
Jarasch, Wegner und Giffey - die Grüne oder die Rote muss über ihren Schatten springen.
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SPD, Grüne und Linkspartei können nach diesem CDU-Wahlsieg in Berlin nicht einfach weitermachen. Und das werden sie auch bald begreifen.
So verworren und verwirrend Berlin sein kann: Dieses Mal ist eine Denkzettel-Wahl sondergleichen herausgekommen. Die in Berlin jahrzehntelang so unbeliebte CDU deklassiert die drei Parteien der alten Regierung. Nach mehr als 20 Jahren SPD-Führung stehen die Zeichen dieser Wahl auf Wechsel. Jetzt müssen es nur noch Franziska Giffey und Bettina Jarasch einsehen, die Spitzenkandidatinnen von SPD und Grünen. Weder der Regierenden Bürgermeisterin noch der Verkehrssenatorin hat der Amtsbonus etwas genutzt.
Der ausschlaggebende Grund liegt vermutlich gar nicht so sehr im besonders großen Vertrauen, das dem CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner entgegengebracht wird. Nein, es ist einfach so, dass ganz viele Berlinerinnen und Berlin die Nase voll davon haben, wie schlecht ihre Stadt bei Verkehr, Schule und Verwaltung funktioniert. Wie sehr sich die Verantwortlichen auf allen Ebenen in Zuständigkeitsgerangel verheddert haben. Und wie wenig SPD, Grüne und Linkspartei daran verbessern konnten.
Auf einen funktionierenden Staat sind aber gerade die weniger gut Gestellten angewiesen. Sie können sich private Alternativen oder einen Umzug nicht leisten. Gerade in diesen Gruppen ist der Staat, der liefert wie bestellt, die beste Versicherung gegen Demokratie-Frust. Nur 24 Prozent der Wähler sind zufrieden mit der Arbeit der rot-grün-roten Regierung. Gut 60 Prozent der Wahlberechtigten leben gern in ihrer Stadt, viel weniger als in anderen Großstädten. Ob ein CDU-Bürgermeister das ändern könnte, weiß man nicht. Aber versuchen muss er es dürfen. Fragt sich, mit wem.
Eine starke CDU auf der schwierigen Suche nach einem kleineren Regierungspartner, das könnte das Muster auch der anderen Landtagswahlen 2023 werden. Und auch der Gewinner des Abends muss wissen: Wer die meisten Stimmen hat, muss nicht automatisch auch regieren. Es kann auch anders kommen, wenn die Verlierer nahe genug dran sind.
In Berlin jedoch ist die Sache klar: Nach mehr als 20 Jahren mit SPD-Bürgermeistern ist das große Plus bei der CDU eine Art Hilfeschrei aus der Stadt, den SPD und Grüne ernst nehmen sollten: Eine der beiden Parteien muss über ihren Schatten springen und Juniorpartner der CDU werden. Ein großes bundespolitisches Signal geht davon eh nicht aus.
Am Wahlabend klangen die Spitzen von SPD und Grünen noch so, als wollten sie das Unmögliche doch versuchen. Das wird sich in den nächsten Tagen legen, wenn der politische Anstand überwiegt. Denn selbst wenn die alte Linksregierung rechnerisch genug Parlamentssitze hätte, um weiterzumachen - es wäre ein Schlag gegen den politischen Anstand und mitten ins Gesicht der Wähler.
Quelle: ntv.de