Noch Luft nach oben Die Netatmo-Wetterstation ist nicht smart genug
30.05.2024, 17:19 Uhr Artikel anhören
Die Grundausstattung aus Basisstation und Außenmodul.
(Foto: kwe)
Die Netatmo-Wetterstation ist etwas für Menschen, die nicht nur wissen möchten, wie das Wetter wird oder ist, denn sie liefert Echtzeit-Informationen am Standort und kann smarte Aktionen auslösen. Dafür muss man aber viel Geld in die Hand nehmen, und nicht alles funktioniert so, wie erwartet.
Das Wetter war immer schon ein Thema, das die Menschen interessiert und worüber sie sprechen. Manchen genügt dabei die Vorhersage im Fernsehen oder Radio, andere checken regelmäßig eine App und lassen sich von ihr bei Gefahrenlagen warnen. Beliebt sind auch Wetterstationen, die Informationen zum eigenen Standort liefern. Früher waren dies einfache mechanische Geräte, heute gibt es das Ganze auch digital und vernetzt. Besonders smart soll die Netatmo-Wetterstation sein, ntv.de hat ausprobiert, ob das so ist.
Teure Grundausstattung
Die Grundausstattung besteht aus einer Basisstation (Bridge) und einem Außenmodul, wofür der Hersteller bereits eine stolze unverbindliche Preisempfehlung von rund 190 Euro aufruft. Mit dem Duo erhält man in Echtzeit Informationen zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftqualität, Luftdruck und Lautstärke in- und außerhalb der eigenen vier Wände. Nicht alle Werte stammen von den Geräten, die Luftqualität im Freien ruft Netatmo von einem anderen Dienst ab.
Die Grundfläche der beiden Zylinder hat jeweils einen Durchmesser von 45 mm, die Station ist 155 mm hoch, das Außenmodul 105. Besonders bei der Bridge ist wichtig, dass das Design mit matter Aluminiumhülle hübsch anzusehen ist, denn sie benötigt einen Stromanschluss für ihr Netzteil und eine stabile WLAN-Verbindung. Damit kann man sie nicht einfach verstecken.
Das Außenmodul lässt sich ebenfalls nicht beliebig platzieren, denn Netatmo empfiehlt, es halbwegs vor der Witterung geschützt zu befestigen. Dafür hat der Zylinder einen Schlitz, mit dem es an Schrauben gehängt werden kann, ansonsten liefert der Hersteller ein Klettband mit, um es beispielsweise an ein Fenstergitter zu binden.
Umständliche Einrichtung
Die Einrichtung ist für heutige Verhältnisse, in denen man normalerweise einen Knopf drückt und hält, bis der Kopplungsmodus startet, sehr umständlich. Das macht man nämlich nur an der Basisstation. Das Außenmodul muss man aufschrauben, Batterien einsetzen und wieder zuschrauben. Das dünne Handbuch mit Grafiken ohne Text erinnert dabei an Montageanleitungen eines großen Möbelhauses.
Gelingt die Verbindung nicht, muss man den Vorgang wiederholen. Im Praxistest scheiterte die Einrichtung über ein Android-Smartphone mehrmals, erst mit einem iPhone klappte es problemlos. Wer in so einem Fall kein Apple-Gerät hat, muss um Hilfe bitten. Das nervt.
Sobald die Verbindung stand, funktionierte alles wunderbar, sowohl auf dem iPhone als auch auf dem Android-Smartphone. Die App ist übersichtlich, in der zweigeteilten Ansicht sieht man oben die Außenwerte, unten die von innen.
Schicke Aufbereitung
Schick ist, dass man Grafiken, die aufgezeichnete Verläufe der Messungen zeigen, aufrufen kann, indem man das Smartphone oder Tablet dreht. Im Querformat sieht man dann aktuelle Werte, die man mit einer Geste von Zeige- und Mittelfinger auf einen längeren Zeitraum "quetschen" kann. Zu den Grafiken kommt man auch über die Einstellungen. Dort kann man außerdem festlegen, bei welchen Ereignissen man benachrichtigt werden möchte.
