"Schwieriger Moment für mich" Zverev meldet sich und fürchtet das Schlimmste
04.06.2022, 03:38 UhrIn einem heiß umkämpften Match ringen Alexander Zverev und Rafael Nadal um den Finaleinzug bei den French Open. Dann beendet ein Umknicken abrupt die Partie und macht schließlich alle Titelambitionen von Zverev zunichte. Später am Abend gibt der verletzte Tennis-Olympiasieger ein Update per Video.
Nach dem Halbfinal-Drama bei den French Open gegen Rafael Nadal begann für Alexander Zverev das bange Warten auf die Diagnose. Doch große Hoffnungen, dass er vielleicht noch einmal mit dem Schrecken davongekommen ist, macht sich der 25-Jährige nicht. Vielmehr geht er offenbar von einer längeren Pause aus. "Es sieht so aus, dass ich eine sehr ernsthafte Verletzung habe", sagte Zverev in einer in der Nacht zum Samstag von den Veranstaltern verbreiteten Videobotschaft. "Aber das medizinische Team und die Ärzte checken es noch. Wir informieren euch, wenn wir mehr wissen", sagte der Olympiasieger sichtlich mitgenommen.
Die Szenen auf dem Court Philippe Chatrier hatten bereits Schlimmes vermuten lassen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht lag Zverev auf dem Boden, mit Tränen in den Augen wurde er im Rollstuhl vom Platz gefahren. Der Traum vom zweiten Grand-Slam-Finale seiner Karriere und der Chance auf den ersten Titel bei einem der vier wichtigsten Turniere war auf brutalste Art und Weise geplatzt.
Nach der Erstversorgung in den Katakomben des Centre Courts verließ Zverev mit seinem Team um Vater Alexander Senior und Trainer Sergi Bruguera die Anlage im Bois de Boulogne. "Es war ein sehr schwieriger Moment für mich auf dem Platz", sagte Zverev später in dem Video. "Es war ein fantastisches Match, bis das passiert ist, was passiert ist."
Zverev soll nun an diesem Samstag nach Hause fliegen. "Danach muss man schauen, wie die finale Diagnose aussieht, wie schlimm es ist und wie Sascha (sein Rufname) sich am besten erholen kann", sagte sein Bruder Mischa als TV-Experte bei Eurosport.
Nadal fühlt mit seinem Gegner
Der am Freitag 36 Jahre alt gewordene Routinier Nadal hat nun am Sonntag die Chance, seinen 14. Titel bei den French Open zu gewinnen und seinen Rekord von bislang 21 Triumphen bei Grand-Slam-Turnieren auszubauen. "Ich wünsche ihm alles Gute und hoffe, dass er den Weg zu Ende geht", sagte Zverev. Im Finale bekommt Nadal es mit dem Norweger Casper Ruud zu tun, der im zweiten Halbfinale Marin Cilic aus Kroatien mit 3:6, 6:4, 6:2, 6:2 besiegte. Für Ruud ist es das erste Grand-Slam-Finale seiner Karriere. Richtig freuen konnte sich Nadal über seinen erneuten Einzug ins Finale aber nicht.
"Das ist sehr hart für ihn. Das tut mir sehr leid. Er hat unglaubliches Tennis gespielt", sagte Nadal im Interview auf dem Platz über Zverev. "Ich weiß, wie sehr er darum kämpft, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Ich bin mir sicher, er wird nicht nur eines, sondern mehrere gewinnen", sagte der Spanier. "Wieder im Finale von Paris zu sein, ist ein Traum. Aber im Moment ist es schwer, Worte zu finden, wenn ich ihn eben noch in der Kabine habe weinen sehen." Über eine genaue Diagnose konnte auch Nadal zunächst nichts sagen. "Ich hoffe, die Verletzung ist nicht so schlimm. Ich hoffe, es ist nichts gebrochen."
Elektrisierende Stimmung im Stade Roland Garros
Zverev hatte Nadal zuvor einen Mega-Fight geboten und den Sandplatz-König von Paris immer wieder arg in Bedrängnis gebracht. Allerdings konnte er viele Chancen nicht nutzen. Von Beginn an herrschte im Stade Roland Garros eine elektrisierende Stimmung. Schon beim Einmarsch auf den Court Philippe Chatrier wurde Nadal mit Ovationen empfangen. Die Zuschauer erhoben sich von den Plätzen und applaudierten - so als ob sie den spanischen Ausnahmekönner zum letzten Mal live bewundern könnten. Zu Ehren seines Geburtstages stimmte das Publikum dann sogar ein Ständchen an. Wegen des Regens in der französischen Hauptstadt war das Dach über dem größten Stadion der Anlage geschlossen. Es herrschte Party-Stimmung, als Nadal die Partie um 15.05 Uhr eröffnete. Doch Zverev ließ sich von all dem zunächst nicht beeindrucken. Er spielte von Beginn an aggressiv und überraschte Nadal mit zahlreichen unerreichbaren Schlägen.
Sieben Spiele lang spielte Zverev danach das wohl beste Tennis, das er bislang je bei einem Grand-Slam-Turnier gespielt hatte. Doch dann kam es plötzlich zu einem Bruch in seinem Spiel. Nadal, seit Wochen mit chronischen Fußbeschwerden spielend, blieb weiter weit von seiner Topform entfernt, doch Zverev unterliefen auf einmal viele leichte Fehler. So ließ er Nadal zurück ins Spiel, zum 4:4 schaffte der Spanier das Break zum Ausgleich.
Danach wogte die Partie hin und her. Zverev wehrte beim Stand von 4:5 drei Satzbälle Nadals ab, um dann in dessen anschließendem Aufschlagspiel zwei Breakbälle nicht zu nutzen. Im Tiebreak hatte Zverev dann auf einmal vier Satzbälle. Einen vergab er mit einem leichten Volley-Fehler, den Rest wehrte Nadal in einer Manier ab, wie man sie von ihm auf dem Centre Court von Paris kennt - einfach Weltklasse. Doch Zverev hielt dagegen, wehrte zwei weitere Satzbälle von Nadal ab, um den ersten Durchgang nach 1:31 Stunden dann doch zu verlieren - weil Nadal mit einem unfassbaren Passierball seinen sechsten Satzball nutzte.
Im zweiten Satz ging das Hin und Her weiter. Zverev verlor sofort seinen Aufschlag, kämpfte sich aber zurück und machte Nadal das Leben weiter unheimlich schwer. Beim Stand von 5:3 schlug er zum Satzgewinn auf, leistete sich aber drei Doppelfehler. Die Entscheidung schien so erneut im Tiebreak zu fallen, doch dann passierte das Drama - und Zverev gab auf.
Quelle: ntv.de, Von Lars Reinefeld, dpa