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In Wissenschaft unumstritten Fakten über den Klimawandel, die jeder kennen sollte

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Extremwetterereignisse werden auch in Deutschland durch die Erderwärmung wahrscheinlicher.

Extremwetterereignisse werden auch in Deutschland durch die Erderwärmung wahrscheinlicher.

(Foto: IMAGO/blickwinkel)

Manche leugnen den Klimawandel, andere halten ihn nicht für menschengemacht, viele verstehen die Konsequenzen nicht. Sechs Organisationen haben daher die unter Wissenschaftlern unumstrittenen Fakten leicht verständlich, kurz und knapp zusammengefasst. Das Papier hilft, zu verstehen und zu erklären.

Weil sie so laut sind und überproportional Aufmerksamkeit erhalten, könnte man meinen, sehr viele Menschen leugneten den Klimawandel. Dem ist aber nicht so. Eine Eurobarometer-Umfrage der EU-Kommission ergab im vergangenen Juli, dass 93 Prozent der Europäerinnen und Europäer den Klimawandel für ein ernstes Problem für die Welt halten. In Deutschland teilen 89 Prozent der Bevölkerung diese Meinung.

Weniger Einigkeit herrscht bei der Frage, wie man das Problem angehen soll. 60 Prozent der Deutschen und 58 Prozent der Europäer finden, dass der Übergang zu einer grünen Wirtschaft beschleunigt werden sollte. 73 Prozent der europäischen Bürgerinnen und Bürger schätzen die Kosten der durch den Klimawandel verursachten Schäden höher ein als die für den grünen Wandel erforderlichen Investitionen.

Material für faktenbasierte Diskussion

Wichtig ist, dass die Diskussion über den Umgang mit der Klimakrise faktenbasiert ist. Das Deutsche Klima-Konsortium, die Deutsche Meteorologische Gesellschaft, der Deutsche Wetterdienst, der Extremwetterkongress Hamburg, die Helmholtz-Klima-Initiative und klimafakten.de haben deshalb ein Papier zu dem heute in der Klimaforschung unumstrittenen Wissen veröffentlicht.

Auf weniger als 30 Seiten fasst "Was wir heute über das Klima wissen" leicht verständlich die Grundlagen zusammen, erklärt die globale Bedeutung und die Folgen des Klimawandels in Deutschland und skizziert die mögliche künftige Entwicklung. Die Quellen sind belegt und nachlesbar.

Klimawandel ohne Treibhausgase nicht zu erklären

Zunächst geht es um das oft gegen Klimamaßnahmen vorgebrachte Argument, der Klimawandel sei nicht menschengemacht. Warm- und Kaltzeiten seien bisher überwiegend durch Änderungen der Erdbahn um die Sonne oder Verschiebungen von Kontinenten oder der Rotationsachse der Erde hervorgerufen worden, so die Autoren des Papiers. Dabei fielen oder stiegen die Temperaturen nicht innerhalb von Jahrzehnten. Der kürzeste Erdbahnparameter-Zyklus dauerte beispielsweise 23.000 Jahre.

Bis zu 800.000 Jahre alte Luftproben aus Eisbohrungen haben ergeben, dass sich historische Klimaschwankungen nur erklären lassen, wenn man die Konzentration der für den Treibhauseffekt verantwortlichen Gase in der Atmosphäre einbezieht. Seit Beginn der Industrialisierung am Ende des 18. Jahrhunderts nimmt sie rasant zu. 2022 war sie um 50 Prozent höher als vor Beginn der Industrialisierung, bei Methan war es das Zweieinhalbfache.

Erderwärmung bedeutet vorwiegend, dass sich die Ozeane erwärmen, 91 Prozent der durch den Klimawandel zusätzlich vorhandenen Energien wird von ihnen absorbiert. 5 Prozent nehmen die Kontinente auf, 2,7 Prozent die Eismassen. Lediglich 1,3 Prozent verbleiben in der Lufthülle unseres Planeten, weshalb die Temperatur der Atmosphäre auch stagnieren oder gar abnehmen kann.

