Spektakel lässt Paris beben Lebruns grandiose Attacken zerschellen an Chinas Kellen
08.08.2024, 13:55 Uhr
Ein unfassbarer Tischtennisspieler: Felix Lebrun.
(Foto: REUTERS)
Die Lebrun-Brüder Felix und Alexis haben die chinesische Dominanz im olympischen Tischtennis nicht brechen können. Im Halbfinale des Teamwettbewerbs unterliegt Frankreich mit seinen Hoffnungsträgern gegen die Seriensieger deutlich. Für eine Überraschung sorgt Schweden.
Die französische Nation träumte vom größten Tischtennis-Wunder der jüngeren olympischen Geschichte. Mit den Brüdern Felix, dem Sensationsteenie, und dem 20-jährigen Alexis stehen schließlich zwei herausragende Youngster an der Platte. Vor allem der 17 Jahre junge und absurd gute Felix beflügelte seit Wochen die wildesten Fantasien, dass da jemand, einer von ihnen, schon sehr bald in der Lage ist, die extreme Dominanz der Chinesen zu brechen. Doch noch reicht es dafür nicht. Im Halbfinale des Teamwettbewerbs prallten die Angriffe der Lebruns an den Kellen von Ma Long, von Wang Chuqin und Einzel-Olympiasieger Fan Zhendong ab.
Mit 3:0 zog China ins Finale ein und trifft dort auf Schweden, die - nach Deutschland im Viertelfinale - nun Japan knapp und durchaus überraschend besiegten. Die Skandinavier mit dem Einzel-Silbermedaillengewinner Truls Möregardh und Anton Källberg, der Timo Boll in die internationale Tischtennis-Rente geschickt hatte, gewannen ihr Halbfinale bereits am Mittwoch mit 3:2.
Ma Long glänzt im Doppel
Ganz so verheerend, wie sich das 0:3 aus französischer Sicht liest, war die Angelegenheit in der wieder einmal bebenden Arena Paris Süd 4 nicht. Lediglich das Doppel Alexis Lebrun und Simon Gauzy war weitgehend ohne Chance. Im ersten Satz ging es noch ausgeglichen zu, dann aber wuchsen der Weltranglistenerste Wang Chuqin und die Legende Ma Long zu bekannter Größe. Der 35-jährige Ma Long, der vielleicht beste Spieler aller Zeiten, war bei diesen Olympischen Spielen nur im Team eingesetzt. Für das Einzel, hier durften nur zwei Akteure pro Land antreten, hatte es nicht mehr gereicht. Im Doppel zeigte er aber nochmal seine unfassbaren Qualitäten.
Im ersten Duell Mann gegen Mann kam es zur Neuauflage des Halbfinals. Felix Lebrun, die Sensation, die das ganze Land verrückt macht und einen gigantischen Boom der Sportart ausgelöst hat, forderte Fan Zhendong und wollte Revanche für die krachende und chancenlose 0:4-Niederlage. Und das gelang absolut. Auch wenn am Ende wieder eine Pleite stand (1:3). Aber in einem mitreißenden Duell spielten beide Hochgeschwindigkeits-Tischtennis vom Allerfeinsten. Lebrun sicherte sich den dritten Satz, nachdem er zuvor beide Durchgänge verloren hatte. Im zweiten vergab er indes bereits zwei Satzbälle. Das Spektakel kulminierte dann in einem langen, feurigen Kampf des unermüdlichen Franzosen gegen den Matchgewinn des Chinesen. Fünf Minuten wehrte er sich tapfer und spektakulär.
Lebrun gewinnt vielleicht besten Ballwechsel des Turniers
Mit vollem Risiko setzte er auf gnadenlose Attacke. Richtig wild wurde es beim dritten Matchball. Lebrun ist klar in der Defensive, befreit sich mit Zauberschlägen aus der Bedrängnis und gewinnt den Punkt. Sein Problem: Er kann sich selbst keinen Satzball erspielen. Und so kommt Fan Zhendong zu drei weiteren Gelegenheiten. Die erste lässt er mit einem einfachen Fehler liegen. Die zweite nimmt ihm Lebrun mit einer sensationellen Rallye weg. Es war der beste Ballwechsel in diesem Duell, einer der besten des Turniers. 18 Mal fliegt der Ball über die Platte. Beide setzen auf volles Rohr, das Duell geht über die Vorhand und die Rückhand. Am Ende knallt Lebrun den Ball unerreichbar in die rechte Ecke des Chinesen. Der sechste Matchball aber sitzt.
Dann trat Alexis im Einzel an die Platte. Sein Gegner: Der Weltranglistenerste Wang Chuqin, der im Einzel in der dritten Runde völlig überraschend am Schweden Möregardh gescheitert war (2:4) und sich hernach kritische Töne in der Heimat anhören durfte. Wang war unbedingt auf Wiedergutmachung aus, allerdings im ersten Satz noch nicht auf der Höhe. Der ging folglich an den älteren Lebrun-Bruder, der sich danach mächtig aufplusterte und einen wilden Schrei losließ. Die Halle kochte noch ein bisschen mehr. War das Wunder wirklich möglich?
Dann aber steigerte sich der Chinese, gewann viele Ballwechsel über seine Rückhand. Im dritten Satz sorgte eine Schiedsrichter-Entscheidung kurz für Ärger. Wegen eines nicht korrekten Ballwurfs des Franzosen bekam der Chinese einen Punkt. Lebrun feuerte den Ball daraufhin wütend ins Netz (8:5 für Wang Chuqin), die Zuschauer pfiffen. Den Durchgang verlor der 20-Jährige wenige Ballwechsel später. Im vierten Satz war die Sache schnell klar. Der verzweifelte Lebrun fand plötzlich keine Lösung mehr und ging im Eiltempo unter. Wang nutzte direkt den ersten seiner neun Matchbälle (!). Chinas ewig dominantes Imperium spielt um Gold, Frankreich kämpft um Bronze. Noch bleibt in der Tischtenniswelt alles, wie es ist. Zumindest ganz oben.
Quelle: ntv.de