Alle Geräte vertragen sich Matter soll Smart Home revolutionieren
13.09.2022, 14:54 Uhr
Der übergreifende Standard Matter soll die Smart-Home-Nutzung unkomplizierter machen.
(Foto: picture alliance / Zoonar)
"Hey Google, schalte die Amazon-Steckdose ein!" Der neue Standard Matter soll dem vernetzten Haushalt endlich zum Durchbruch verhelfen. Die Technologie ermöglicht, dass Geräte verschiedener Hersteller unkompliziert kooperieren. Sogar Apple spielt mit und auch Fritzboxen sollen kompatibel werden.
Die Smart-Home-Nutzung nimmt in Deutschland langsam, aber ständig zu. Laut Branchenverband Bitkom haben inzwischen 43 Prozent aller Bundesbürgerinnen und Bundesbürger mindestens ein entsprechendes Gerät in ihren Haushalten im Einsatz. 2020 waren es 37 Prozent, 2018 noch 26 Prozent. Ein Grund, warum es nicht schneller vorangeht, ist, dass Geräte verschiedener Hersteller oft nicht kompatibel zueinander sind, da unterschiedliche Technologien zum Einsatz kommen. Doch das soll sich bald ändern, denn der neue übergreifende Standard Matter ist startbereit.
Die wichtigsten Hersteller sind an Bord
Matter selbst ist kein neues Smart-Home-System. Das hat vermutlich dazu beigetragen, dass praktisch alle wichtigen Hersteller unter dem Dach der Connectivity Standards Alliance (CSA) mit von der Partie sind. Zu ihnen gehören unter anderem Amazon, Google, Apple LG und Samsung. Auch Ikea macht bei dem Projekt mit und auch Fritzbox-Hersteller AVM hat sich laut "Heise Online" nach einigem Zögern kürzlich zu Matter bekannt.
Statt die Ökosysteme der Hersteller zu ersetzen, ermöglicht Matter, dass ihre Geräte miteinander kommunizieren können. Im Prinzip bedeutet das, dass sie über jede Plattform beziehungsweise deren App gesteuert werden können. So ist es Nutzern künftig möglich, beispielsweise einem Google-Lautsprecher den Befehl zu geben, eine Amazon-Steckdose einzuschalten - bisher undenkbar. Die Einbindung von Geräten in ein Matter-Netz erfolgt dabei unkompliziert über Codes, die mit dem Smartphone oder Tablet gescannt werden können.
Ökosysteme können koexistieren
Für ein Ökosystem, das das Kommando übernehmen soll, muss man sich nicht entscheiden. Mit Matter können Geräte gleichzeitig in mehrere Smart-Home-Systeme eingebunden werden. Ein Haushaltsmitglied kann also beispielsweise ein smartes Rollo über Apples Homekit-App steuern, während es andere Mitbewohner über Sprachbefehle an die digitalen Assistenten von Google und Amazon tun.

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(Foto: Eve Systems)
Theoretisch sind unter Matter keine Apps von Geräte-Herstellern nötig, die Steuerungszentralen könnten auch deren Aufgaben übernehmen. Laut der unabhängigen Info-Website matter-smarthome.de ist das künftig aber eher nur bei günstigen Produkten der Fall, die sich auf Basisfunktionen beschränken.
Hersteller hochwertiger Geräte werden in eigenen Anwendungen Extras anbieten, um sich von Konkurrenten abzusetzen. Trotzdem soll es bei Matter keine Ausreißer wie bei Zigbee oder Z-Wave geben, bei denen unter anderem wegen kleiner Eigenheiten trotz eines gemeinsamen Funkstandards nicht alle Geräte mit allen Steuerungszentralen funktionierten.
Cloud-Anbindung unnötig
Matter könnte auch weitere Probleme lösen, die vernetzte Haushalte ausbremsen. Bitkom zufolge fürchten 47 Prozent der Menschen, die noch keine Smart-Home-Geräte nutzen, dass ihre privaten Daten missbraucht werden, 29 Prozent sorgen sich um ihre Privatsphäre.
Das liegt daran, dass viele Anbieter zur Steuerung eine Cloud nutzen, also Anfragen und Daten auf ihren Servern verarbeiten. Matter benötigt dagegen keine Internetverbindung. Eingebundene Geräte kommunizieren ausschließlich in lokalen Netzwerken über Steuerungszentralen, WLAN und dem Funkstandard Thread, der bereits viele Smart-Home-Hersteller einsetzen. Um ein Matter-Gerät einrichten zu können, kann für den Erstkontakt eines Geräts zu einem Smartphone oder Tablet Bluetooth Low Energy (LE) verwendet werden.
Der Einsatz von Matter bedeutet allerdings nicht, dass Amazon Alexa oder Google Assistant dann auch offline arbeiten. Nutzer, die ein vernetztes Heim ohne Cloud haben möchten, müssen ohne die digitalen Assistenten auskommen. Ein zusätzlicher Vorteil des Offline-Systems ist, dass es auch funktioniert, wenn das Internet oder ein Anbieter ausfällt.
Sicherheit wird großgeschrieben
Nicht nur für zögernde Nutzer ist wichtig, dass Matter auch die Sicherheit im vernetzten Heim erhöht. Laut matter-smarthome.de verfügen Matter-Geräte unter anderem über einzigartige Zertifikate von geprüften Zertifizierungsstellen, die Fälschungen verhindern. Die Geräte haben ein Passwort, das die Steuerungszentralen prüft und ein weiteres Zertifikat erstellt. Außerdem erfolgt die Kommunikation im lokalen Netzwerk verschlüsselt und Geräte haben im Netzwerk nur Befugnisse, die ihren Aufgaben entsprechen.
Und schließlich werden Zertifikate und andere Informationen zu allen Matter-Geräten in einer Datenbank festgehalten, die auf zahlreichen Servern in einem kryptografisch protokolliertem Netzwerk synchronisiert wird. Das Prinzip ist als Blockchain bekannt.
Updates für vorhandene Geräte geplant
Auf dem Papier ist Matter vielversprechend, ob es sich durchsetzen und so reibungslos und unkompliziert funktionieren wird, wie angekündigt, muss sich aber noch herausstellen. Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin zeigte der deutsche Hersteller Eve Systems zum ersten Mal ein praktisches Beispiel und Matter soll noch in diesem Herbst offiziell starten. Die meisten Hersteller werden vermutlich aber erst im kommenden Jahr loslegen.
Neues Equipment müssen sich Smart-Home-Nutzer für Matter nicht unbedingt zulegen. Einige Hersteller möchten auch aktuelle Geräte per Update für den Standard fit machen. Dazu gehören unter anderem neuere Fritzboxen, Leuchten und Steckdosen von Eve Systems und Philips Hue sowie Lautsprecher von Amazon und Google.
Quelle: ntv.de