Modelle lagen richtig und werden immer besser

Oft wird nach dem Motto "Wird schon nicht so schlimm kommen" an den Modellen der Klimaforschung gezweifelt. Doch sie werden bereits seit über 30 Jahren eingesetzt, was rückblickend ihre Genauigkeit beurteilen lässt. Das Ergebnis: Der weltweite Temperaturanstieg bewegt sich heute genau in dem Schwankungsbereich, den der Weltklimarat (IPCC) schon 1990 in seinem ersten Sachstandsbericht erwartete.

Erwarteter Temperaturanstieg im IPCC-Bericht von 1990.

Erwarteter Temperaturanstieg im IPCC-Bericht von 1990.

(Foto: IPCC)

Klimamodelle, die die Folgen der Erderwärmung darstellen, sind weitaus komplizierter. Insbesondere die Entwicklung der Niederschläge, sei schwierig, hält das Papier fest: Wo wird es trockener? Wo wird es nasser? Und wie sehr? Aber mit der heutigen Rechenleistung und mehr und besseren Messungen ist es zunehmend möglich, zu prognostizieren, was bei unterschiedlichen Szenarien voraussichtlich passieren wird.

Auch hier hilft ein Blick in die Vergangenheit. Moderne Klimamodelle können beobachtete Entwicklungen der Vergangenheit zutreffend abbilden. "Deshalb sind Schlussfolgerungen für die mögliche künftige Klimaentwicklung, die wir heute aus den Ergebnissen von Modellrechnungen ziehen können, eine verlässliche Grundlage für politische Entscheidungen", so die Verfasser des Papiers.

Seit 1980 jede Dekade wärmer als die vorangegangene

Auch die auf den ersten Blick der allgemeinen Erderwärmung widersprechende Abkühlung des subpolaren Atlantiks wurde korrekt vorhergesagt. Sie geht offenbar auf eine Abschwächung des Golfstromsystems zurück. Noch ungeklärt ist dagegen eine leichte Abkühlung im Süd-Ozean.

Ansonsten wird die Erdoberfläche kontinuierlich wärmer, im globalen Mittel hat sich die Temperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit bereits um über 1,1 Grad erhöht. Seit den 1980er-Jahren war jede Dekade wärmer als die vorherige und wärmer als alle vorangegangenen Jahrzehnte seit 1850.

Alle zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen traten seit 2005 auf. 2022 war nach Daten der US-Behörde NOAA weltweit das 46. Jahr in Folge, in dem die mittleren Temperaturen an der Erdoberfläche über dem Durchschnitt des 20. Jahrhunderts lagen.

Das Eis schmilzt, die Meerespegel steigen

Eindrücklich zu beobachten ist der Klimawandel auch beim arktischen Eis. Seit Beginn der Satellitenmessung 1979 schrumpft seine Fläche um durchschnittlich mehr als zehn Prozent pro Dekade. Auch auf Grönland ist der Rückgang der Eismasse dramatisch und geschieht immer schneller, sie schwindet jedes Jahr um mehr als 278 Milliarden Tonnen.

Das in der Arktis freigesetzte Wasser erhöht die durchschnittliche globale Meereshöhe seit 2006 pro Dekade um sieben Millimeter. Das Abschmelzen des antarktischen Eispanzers trägt vier Millimeter pro Jahrzehnt bei. Zwischen 1880 und 2020 sind die Meeresspiegel im weltweiten Durchschnitt bereits um rund 20 Zentimeter gestiegen. Auch die Gebirgsgletscher schmelzen rasant, seit 1980 verschwand im Durchschnitt eine Eisschicht von mehr als 20 Metern Dicke.

