Abgeordnete boykottieren Rede Selenskyj appelliert an Schweiz: Waffen "unerlässlich" für Frieden
15.06.2023, 15:55 Uhr Artikel anhören
Der ukrainische Präsident plädiert in seiner Rede für einen "globalen Friedensgipfel" mit der Schweiz in einer zentralen Rolle.
(Foto: picture alliance/KEYSTONE)
Bei seiner Rede vor dem Schweizer Parlament versucht der ukrainische Präsident Selenskyj die Balance zu halten: Auf das Neutralitätsgebot des Landes geht er nicht ein - um grünes Licht für Waffenlieferungen bittet er trotzdem. Rechten Abgeordneten geht die Videobotschaft aus Kiew zu weit.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Schweiz aufgefordert, die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial in die Ukraine zu erlauben. "Wir bitten um Waffenlieferungen, damit der ukrainische Boden wieder zum Territorium des Friedens werden kann", sagte Selenskyj in einer Videobotschaft an das Schweizer Parlament in Bern.
Lieferungen von Waffen und Munition seien für den Kampf gegen die russische Invasion unerlässlich, erklärte Selenskyj. "Ich weiß, dass es in der Schweiz eine Diskussion über den Export von Kriegsmaterial zum Schutz und zur Verteidigung der Ukraine gibt", sagte der ukrainische Präsident. "Wir brauchen Waffen, damit wir den Frieden in der Ukraine wiederherstellen können."
Gestützt auf eine enge Auslegung der Neutralität verbietet die Schweiz Ländern, die Schweizer Waffen kaufen, diese an Konfliktparteien auszuführen. Dies gilt etwa auch für Munition für den deutschen Flugabwehrpanzer Gepard.
Rechte Abgeordnete bleiben der Rede fern
Zudem schlug Selenskyj einen "globalen Friedensgipfel" vor, bei dem die Schweiz eine wichtige Rolle spielen könnte. Details oder einen Termin nannte er nicht. Selenskyj nahm in der Rede Bezug auf eine eigene "Friedensformel", die er vergangenes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen sein Land vorgestellt hatte. "Sie können dort federführend sein, wo Sie Ihre nationale Expertise am besten einsetzen können, um diese Friedensformel zu verwirklichen", sagte Selenskyj vor den Abgeordneten.
Der Auftritt war umstritten. Die meisten Abgeordneten der Schweizerischen Volkspartei (SVP) blieben der Rede fern, weil sie darin eine Einmischung in die Schweizer Politik sahen. In der Schweiz gibt es eine Debatte, ob das Land seine rund 200 Jahre alte Neutralität aufweichen und den Widerstand gegen die Weitergabe von Schweizer Waffen an die Ukraine aufgeben soll.
Selenskyj ging darauf nur indirekt ein. Er bedankte sich für alle Sanktionspakete gegen Russland, alle Waffenlieferungen und das Einfrieren von Vermögen russischer Oligarchen. "Wer uns unterstützt, schützt die Welt vor dem Krieg", sagte er.
Immerhin hat die größere Parlamentskammer, der Nationalrat gerade die Weichen dafür gestellt, dass die Schweiz doch 25 ihrer 96 stillgelegten Leopard-2-Panzer an Deutschland zurückverkaufen kann. Berlin will damit deutsche Bestände auffüllen, nachdem Panzer in die Ukraine geliefert wurden. Die Panzer müssen dafür vom Parlament formell außer Dienst gestellt werden. Dafür sprach sich am Mittwoch eine Mehrheit des Nationalrats aus. Die zweite Kammer muss darüber noch abstimmen. Das letzte Wort hat dann die Regierung. Sie hat Zustimmung signalisiert.
Quelle: ntv.de, spl/dpa/rts