"Demütigend" und "ekelhaft" Streit um Radstar Ewan eskaliert nach Tour-Aufgabe
15.07.2023, 14:58 Uhr
Ewan gewann unter anderem 2020 die ikonische Schlussetappe der Tour de France auf dem Champs Élysées in Paris.
(Foto: AP)
Caleb Ewan ist einer der besten Sprinter der Welt. Mit seiner Aufgabe bei der Tour de France zieht der Radprofi jedoch den Zorn seines Teamchefs auf sich. Ewans Manager wehrt sich und fordert eine Entschuldigung für die "ekelhaften" Aussagen.
Fünf Etappen bei der Tour de France hat Caleb Ewan schon gewonnen, dem sechsten Tageserfolg fährt der Australier nun schon seit 2020 hinterher. Auch die aktuelle Austragung der Frankreich-Rundfahrt endet für den 29-Jährigen ohne den lang ersehnten Triumph - während der 13. Etappe am gestrigen Freitag stieg Ewan frustriert vom Rad. Über viele Kilometer war er dem Hauptfeld hinterhergefahren und hatte augenscheinlich irgendwann währenddessen den Glauben daran verloren, die 137,8 Kilometer bis zum Zielstrich auf dem Grand Colombier noch innerhalb des Zeitlimits abschließen zu können.
Für Stepháne Heulot, den Chef von Ewans Team Lotto-Dstny, kam die Entscheidung seines Top-Sprinters anscheinend einem Affront gleich. "Es ist eine Enttäuschung", sagte der Boss der belgischen Equipe. Und wählte den Weg der öffentlichen Kritik. "Wir haben das Recht, mehr Hingabe zu fordern", warf Heulot dem 29-Jährigen vor: "Ein wahrer Champion motiviert sein Team. Er hat das nicht getan." Außerdem appellierte er, ein Fahrer "hat nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten". Diesen ist Ewan seiner Ansicht offenbar nicht ausreichend nachgekommen.
Ewans Manager zeigte sich empört von den Anschuldigungen und wies diese mit Nachdruck zurück. "Diese Dinge öffentlich zu sagen und einen Fahrer zu demütigen, der vier, fünf Jahre so viel für das Team gegeben", sagte Jason Bakker im Gespräch mit "Cycling Weekly", das sei "einfach ekelhaft, um offen zu sein". Ewan war 2019 zum damaligen Lotto-Soudal-Team gewechselt, das zu dieser Saison aus der 18 Mannschaften umfassenden World Tour in die zweitklassige Kategorie "ProTeam" zurückgestuft worden war. Seitdem gewann er unter anderem fünf Etappen bei der Tour de France und vier beim Giro d'Italia. Bakker forderte - wohl auch mit Blick auf diese respektable Bilanz - eine Entschuldigung von Heulot.
Ewan wiederum hatte schon am Donnerstag während der 12. Etappe um den Anschluss kämpfen müssen und das Zeitlimit auf dem eigentlich nur mittelschwer eingestuften Teilstück mit viel Mühe eingehalten. Für den Australier war es bei der fünften Tour-Teilnahme die zweite vorzeitige Aufgabe: 2021 hatte er nach einem Sturz unmittelbar vor Ende der dritten Etappe das Rennen beenden müssen. 2022 hatte Ewan Paris als "Gewinner" der "lanterne rouge" erreicht - also als Letzter der Gesamtwertung, damals mit über fünf Stunden Rückstand auf Sieger Jonas Vingegaard.
Interessant könnte jetzt werden, wie es zwischen Ewan und dem Team Lotto-Dstny weitergeht. Der Vertrag des mehrfachen Tour-Etappensiegers bei den Belgiern läuft noch bis zum Ende des nächsten Jahres. Allerdings wechseln in diesem Jahr verhältnismäßig viele Top-Sprinter die Mannschaft, sodass auch eine vorzeitige Trennung nicht ausgeschlossen scheint.
Quelle: ntv.de, tsi/sid