Turner Dauser ist der FavoritVerhilft die Glücksunterhose zum ersehnten WM-Gold?

Wenn Lukas Dauser im WM-Finale an den Barren geht, turnt er um Gold. Sein ärgster Konkurrent ist nicht am Start - und der Deutsche in Topform. Für den Aberglauben wäscht er schnell noch seine Glücksunterhose. Es wäre Deutschlands erste Goldmedaille an diesem Gerät seit 38 Jahren.
Lukas Dauser war aufgewühlt, er konnte nicht schlafen, also sorgte er lieber dafür, dass am Sonntag auch ja nichts schiefgeht beim Griff nach Gold. In der etwas unruhigen Nacht nach dem Mehrkampffinale bei der Turn-WM in Antwerpen wachte der deutsche Hoffnungsträger gegen 2.30 Uhr auf - zur Beruhigung wusch er erst mal seine Unterhose. "Das mache ich seit Jahren so", berichtete er, "und bisher hat mich das Glück fast nie im Stich gelassen." Das kann man so sagen.
Seit mittlerweile drei Jahren trägt Dauser bei Wettkämpfen dieselbe Unterwäsche, der Glücksbringer hat bei den Olympischen Spielen in Tokio sowie bei der WM 2022 in Liverpool jeweils zu Silber verholfen. Das Päckchen mit neuen Unterhosen, das ihm seine Frau Viktoria im Juni zum 30. Geburtstag schenkte, hat er ungeöffnet daheim im Vorort von München liegen lassen. Da wäscht er lieber weiter regelmäßig seine Glückshose - wenn auch für gewöhnlich nicht mitten in der Nacht. Wobei: Gold am Barren hat er wohl auch so fast sicher.
Weil Titelverteidiger und Olympiasieger Zou Jing aus China nicht am Start ist, steht Dauser der Sprung nach ganz oben auf dem Podium offen. Und seine Vorleistungen in Antwerpen sprechen Bände: Im Mehrkampffinale am Donnerstag kam er als 16. erwartungsgemäß nicht für eine Medaille infrage, doch an seinem Paradegerät erturnte er wie in der Qualifikation und im Mannschaftsfinale, bei dem sich die deutsche Riege die Teilnahme an Olympia 2024 sicherte, die Höchstnote.
Auch Frauen haben Medaillenchance
Trotz Glückshose und bester Noten bisher: Dauser stapelt lieber tief vor dem Barrenfinale. "Ich fühle mich trotzdem nicht als Favorit", betonte der Sportsoldat vom TSV Unterhaching. "Die anderen liegen ganz dicht hinter mir, und da kann jede Kleinigkeit entscheiden." Dauser hat den Vorteil, dass er am Sonntag als Vorletzter ans Gerät gehen wird, er könnte dann sogar taktieren, um als erster Deutscher seit Sylvio Kroll 1985 WM-Gold am Barren zu holen, schließt das aber aus: "Ich mache das nicht."
Neben Gold für Dauser könnte es am Sonntag noch eine weitere deutsche Medaille geben. Für Pauline Schäfer-Betz ist der Titel am Schwebebalken wie 2017 in Montreal wohl außer Reichweite, eine weitere WM-Medaille wie 2021 in Kitakyushu (Silber) und 2015 in Glasgow (Bronze) aber plant sie auch selbst ein. "Ich fahre nicht zu einer WM, nur um dabei zu sein. Ich habe ja auch schon dreimal bewiesen, dass ich es kann", sagte die 26-Jährige, die im Mehrkampf nur 24. wurde, ihre Generalprobe am Schwebebalken aber trotz eines Abzugs von 0,1 Punkten für eine Zeitüberschreitung mit 13,566 Zählern souverän meisterte.
Weniger nervenstark ist ihr Trainer Kay-Uwe Temme, der sich die Übungen seines Schützlings vor lauter Aufregung nicht anschauen kann. "Aber wenn es ihm hilft, soll er das machen", sagte Schäfer-Betz, die freilich auch nicht verheimlicht, dass es an ihrem Paradegerät auch bei ihr im Kopf rund geht. "Anders als an den anderen Geräten hat man am Schwebebalken während der Übung viel Zeit zum Nachdenken. Das sind 90 Sekunden Gehirnfasching."