Rechnung nicht bezahlt Wann droht die Stromsperre?
11.11.2013, 15:56 UhrDas Handy ohne Saft, im Kühlschrank warm, Kerzenschein - wie wichtig Strom ist, merkt man erst, wenn er ausfällt. Ein Grundrecht auf Energie gibt es dennoch nicht - wer seine Rechnung nicht bezahlt, der steht im schlimmsten Fall ohne Strom da.

Kein Licht, kein Fernseher, kein Kühlschrank, nichtmal das Handy kann geladen werden - wie oft man Strom braucht, merkt man erst, wenn er ausfällt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Erst zahlen, dann verbrauchen – das Prepaid-Konzept ist im Mobilfunk-Bereich schon lange etabliert und soll in Zukunft auch Stromkunden und –lieferanten vor Ärger um unbezahlte Rechnungen bewahren. Union und SPD wollen die Energieversorger dazu verpflichten, in den nächsten Jahren die technischen Voraussetzungen zu schaffen und Stromzähler entsprechend umzurüsten, bevor es zu einer Sperre kommt.
Interessant könnte das Prepaid-Modell für diejenigen sein, die Probleme haben, regelmäßig ihre Stromrechnung zu bezahlen. Betroffen sind laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor allem Geringverdienende, Hartz-IV-Empfänger, aber auch Rentner oder Studierende – meistens Menschen, die wenig Geld haben, aber relativ viel Zeit zu Hause verbringen. Dadurch fällt ihr Energieverbrauch proportional höher aus. Gleichzeitig können sie sich keine neuen, effizienteren Geräte leisten und müssen oft mit teuren Stromfressern auskommen.
In welchem Ausmaß Energiearmut die Haushalte trifft, hat die Bundesnetzagentur erstmals im letzten Jahr ermittelt. 2011 haben die Versorger demnach gut 312.000 Mal zu ihrer härtesten Sanktion gegriffen und säumigen Kunden den Strom abgedreht. Das ist weniger oft als Hochrechnungen zuvor vermuten ließen. Allerdings muss man wissen, dass die Stromsperre nur das letzte Mittel der Versorger ist, um Stromschulden einzutreiben. Davor gibt es mehrere Warnungen.
Erst ab 100 Euro drohen Konsequenzen
Wer mit seiner Stromrechnung in Verzug gerät, bekommt zunächst einmal ganz gewöhnliche Mahnungen. Wie es dann weitergeht, hängt davon ab, wie hoch die Schuld ist: Nur bei einem Rückstand von mindestens 100 Euro darf der Versorger eine Stromsperre androhen, im Schnitt passiert das bei einem Rückstand von 120 Euro. Die Drohung muss mindestens vier Wochen vor der geplanten Stromsperre eingehen und unmissverständlich klar machen, dass bei Nichtzahlung die Kappung droht. Über sechs Millionen dieser Sperrandrohungen haben die Stromversorger im Jahr 2011 versendet. In den meisten Fällen reicht schon die Aussicht, demnächst im Dunkeln zu sitzen, aus, um säumige Zahler zum Handeln zu bringen. Letztlich gaben die Versorger gut 1,2 Millionen Sperrungen bei den Netzbetreibern in Auftrag. Und von denen wurde nur ein Bruchteil umgesetzt, nämlich die besagten 312.000.
Bevor der Strom tatsächlich abgedreht wird, bekommen die Betroffenen noch einen letzten Warnschuss: Drei Werktage vorher muss sich der Anbieter mit den genauen Details zur Sperre melden. Auch dann hat man noch Optionen, die Kappung abzuwenden: Entweder indem man zahlt. Oder indem man den Forderungen begründet widerspricht. Letzteres empfiehlt sich allerdings schon gleich nach der ersten Warnung. Kürzt ein Kunde nämlich absichtlich die Stromrechnung, weil er sie für unrechtmäßig hält, dann darf der Versorger noch nicht einmal mit der Abstellung drohen.
Tut er es doch, sollte man ihn auffordern, die Sperrandrohung unverzüglich zurückzunehmen. Mit einer sogenannten Schutzschrift vor dem zuständigen Amtsgericht sichert man sich für den Fall ab, dass der Anbieter für die Sperre eine einstweilige Verfügung vor Gericht beantragt. In der Regel kommt es dann zu einer mündlichen Verhandlung und einer Entscheidung. Soweit, so aufwendig.
Oft hilft schon ein Anruf
Oft geht es auch unkomplizierter. Manchmal lässt sich die Stromsperre schon durch einen einzigen Anruf bei der Kundenhotline abwenden. Meistens sind nämlich auch die Versorger an einer gütlichen Einigung interessiert, schließlich bedeutet die Sperre für sie nicht nur organisatorischen Aufwand, sondern auch finanziellen. Bis zu 300 Euro verlangen die Netzbetreiber laut Bundesnetzagentur für eine Sperrung, im Schnitt sind es 32 Euro. Die Rechnung können die Anbieter an die Kunden weiterreichen, doch die haben ja ohnehin schon Schwierigkeiten, ihre bisher angelaufenen Rückstände zu begleichen. Eher als zu einer Sperrung kommt es deshalb zu einer Stundung der Beträge, manchmal auch zu einem stillschweigenden Erlass, so die Erfahrung des Bundes der Energieverbraucher, der betroffene Stromkunden berät.
Oft lägen auch Umstände vor, die eine Stromsperre als "unverhältnismäßige Härte" erscheinen ließen. Etwa wenn eine alleinerziehende Mutter mit kleinen Kindern oder ein Schwerkranker ohne Strom dastehen würden. In solchen Fällen verbietet das Gesetz eine Kappung. Auch wenn der Kunde glaubhaft macht, dass die Rückstände später beglichen werden – etwa wenn das Jobcenter noch Zahlungen zurückhält – darf der Strom nicht gekappt werden.
Manchmal versuchen säumige Kunden einer Stromsperre zu entgehen, indem sie den Anbieter wechseln. Dazu müssen sie aber erst einmal einen Versorger finden, der sie aufnimmt. Und das ist ziemlich unwahrscheinlich, schließlich tauschen sich die Stromunternehmen bei einem Wechsel aus.
Quelle: ntv.de