Nicht mehr zu leugnen ist auch, dass durch den Klimawandel weltweit die Wetterextreme zunehmen und wahrscheinlicher werden. Dazu gehören Hitzewellen, Dürren, aber auch Starkregen und Überschwemmungen, die Intensität von tropischen Wirbelstürmen nimmt zu. Neben den unmittelbaren Schäden haben die Wetterextreme weitere gravierende Folgen, unter anderem ist in manchen Regionen der Erde die Lebensmittelversorgung bedroht.

Deutschland schon 2,1 Grad wärmer

Das Papier fasst auch die Folgen des Klimawandels für Deutschland anschaulich zusammen, wo die Temperaturen stärker als im globalen Durchschnitt gestiegen sind. Laut Daten des Deutschen Wetterdienstes waren die zurückliegenden zehn Jahre rund 2,1 Grad wärmer als die ersten drei Jahrzehnte (1881–1910) der Aufzeichnungen.

Und das Tempo der Erwärmung hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, seit den 1960er-Jahren war hierzulande jedes Jahrzehnt deutlich wärmer als das vorherige. Neun der zehn wärmsten Jahre seit 1881 in Deutschland sind nach 2000 aufgetreten. Acht Jahre waren bereits mehr als 2 Grad wärmer als der langjährige Durchschnitt, fünf Jahre sogar 2,5 Grad oder mehr.

Die Zahl der Hitzetage mit Temperaturen über 30 Grad hat sich in Deutschland seit den 1950er-Jahre von durchschnittlich 3,5 auf fast neun pro Jahr erhöht. In einzelnen Jahren können es auch deutlich mehr sein. Im gleichen Zeitraum nahm die Anzahl der Eistage mit Dauerfrost von 28 auf 19 Tage ab. Bei ungebremstem Treibhausgasausstoß wird für den Zeitraum 2021 bis 2050 eine weitere Zunahme um fünf bis zehn Hitzetage in Norddeutschland und um zehn bis 15 in Süddeutschland erwartet.

Häufiger Starkregen und Dürreperioden

Die Datenreihe ist noch zu kurz, um dies zuverlässig zu prognostizieren, aber vermutlich wird es in Deutschland zu mehr Starkregenereignissen kommen, während gleichzeitig häufiger Dürreperioden auftreten. Es sei bemerkenswert, "dass die trockenen Jahre 2018 bis 2020 beispiellos für die vergangenen 250 Jahre waren" heißt es in dem Papier. "Seit1766 hat es in Mitteleuropa keine dreijährige Sommer-Dürre dieses Ausmaßes gegeben." 2022 habe sich der Trend in vielen Regionen fortgesetzt.

Laut Daten des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung haben weite Teile Deutschlands das sechste Trockenjahr in Folge mit einer Dürre während der Vegetationsperiode erlebt. Davon sind nicht nur die Landwirtschaft, Tiere und Pflanzen betroffen, sondern auch die Binnenschifffahrt und damit Lieferketten der Industrie. Niedrigwasser führte auch dazu, dass Kraftwerke mangels Kühlwasser ihre Leistung drosseln mussten.

Jedes Zehntelgrad zählt

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Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf möglichst nicht mehr als 1,5 Grad, aber auf jeden Fall deutlich unter 2 Grad zu begrenzen, halten die Verfasser kaum noch für erreichbar. Nach den aktuellen Vorgaben der Politik würde bis Ende des Jahrhunderts immer noch ein Anstieg um rund 3 Grad erfolgen, schreiben sie. Bei Einhaltung aller bisherigen Zusagen seien bestenfalls 2 Grad drin.

Sie weisen allerdings am Ende des Papiers darauf hin, dass starke Emissionssenkungen möglich sind und jedes Zehntelgrad zähle. Eine Sturmflut, wie sie bisher an der Nordseeküste bei Cuxhaven statistisch alle 500 Jahre auftritt, könne beispielsweise bei 1,5 Grad Erwärmung einmal in hundert Jahren auftreten, bei 2 Grad alle 33 Jahre.

Quelle: ntv.de

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