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Der Kriegstag im ÜberblickSelenskyj entlässt Befehlshaber in Ostukraine - Gazprom halbiert deutsche Gaslieferungen

25.07.2022, 22:21 Uhr
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Eine durch einen Raketenangriff zerstörte Schule im Dorf Majaky am Rande von Slowjansk. (Foto: picture alliance/dpa/ZUMA Press Wire)

Präsident Selenskyj nimmt weitere Personaländerungen vor. Dieses Mal trifft es Generalmajor Halahan, der den Posten als Leiter der Streitkräfte im Osten räumen muss. Derweil muss sich Deutschland darauf einstellen, ab Mittwoch weniger Gas vom russischen Staatskonzern Gazprom zu bekommen.

Präsident Selenskyj nimmt weitere Personaländerungen vor. Dieses Mal trifft es Generalmajor Halahan, der den Posten als Leiter der Streitkräfte im Osten räumen muss. In der Region Donezk befürchten die Bewohner der Stadt Slowjansk, dass die Truppen des Kreml sie bald angreifen. Derweil muss sich Deutschland darauf einstellen, ab Mittwoch weniger Gas vom russischen Staatskonzern Gazprom zu bekommen. Russlands Präsident Putin begründet die Drosselung der Lieferungen mit Problemen bei der Reparatur von mehreren Turbinen. Bundeswirtschaftsminister Habeck hält diesen Grund für vorgeschoben. Der 152. Kriegstag im Überblick.

Ostukraine bekommt neuen Generalmajor

Nach größeren Gebietsverlusten seit dem russischen Einmarsch hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den Befehlshaber der Streitkräfte in der Ostukraine ausgewechselt. Per Dekret entließ das Staatsoberhaupt Hryhorij Halahan und setzte stattdessen Viktor Horenko ein. Der 44 Jahre alte Generalmajor Halahan hatte seit August 2020 die Spezialeinsätze in den Gebieten Donezk und Luhansk geführt. Der Konflikt dort hatte 2014 begonnen.

Nach Russlands Einmarsch im Februar hat die Ukraine inzwischen die Kontrolle über das Gebiet Luhansk komplett verloren. Das benachbarte Donezker Gebiet wurde zu rund 50 Prozent von russischen Truppen erobert. Vor dem 24. Februar waren nur knapp 30 Prozent der Gebiete von prorussischen Separatisten kontrolliert worden. Selenskyj hatte unlängst beklagt, dass Kiew bereits 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets nicht mehr unter Kontrolle habe.

Bürgermeister von Slowjansk warnt vor russischem Beschuss

Das nächste Ziel russischer Angriffe im Osten könnte die Stadt Slowjansk sein. Der Bürgermeister warnte vor einem Ausfall der Wärme- und Wasserversorgung im Winter. "Sie werden Ihre Wohnung heizen können, wenn es denn Strom gibt, doch die Kanalisation wird einfrieren", sagte Wadym Ljach. Seinen Angaben zufolge sind nur noch 22.000 Menschen in der Stadt, ein Fünftel der früheren Bewohner.

Er forderte die Verbliebenen zur Flucht auf, denn es sei damit zu rechnen, dass russische Truppen die Stadt zu erobern versuchten. "Vorbote wird starker Artilleriebeschuss sein. Dementsprechend wird die Zahl der Opfer in dieser Zeit steigen." Die Ukraine hofft aber, den zur Festung ausgebauten Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk halten zu können.

Gazprom dreht weiter am deutschen Gashahn

Derweil muss sich Deutschland auf eine weitere Drosselung der Gaslieferungen einstellen. Nur sechs Tage nach der Wiederaufnahme der Gasversorgung aus Russland durch die Pipeline Nord Stream 1 soll die Liefermenge halbiert werden. Der russische Konzern Gazprom will die Gasmenge am kommenden Mittwoch von 40 Prozent auf 20 Prozent der maximalen Kapazität senken, wie das Unternehmen mitteilte. Grund sei die Reparatur einer weiteren Turbine, hieß es.

Kremlchef Putin hatte in der vergangenen Woche angedroht, dass es um den 26. Juli herum zu einer weiteren Drosselung der Gaslieferungen über Nord Stream 1 kommen könnte. Er hatte dabei auf vom russischen Energieunternehmen verwendete Turbinen verwiesen. Demnach sei eine Drosselung möglich, wenn eine in Kanada reparierte Turbine nicht rechtzeitig wieder zur Verfügung stehe. Außerdem werde die Reparatur eines "weiteren Aggregats" nötig, sagte Putin damals.

