NY bittet Heat zum 90er-Clash Die NBA feiert die Rückkehr des Biest-Duells
02.05.2023, 20:26 Uhr
Heat-Star Jimmy Butler und Josh Hart schon im Infight.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Die wundervollen 90er-Jahre sind zurück im Basketball: Die New York Knicks treffen in den Playoffs der NBA auf den alten Rivalen Miami Heat. Das weckt hitzige Erinnerungen. Vor allem an einen kuriosen Klammer-Griff von Knicks-Trainer Jeff Van Gundy.
Ende der 90er-Jahre hält eine hart ausgefochtene Rivalität die NBA in Atem. Jahr für Jahr duellieren sich die New York Knicks und die Miami Heat mit harten Bandagen - inklusive zweier Prügeleien, einer ikonischen Klammer-Szene und einem spektakulären Gamewinner. In diesem Jahr treffen die alten Konkurrenten überraschend in der zweiten Playoffrunde aufeinander.
Jeff Van Gundy ist ein Mann der Tat. Vielleicht wusste er sich auch einfach nicht mehr anders zu helfen. Um bei der ausbrechenden Keilerei auf dem NBA-Parkett noch Schlimmeres zu verhindern, wirft er sich an diesem 30. April 1998 an die Füße von Miami-Center Alonzo Mourning.
Es läuft Spiel vier der Playoff-Serie New York Knicks gegen die Miami Heat. Die letzten Sekunden ticken herunter, da eskaliert es im Madison Square Garden. Miami-Center Mourning und Gegenspieler Larry Johnson, einst Teamkameraden in Charlotte, wechseln plötzlich die Sportart: Wie zwei Eishockey-Spieler oder eher Boxer stehen sie sich gegenüber, versuchen mit Faustschlägen den jeweils anderen zu treffen (verfehlen ironischerweise aber alle Jabs). Tumulte in der Arena in Downtown Manhattan. Dann stürmt auch noch Knicks-Trainer Van Gundy das Feld, wirft sich an Mournings Arme, rutscht dann bis auf die Beine herunter und hängt mit seinem gesamten Körper (Größe 1,75 Meter) an dem 2,08 Meter großen Centerspieler fest. Mit allem, was er hat, klammert der Trainer sich an dem Über-Athleten fest. Ein legendäres Bild.
Kämpfende Rivalen werden gesperrt
"Ich wollte einfach zwischen die beiden gehen, damit nicht die Fäuste fliegen", sagte Van Gundy hinterher. So richtig erfolgreich war er dabei zwar nicht, immerhin gibt es keine Verletzungen. Die beiden Faustkämpfer wurden für das fünfte Spiel der Serie gesperrt. Die Knicks siegten in Miami und gewannen die Serie mit 3:2. Zwei weitere Playoff-Clashes sollten folgen. Die Szene war der Höhepunkt einer Dauer-Fehde in der Basketball-Liga, die die späten 90er und Beginn der 2000er Jahre prägte. Vier Jahre in Folge bekämpften sich die beiden Klubs der amerikanischen Ostküste mit allen Mitteln.
Der Ausgangspunkt der Rivalität hatte einige Jahre zuvor ihren Ursprung. Knicks-Coach Pat Riley, immerhin Finalist mit dem Traditionsklub im Jahr 1994, wechselte im Jahr darauf die Seiten und schloss sich der Konkurrenz aus Miami an. Für Ärger sorgte die Tatsache, dass die Heat ohne das Wissen der Knicks mit dem Coach verhandelten. Der erste Funken.
Playoff-Feuer loderte dann aber erst zwei Jahre später auf. Das erste Aufeinandertreffen in der Meisterschaftsrunde erfolgte im Semifinale der Eastern Conference 1997. Schlagzeilen schrieb dann vor allem Spiel 5. Die Ausgangslage: Die Knicks führten die Serie komfortabel 3:1 an, Miami lag im Heimspiel aber auf Siegkurs. Erst gerieten Mourning und Charles Oakley aneinander. Dann artete nach einem Freiwurf spät im vierten Viertel ein intensiver Körperkontakt zwischen PJ Brown (Heat) und Charlie Ward (Knicks) aus. Hinter dem Korb und halb auf den Fotografen liegend entbrannte eine wilde Schubserei. Die Folge: Drei Spieler der Knicks wurden für die ausbleibenden Spiele gesperrt, weil sie die Bank verlassen hatten und aufs Spielfeld gerannt waren. Auf Heat-Seite trifft den Bann nur einen Spieler. Die Fans zürnten. Die Verschwörungstheorien schossen auch in der Prä-Internet-Zeit schnell aus dem Boden. Bestärkt wurden diese dadurch, dass die nun unterbesetzten Knicks die Serie mit 3:4 verloren.
