Wegen Osaka-Aussagen Depressionsliga entsetzt, Becker kontert
02.07.2021, 13:14 Uhr
Boris Beckers Aussagen über Depressionen sorgen für Wirbel.
(Foto: imago images/CHROMORANGE)
"Wie ein Schmetterball ins Gesicht": Die deutsche Depressionsliga kritisiert Boris Becker nach dessen Aussagen über die an einer Depression erkrankte Tennisspielerin Naomi Osaka. Der ehemalige Weltstar reagiert via Instagram - und sucht die Schuld woanders.
Die deutsche Depressionsliga reagiert mit "Verwunderung und Bestürzung" auf die Aussagen Boris Beckers über die Tennisspielerin Naomi Osaka, die wegen Depressionen von den French Open zurückgetreten war und Wimbledon abgesagt hatte. In einem offenen Brief richtet sich der Verein, eine bundesweit aktive Patientenvertretung für an Depressionen erkrankte Menschen, an den früheren Tennisstar.
"Sehr geehrter Herr Becker, Depression hat nichts mit organischer Gesundheit oder gar mit Reichtum oder Armut zu tun", schrieben die Vereinsvorsitzende Waltraud Rinke und ihr Stellvertreter Armin Rösl. "Depression kann JEDEN treffen." Becker hatte zu dem Thema in einem Interview der Zeitung "The Times" unter anderem gesagt: "Ist das wirklich Druck? Ist es nicht Druck, wenn du kein Essen auf dem Tisch hast? Wenn du deine Familie ernähren musst und keinen Job hast? Du bist 23, du bist gesund, du bist reich, deiner Familie geht's gut - wo ist da der verdammte Druck?"
Eine Depression, so schrieb die Betroffenenorganisation in ihrem Brief weiter, sei eine ernstzunehmende psychische Krankheit und nichts, "was man mit einem einfachen 'Return', um in der Tennissprache zu bleiben, abwehren kann. Depression ist wie ein zermürbendes Tennismatch über fünf Sätze, mitunter mit schier endlosem Tie-Break am Ende." In Deutschland sind laut des Vereins gut fünf Millionen Menschen von Depressionen betroffen. Beckers Aussagen wären "wie ein Schmetterball ins Gesicht jedes [dieser] Menschen" und er würde die Betroffenen mit seinen Worten als "schwach" einstufen.
"Eine ganz tückische Krankheit"
Becker reagierte auf den Brief in einem Instagram-Post. Er sei "wieder einmal" von einer Zeitung "falsch zitiert" und es sei eine "falsche Schlagzeile erfunden" worden, schrieb der ehemalige Tennisprofi. Er habe sich wiederholt "besorgt über Naomi Osaka" geäußert im Fernsehen und wisse, dass Depressionen "eine ganz tückische Krankheit" seien. Becker erwähnte auch, vor einigen Jahren ein Familienmitglied daran verloren zu haben.
Die britische "Times" berichtet in ihrem Artikel, wie Becker zwar eine Sache gestrichen haben wollte, aber dabei soll es sich um den Kraftausdruck "fucking" gehandelt haben ("Where is the fucking pressure?", war seine Aussage im auf englisch geführten Interview: "Wo ist da der verdammte Druck?").
Becker sagte in dem Interview außerdem über Osaka: "Wenn du mit den Medien nicht umgehen kannst, ist es sehr schwer, ein professioneller Tennisspieler zu sein. Und es ist schwierig, dein Preisgeld und das Geld deiner Sponsoren ohne die Medien zu verdienen." Er erzählte auch, dass er Osakas politische Haltung sehr bewundere, besonders als sie bei den US Open Gesichtsmasken mit den Namen afroamerikanischer Opfer von Polizeibrutalität trug. "Ich war richtig beeindruckt, dass sie in einem sogenannten 'weißen' Sport Stellung bezogen hat", so Becker. "Also war ich überrascht, dass sie das Zeug dazu hatte und dann, sechs Monate später, einer Pressekonferenz nicht gewachsen war."
Quelle: ntv.de, dbe