Habeck kritisiert Putin für Gaspolitik scharf

Putins Begründung für die verringerten Gaslieferungen ist bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auf scharfe Kritik gestoßen. Habeck warf dem russischen Präsidenten wegen der angekündigten weiteren Drosselung der Gaslieferungen ein "perfides Spiel" vor. "Es gibt keine technischen Gründe für die Lieferkürzungen. Die Turbine steht zur Auslieferung an Russland bereit", sagte Habeck. Die Ausfuhrdokumente von Siemens Energy lägen vollständig vor, aber Russland verweigere die Ausstellung der Einfuhrdokumente. "Russland bricht Verträge und gibt anderen die Schuld", so Habeck weiter. "Putin spielt ein perfides Spiel", fügte der Grünen-Politiker hinzu. Seine Strategie sei durchsichtig. "Er versucht, die große Unterstützung für die Ukraine zu schwächen und einen Keil in unsere Gesellschaft zu treiben. Dafür schürt er Unsicherheit und treibt die Preise. Dem setzen wir Geschlossenheit und konzentriertes Handeln entgegen. Wir treffen Vorsorge, damit wir durch den Winter kommen."

Deutsche "Gepard"-Panzer treffen in Ukraine ein

Eine andere Lieferung hat heute allerdings geklappt: Die Ukraine erhielt die ersten Luftabwehrpanzer des Typs Gepard aus Deutschland. "Heute sind offiziell die ersten drei 'Geparde' eingetroffen", sagte Verteidigungsminister Olexij Resnikow im ukrainischen Fernsehen. Dazu seien auch mehrere Zehntausend Schuss übergeben worden. Erwartet werden zwölf weitere "Gepard"-Panzer. Die Lieferung beruht auf einer Übereinkunft mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht vom Mai. Die Ukraine drängte wiederholt auf eine Stärkung der eigenen Luftabwehr.

Es ist die zweite Lieferung von schweren Waffen, die Deutschland an die Ukraine übergibt. Im Juni hatte die Bundesregierung mit der Panzerhaubitze 2000 bereits schwere Artilleriegeschütze an die Ukraine geliefert. Die Panzerhaubitze ist das modernste Artilleriegeschütz der Bundeswehr mit einer Reichweite von 40 Kilometern. Die Ukraine hat damals insgesamt sieben Geschütze erhalten.

Ukraine feiert Erfolge mit HIMARS-Systemen

Die USA haben der Ukraine bereits mehr Waffen als Deutschland geliefert. Und sie können effektiv eingesetzt werden: Ukrainische Truppen zerstörten nach Angaben von Verteidigungsminister Olexij Resnikow mit US-Präzisionsraketen 50 russische Munitionsdepots. "Das unterbricht deren Nachschub-Ketten und nimmt ihnen die Fähigkeit, Kämpfe aktiv zu führen und unsere Kräfte unter schweres Artillerie-Feuer zu nehmen", sagte Resnikow im Fernsehen. Das belege den wachsenden Einfluss der aus den USA gelieferten mobilen Mehrfachraketenwerfer vom Typ HIMARS auf die Kämpfe. Auch die US-amerikanische Denkfabrik Institute for the Study of War bescheinigte den Raketensystemen Erfolge während der Einsätze ukrainischer Truppen. Demnach seien der Ukraine damit Schläge sowohl auf die russische Militärlogistik als auch auf mehrere Kontrollpunkte gelungen.

Ukraine: Berkut-Spezialeinheit soll Widerstand in Cherson brechen

In Cherson kämpfen ukrainische Truppen unterdessen weiter gegen russische Truppen. Moskau setzte dabei offenbar auch die berüchtigte Berkut-Bereitschaftspolizei ein. Diese solle den ukrainischen Widerstand in den besetzten Gebieten der Region Cherson unterdrücken, wie der Sicherheitsdienst der Ukraine berichtete. "Die Opfer sind psychischem Druck, Gewalt und Morddrohungen ausgesetzt. Es wurden Fälle von Entführung und Folter von Menschen registriert", hieß es weiter. Die einst dem ukrainischen Innenministerium unterstellten Berkut-Einheiten waren an der Niederschlagung von pro-europäischen Protesten in der Ukraine 2014 beteiligt. Nach der Flucht des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch löste die ukrainische Regierung sie auf, auf der von Russland illegal annektierten Krim war die Spezialeinheit allerdings weiterhin willkommen.

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Quelle: ntv.de, lve/AFP/dpa

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