Skepsis vor Regierungstreffen Scholz diniert mit Chinas Ministerpräsident
20.06.2023, 02:40 Uhr Artikel anhören
Scholz empfängt Li Qiang zum Abendessen im Kanzleramt.
(Foto: REUTERS)
Nach fünf Jahren Pause treffen sich Mitglieder der chinesischen und der deutschen Regierung zu gemeinsamen Gesprächen. Kanzler Scholz empfängt Ministerpräsident Li Qiang zum Abendessen. Derweil äußert der SPD-Außenpolitiker Roth Zweifel daran, ob das Format noch zeitgemäß ist.
Vor den siebten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen haben sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Chinas Ministerpräsident Li Qiang sowie andere Mitglieder der beiden Regierungen in Berlin bereits miteinander ausgetauscht. Scholz empfing Li am Abend im Bundeskanzleramt. Auf dem Programm stand ein gemeinsames Abendessen.
Das FDP-geführte Bundesfinanzministerium teilte bei Twitter mit, Ressortchef Christian Lindner habe produktive Gespräche mit seinem chinesischen Amtskollegen Liu Kun geführt. Themen seien die "gegenwärtigen Herausforderungen für die Weltwirtschaft" und der Schutz und die Verbesserung einer "internationalen regelbasierten Ordnung" gewesen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD tauschte sich nach Angaben seines Ministeriums mit seinem chinesischen Kollegen Cao Xuetao über "zentrale gesundheitspolitische Themen aus". Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von den Grünen führte ein Telefonat mit dem chinesischen Chefdiplomaten Qin Gang. Baerbock erklärte anschließend auf Twitter: "Dass wir die Welt nicht durch dieselben Augen sehen, hindert uns nicht daran, mit China ehrlich den Austausch zu suchen. Über unsere Gemeinsamkeiten wie Differenzen - von der Zusammenarbeit bei Wirtschaft und Klima bis zu Menschenrechten und Russlands Krieg in der Ukraine." Die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen seien "über Wochen intensiv" vorbereitet worden.
Heute steht ein Empfang von Li im Kanzleramt mit militärischen Ehren auf dem Programm. Die Regierungschefs und jeweils acht bis neun Minister nehmen dann an den Regierungskonsultationen teil, die nach einer fünfjährigen corona-bedingten Pause zum siebten Mal stattfinden.
Warnung vor propagandistischer Vereinnahmung
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, stellt derweil den Fortbestand der jungen Tradition infrage. Es müsse geprüft werden, "wie zukunftsfähig das Format der Regierungskonsultationen mit China noch ist, das ja eigentlich nur für besonders enge strategische Wertepartner vorgesehen ist", sagte Roth dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Politik der kommunistischen Führung unter Präsident Xi Jinping stehe "im Widerspruch zu unseren Werten und Interessen", sagte der SPD-Außenpolitiker. Das Treffen in Berlin sei "auch ein Testlauf, auf wie viel konkrete gemeinsame Projekte wir uns noch einigen können" und wie belastbar die Partnerschaft noch sei, sagte Roth. Anders als bei den letzten Regierungskonsultationen im Jahr 2018 stehe heute nicht mehr der Ausbau einer strategischen Partnerschaft mit China im Vordergrund, sondern die Verminderung von Risiken in den Beziehungen.
Die Volksrepublik ist seit Jahren der wichtigste Handelspartner Deutschlands. Scholz hatte vor den Regierungskonsultationen den Kurs verteidigt, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern und Deutschlands Lieferketten auf eine breitere Basis zu stellen. Hintergrund sind in den vergangenen Jahren gewachsene Spannungen zwischen China und den USA sowie der Taiwan-Konflikt. Peking betrachtet die Insel-Republik als abtrünniges Gebiet, die es notfalls auch mit Gewalt wieder mit dem Festland vereinigen will.
Die Vize-Vorsitzende der deutsch-chinesischen Parlamentariergruppe des Bundestags, Gyde Jensen, sprach sich für Zurückhaltung im Umgang mit China aus. Sie warnte das Kabinett davor, sich als Propagandakulisse der chinesischen Regierung missbrauchen zu lassen: Konkrete positive Signale für bilaterale Zusammenarbeit seien für sie "undenkbar, solange sie nicht von klaren und vor allem belastbaren Bekenntnissen der Volksrepublik China zum Umgang mit Russland flankiert werden", sagte Jensen dem RND.
Es gehe um Bekenntnisse, "die nicht nur hinter verschlossenen Türen gemacht werden, sondern die die Volksrepublik auch in ihrer eigenen offiziellen Kommunikation zu den Regierungskonsultationen festhält", erklärte Jensen. Die Kommunistische Partei Chinas sei bekannt für "die gezielte propagandistische Nutzung von Bildern, Gesten und gemeinsamer Kommunikation". Das gesamte Kabinett müsse sich dies vergegenwärtigen, forderte Jensen.
Quelle: ntv.de, ino/AFP