Märchenhafte Reise der Knicks
Lange mussten die stolzen Knickerbocker nicht auf die Revanche warten. Schon im Jahr darauf folgte das Rematch. Wegen einer Handgelenksverletzung von New Yorks Center Patrick Ewing beendeten die Knicks die reguläre Saison nur auf dem siebten Rang im Osten. Schon in der ersten Runde ging es gegen die zweitplatzieren Heat. Nach einer 2:1-Führung der Heat kulminierte die Rivalität im vierten Spiel, als die Schläge von Johnson und Mourning die Partie beendeten. Das entscheidende fünfte Spiel (damals wurden Erstrundenspiele noch im Best-of-Five-Modus ausgespielt) dominierten die Knicks auswärts. Die Revanche war geglückt.
Im Schatten eines NBA-Streiks und dem zweiten Abgang von Michael Jordan von den Chicago Bulls zog der nächste Schlagabtausch herauf. Die Knicks humpelten gerade so als Achter in die Playoffs. Miami hatte den ersten Platz von den Jordan-losen Bulls übernommen. Schon im ersten Spiel aber schockte der Außenseiter den Favoriten. Wieder ging die Serie über die volle Distanz: Wieder behielt New York das bessere Ende. Und was für eines: 4,5 Sekunden vor Ende der alles entscheidenden Partie warf Shooting Guard Allan Houston einhändig und im Laufen von der Freiwurflinie - der Ball prallte auf die vordere Seite des Ringes, purzelte gegen das Brett und von dort aus durchs Netz. 78:77. Damit schrieben die Knicks Geschichte: Zum ersten Mal hatte ein an Nummer 8 gesetzte Mannschaft das Nummer-1-Team in der ersten Runde rausgeworfen. Für die New Yorker endete die märchenhafte Reise erst in den Finals. Dort unterlagen sie den San Antonio Spurs (mit einem jungen Tim Duncan und Trainerfuchs Gregg Popovich) mit 1:4.
Runde vier stieg dann im Jahr 2000, wieder in den Semifinals - das wohl sportlich am meisten umkämpfte Duell. Jedes Spiel hatte einen anderen Sieger. Keine Partie wurde mit einem höheren Abstand als sechs Punkten gewonnen. Auch Spiel sieben war bis zur letzten Sekunden, bis zum letzten Wurf offen. Miamis Clarence Weatherspoon versemmelte den mögliche Game Winner - erneut gingen die Knicks als Sieger und einem denkbar knappen 4:3 vom Feld.
Im neuen Jahrtausend schläft die Rivalität ein
Kaum war das neue Jahrtausend angebrochen, schlief die Dauer-Rivalität allerdings komplett ein. Nur 2012 gab es ein kurzes Wiedersehen. Allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen: Inzwischen hatten die Heat ihr Superteam um LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh zusammengebaut: Architekt der Giganten-Truppe war Teampräsident und Ex-Trainer Pat Riley. Mit einem 4:1 cruiste Miami gegen chancenlose Knicks durch die Serie, krönte sich später zum Champion.
Während die Heat 2013 den Titel verteidigten, auch 2014 und 2020 die Finals erreichten, scheiterten die Knicks Jahr für Jahr an den hohen Ansprüchen und eigenen Schwächen sowie Inkompetenz. Seit 2013 gewannen sie nur eine einzige Playoff-Serie. Doch in diesem Jahr scheint endlich wieder mehr möglich.
In der zweiten Runde der Playoffs der Eastern Conference kommt es zum Überraschungsduell zwischen den Knicks und den Heat. Das Team aus Miami warf völlig überraschend den früheren Meister Milwaukee Bucks um Ex-MVP Giannis Antetokounmpo raus. Dabei waren die Heat als Achter und damit als das am schlechtesten platzierteste Team in die Playoffs eingezogen. Vor allem Anführer Jimmy Butler wuchs über sich hinaus und schraubte mit mehreren Monster-Auftritten maßgeblich an der Sensation mit.
Auch die Knicks (bei denen auch der Deutsche Isaiah Hartenstein spielt) warfen als Fünfter im Osten die besser platzierten Cleveland Cavaliers (4.) aus dem Playoff-Rennen. Das Duo Julius Randle und Jalen Brunson begeistert in dieser Saison den traditionell basketballvernarrten Big Apple. Feiernde Knicks-Fans zogen nach dem Triumph in Runde 1 durch die Straßen Manhattans. Das hatte in den vergangenen Jahrzehnten Seltenheitswert.
Der Hype in New York ist real. Im Spiel eins im Madison Square Garden elektrisierte der Throwback-Hype die Massen. Ein gar nicht mal so zarter Hauch 90er-Rivalität hing in der Halle. Am Ende aber sahen die Knicks-Fans um Edel-Supporter Spike Lee eine bittere Auftakt-Niederlage. Im Publikum tauchten auch die alten Recken von früher auf: Mourning und Ewing. Auch Riley war da. Die Rivalität lebt wieder auf, sie köchelt wieder hoch.
Quelle: ntv.de