An gleicher Stelle kommt man zu einer Wetterkarte, die mit weltweiten Werten von Netatmo-Stationen gefüttert wird, von denen es erstaunlich viele gibt. Man teilt nur anonym die Messungen des Außenmoduls, die der Basis bleiben geheim. Wer das nicht möchte, kann seine Station abmelden. Möchte man mehr, kann man auch an einer Community teilnehmen und einen Link zur eigenen Station mit anderen Personen teilen, damit diese sie zu ihren persönlichen Favoriten hinzufügen können.
Ein bisschen Smarthome
Das ist alles schön und gut, aber wie gut lässt sich die Station im vernetzten Heim einsetzen? Dabei möchte man nicht nur einrichten, dass man mit Siri, Alexa oder dem Google Assistant die gemessenen Werte abrufen kann. Idealerweise sollte man auch Automationen beziehungsweise Routinen erstellen können. Das heißt, wenn ein bestimmter Wert gemessen, über- oder unterschritten wird, startet eine Aktion, werden ein oder mehrere andere Geräte ein- oder ausgeschaltet.
Das beste Beispiel dafür ist, die Heizung einzuschalten, wenn die Temperatur unter einen festgelegten Wert sinkt. Bei schlechter Luft kann man einen Luftreiniger einschalten lassen, bei großer Hitze eine Klimaanlage. Cool wäre es natürlich auch, wenn sich bei Regen automatisch Fenster schließen würden, oder eine Bewässerung anspringt, wenn er länger ausbleibt. Ebenso könnten bei starkem Wind Schutzmaßnahmen ausgelöst werden.
Da wird die Sache aber kompliziert und unter Umständen noch teurer. Denn zunächst muss man je nach verwendetem Dienst (Google, Apple, Amazon) kompatible Geräte haben oder finden, was speziell nicht so einfach ist, wenn sie von verschiedenen Herstellern stammen.
Sehr teure Komponenten
Seltsam ist allerdings, dass die Wetterstation zwar mit allen großen Plattformen kompatibel ist, aber nicht ihre Komponenten. Wenn man Regen oder Wind messen möchte, benötigt man zusätzliche Module, die im Netatmo-Shop 80 und 110 Euro kosten. Eine passende Halterung wird für knapp 30 Euro angeboten.
Die Investition bereut man möglicherweise. Denn zunächst wollen die Module so nahe an der Station stehen, dass Balkon oder Garten zu weit weg sein können. Außerdem gab es bei ihrer Kopplung die gleichen Probleme wie bei der Bridge, sie ließen sich ebenfalls nur über ein iPhone verbinden. Doch auch in Apple Home werden sie wie in Google Home nur angezeigt, aber nicht unterstützt. Man kann hier also weder Windstärke noch Regenmenge sehen und schon gar keine Automationen damit erstellen. Schade.
Fazit
Die Netatmo-Wetterstation ist grundsätzlich nützlich, liefert interessante Werte und die Apps bereiten diese ansprechend auf. Ähnliche Infos bekommt man heutzutage aber auch von anderen smarten Geräten wie Luftreinigern oder sogar Lautsprechern. Außerdem ist der Spaß enorm teuer und wirklich besonders sind nur die in den eigenen vier Wänden gemessenen Werte, da lokale Wetterinformationen von Wetter.de und anderen Diensten eigentlich sogar genauer sind. Es sei denn, man möchte wirklich wissen, wie warm es an der Hauswand ist.
Für Regen und Wind muss man zusätzliche, ebenso teure Geräte kaufen – Halterungen nicht inklusive. Das wäre ja noch okay, wenn man sie dann wenigstens wirklich smart einsetzen könnte. Aktuell ist das aber nicht der Fall. Es gibt die Netatmo-Station schon einige Jahre. Früher war das Gebotene für den Preis vielleicht noch gut genug, heute ist es das nicht mehr.
Quelle: ntv.de