Politik

Kritik an Kabinett und Programm Söder liest seiner Union die Leviten

CSU-Chef Söder lässt nach dem Landtagswahl-Beben kein gutes Haar an der Union. Das Parteienbündnis sei programmatisch nicht ausreichend aufgestellt, im Bund müsse Personal für die Zukunft präsentiert werden. Die Äußerungen sind auch eine klare Breitseite gegen den CDU-Vorsitzenden Laschet.

Der zum katastrophalen Landtagswahlergebnis noch schweigende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet hat seinem Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur, CSU-Chef Markus Söder, den Vortritt bei der Deutung der Lage der Union gelassen. Die Ergebnisse in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz "waren ein schwerer Schlag ins Herz der Union", sagte Bayerns Ministerpräsident am Montagmorgen in München. "Gerade bei der Südwest-CDU kann man sagen, sie ist das Stammland der Union und das tut ganz besonders weh, weil man wissen muss, dass ohne den Süden, dass ohne die Stimmen aus dem Süden, dauerhaft keine stabilen Mehrheiten im Bund möglich sind."

Söder sieht nach eigenem Bekunden ernsthaft die Gefahr gekommen, dass CDU und CSU nicht den nächsten Bundeskanzler stellen: "Es gibt Mehrheiten jenseits der Union." Der CSU-Vorsitzende sprach von einem "Weckruf", auf den das Parteienbündnis reagieren müsse. "Deshalb braucht es jetzt in diesen Zeiten eine grundlegende Überlegung, wie wir uns in den kommenden Wochen aufstellen und verbessern können." Die Union müsse "inhaltlich breiter und frischer auftreten" und Konzepte für Wirtschaft, Klimaschutz und Digitalisierung vorlegen.

Neues Personal soll her

So kritisierte Söder - ohne Namen zu nennen - das Bild, das die Bundesminister beider Parteien abgeben. "Um das Kabinett herum müssen die beiden Unionsparteien noch einmal Teams für die Zukunft bilden, wo auch erkennbar wird, wer die Jüngeren sind, die sich nach der Bundestagswahl einbringen können", sagte Söder und forderte: "Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass nach 16 Jahren die Union keine Perspektive für die Zukunft bietet. Es muss personell geschaut werden, wie man Teams und Kompetenzen mit Jüngeren verbinden kann." Auf Nachfrage schränkte Söder ein: "Ich glaube nicht, dass eine hektische Kabinettsumbildung in Berlin irgendwas bringt."

Söder betonte, der Wahlsieg von Kretschmann bestätige auch die Corona-Politik von Söder und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Südwest-CDU sei auch für ihre Forderungen nach schneller Lockerung abgestraft worden. "Die grundlegende Strategie von Vorsicht und Umsicht ist bestätigt worden", sagte Söder. "Winfried Kretschmann und ich gehören mit Abstand zu denjenigen, die immer am meisten auf diesen Kurs gesetzt hatten."

Diese Bewertung kann ebenso als Breitseite gegen Laschet verstanden werden, wie Söders vorherige Bewertung der Unionsminister und des Unionsprogramms. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen hatte sich wiederholt für Lockerungen bei Schulen und in der Wirtschaft ausgesprochen. Laschet wird sich voraussichtlich nach den CDU-Gremiensitzungen vom Montag äußern.

Schneller impfen, weniger exportieren

Söder empfahl seiner Partei und der großen Schwester, den Weg aus der Krise in einer entschlosseneren Corona-Politik zu suchen, insbesondere beim Impfen. "Um die Impfgeschwindigkeit noch einmal zu erhöhen, braucht es einen Abbau der Dokumentationspflichten", sagte Söder und forderte auch eine Lockerung der Impfprioritäten. "Wir brauchen die Freiheit, tatsächlich mehr nach Infektionsgeschehen zu impfen", sagte Söder. In beiden Punkten stellt er sich damit gegen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, mit dem Söder in der Pandemie lange Zeit eng zusammenarbeitete und wiederholt gemeinsam auftrat.

Ferner sprach sich Söder für einen EU-Exportstopp für den Impfstoff von Astrazeneca aus, auch weil die USA selbst Imfdosen importierten, ohne eigene Produkte zu exportieren. "Gute Partnerschaft bedeutet auch, im Impfen eine Brücke über den Atlantik zu bauen", sagte Söder. Die EU müsse sich zudem stärker um Impfstoffe aus Russland und China bemühen. Dass die Länder der Europäischen Union beim Verimpfen nur langsam vorankommen, sei ein unterschätzter Schaden für das Ansehen und die Rolle Europas in der Welt.

Die GroKo-Stimmung wird giftiger

"Wobei ich auch sagen möchte, dass ich persönlich enttäuscht bin, dass die SPD fast ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl mutwillig das Vertrauen in die gemeinsame Arbeit der Bundesregierung beschädigt", sagte Söder. "Die Angriffe der SPD-Vorsitzenden sind unredlich und sind auch nicht akzeptabel." Dabei griff er auch den SPD-Kanzlerkandidaten und Bundesfinanzminister an: "Die Verspätung der Finanzhilfen für die Wirtschaft gehen nicht allein auf das Konto von Peter Altmaier, sondern fifty-fifty auch auf das Konto von Herrn Scholz. Wenn die SPD glaubt, sie könne sagen, wir haben damit nix zu tun, werden wir in den nächsten Wochen diese Umstände noch deutlicher machen." Keiner werde sich herausnehmen können.

Am Morgen hatte SPD-Co-Chef Norbert Walter-Borjans im "ntv Frühstart" die CDU-Wahlergebnisse auch an den Unionsministern im Bund festgemacht. "Ich glaube schon, dass die Leistungsdefizite bei einigen von der CDU und CSU gestellten Bundesministern durchaus auch im Land gesehen werden, in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg", sagte Walter-Borjans. Die Maskenaffäre allein erkläre das CDU-Abschneiden nicht. "Es wurde auch deutlich, dass in den Ländern die CDU sowohl in der Regierung selbst als auch in der Opposition nicht das bieten konnte, dass die Menschen gesagt haben, die Zukunft lege ich in deren Hände", so Walter-Borjans.

Quelle: ntv.de

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