Tuchel lobt sein Team FC Bayern kämpft das Problem der leeren Sessel weg
18.12.2023, 08:51 Uhr
Thomas Tuchel freute sich über die Leistung seines Teams.
(Foto: IMAGO/Kirchner-Media)
Der FC Bayern München fegt über den VfB Stuttgart hinweg, obwohl die Vorzeichen alles andere als günstig sind. Ein Desaster in der Liga und spektakuläre Personalprobleme sorgen für Stress. Doch dann dreht sich die Stimmung rasant.
Vor einer Woche lag der FC Bayern München noch am Boden, schwer verprügelt von Eintracht Frankfurt: Das 1:5 von Frankfurt hallte nach. "Die Leidenschaft, die Giftigkeit und die Energie, die es benötigt, um auswärts Spiele zu gewinnen, waren mit Sicherheit nicht da", schimpfte Thomas Tuchel mit seinem gedemütigten Team. "Wir haben nicht gut gespielt und zu viele Fehler gemacht. Die sind heute knallhart bestraft worden. Für das, was wir zugelassen haben, sind wir extrem hart bestraft worden. Jetzt müssen wir uns hinterfragen, wie es sein kann, dass wir so in ein Spiel starten."
Nur wenige Tage später und mit einem Sieg bei Manchester United im Rücken, steht der Rekordmeister wieder kerzengerade aufgerichtet da - und Tuchel lobte nach dem 3:0 im Spitzenduell mit dem VfB Stuttgart bei DAZN: "Ich bin sehr zufrieden, das war alles andere als selbstverständlich!"
Aufgrund zahlreicher Ausfälle nominierte Tuchel nur 15 Feldspieler für das wichtige Spiel am Sonntagabend. "Das war schon heftig heute", sagte der Trainer, der beim Desaster von Frankfurt Nationalspieler Serge Gnabry nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung gleich wieder verletzt vom Feld holen musste. "Vor zwei Tagen haben Harry (Kane) und 'Upa' (Verteidiger Dayot Upamecano) gefehlt, da war ein Riesen-Fragezeichen. Upa hat heute noch getestet, war gestern gar nicht im Training. Er war zwei Tage im Bett gelegen, kam heute ins Training und hat sich zur Verfügung gestellt - und dann haben die beiden Innenverteidiger so ein Match hingelegt." In der Tat: Harry Kane traf doppelt, der in Frankfurt desolate Upamecano bremste im Verbund mit dem Torschützen Min-Jae Kim die in dieser Saison so beeindruckende Stuttgarter Offensive bis zum Quasi-Stillstand aus.
"Überall freie Sessel im Besprechungsraum"
Dass Mittelfeldspieler Konrad Laimer, ursprünglich geholt für die defensive Lösung in der Mittelfeldzentrale, Außenverteidiger Noussair Mazraoui ersetzen müsste, war vorher klar. Doch nachdem sich in der Nacht vor dem Spiel noch die etatmäßige Doppel-Sechs mit Leon Goretzka und Joshua Kimmich abgemeldet hatte, kippte der Status des Bayern-Kaders fürs so wichtige Spiel von "arg geschwächt" auf "letzte Rille". Und das hatte nicht nur Auswirkungen auf die Aufstellung, sondern auch auf die Ansprache, wie Tuchel verriet.
"Wir haben den Teamgedanken in den Vordergrund gestellt. Heute war es schon so, dass sich ein paar umgesehen haben und überall waren die Sessel frei bei uns im Besprechungsraum. Einer nach dem anderen hat sich verabschiedet. Dann ist es wichtig, dass du es annimmst und sagst, 'Okay, das ruckelt jetzt vielleicht mal ein bisschen und nicht alle Positionen sind sofort gleich zu erkennen'. Da muss man ein paar Extrameter gehen, das hat jeder gemacht, das war top."
Mit dem angeschlagenen Verteidiger Matthijs de Ligt, dessen Nominierung Tuchel selbst als "unverantwortlich" und "absoluten Notfall" bezeichnete und Nachwuchsspieler Noel Aseko Nkil, den man "einfach mal mitgenommen" habe, saßen zudem zwei Spieler auf der Bank, die lediglich den Kader auffüllten. Beide blieben draußen.
Statt Goretzka und Kimmich schickte Tuchel Eigengewächs Aleksandar Pavlovic an der Seite von Raphaël Guerreiro ins Rennen, um das Spiel des Rekordmeisters zu lenken. "Es ist gar nicht so das Problem, wer spielt, sondern, dass die überhaupt keinen Rhythmus hatten", verriet Tuchel. "Rapha kam, glaube ich, mit 45 Minuten Spielzeit seit seiner Verletzung rein, Aleks Pavlovic hat ganz wenige Minuten gespielt."
"Das war sehr gut"
Besonders Pavlovic, 19 Jahre alt und seit seinem achten Lebensjahr beim FC Bayern, überzeugte mit einer überraschend abgeklärten Vorstellung und zwei Vorlagen durch Standardsituation. Mit seinem Auftritt dürfte der Youngster auch die Hoffnung der Bayern-Fans und Verantwortlichen nähren, dass endlich mal wieder ein Spieler aus der eigenen Jugend zu einer festen Größe im internationalen Ensemble des FC Bayern wird. Tuchel lobt den "guten Jungen", bremst aber auch pflichtgemäß: "Wir haben heute bewiesen, dass wir ihm vertrauen. Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf."
Beim Trainer dürfte die aktuelle Situation eher die Sehnsucht nach einer neuen "Holding Six" bestärkt haben. Tuchel hatte vor Saisonbeginn vehement eine Neuverpflichtung gefordert, die sich besonders um die Arbeit im defensiven Mittelfeld kümmert. Im Sommer war der Deal mit João Palhinha vom FC Fulham in letzter Sekunde geplatzt, im Winter öffnet sich ein neues Transferfenster. Doch darüber wollte an diesem Abend noch niemand sprechen. "Es war ein verdienter Sieg in einem komplizierten, schwierigen Spiel. Das war sehr gut", sagte Tuchel zum Abschluss.
Quelle: ntv.de, ter