann mit Blick darauf, dass Faeser SPD-Spitzenkandidatin für die Wahl am 8. Oktober ist.
Schönbohm ist inzwischen Präsident der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung. Er hatte zunächst versucht, sich juristisch gegen seine Abberufung von der BSI-Spitze zur Wehr zu setzen und verlangt inzwischen vom Bund Schadenersatz und vom ZDF eine Entschädigung sowie eine Unterlassungserklärung. Der Sender hat dies zurückgewiesen.
Quelle: ntv.de, mes/dpa